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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band.

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ters wie sie jetzt nur ein mächtiges und reiches Volksleben zu geben vermag.
-- Dennoch ist es, wenn wir nicht sehr irren, jetzt bereits besser geworden,
als es vor etwa zwanzig Jahren war. Wir sind auch nach dieser Richtung
in langsamem Aufsteigen begriffen, wie unsre ganze politische und sociale
Existenz. Es wird demnach der Schillerprcis, so hoffen wir, wol Gelegenheit
haben, eine allmälige Kräftigung des dramatischen Schaffens an einzelnen
Stücken bezeichnen zu helfen, wenn er auch selbst nicht neue Kräfte hervor¬
zurufen, oder die vorhandenen zu stärken vermag.

Es versteht sich, daß dur,es Geldgeschenke oder äußere Auszeichnungen
die poetische Kraft nicht gesteigert werden kann. In der That ist schon seit
einiger Zeit das für die Bühne brauchbare Drama -- und solche meint auch
der Preis -- für den deutschen Versasser als Arbeit äußerlich lohnender, als
andere Dichtungsarten.*) Da indeß ein Drama häufig um so weniger eintragen
wird, je höhere Ansprüche dasselbe macht und je schwieriger seine Sceni-
rung und Besetzung ist, so wird, der ertheilte Preis wenigstens zuweilen einem
solchen Drama höhern Stils den Unterschied in der Einnahme gegen leichtere
und behaglichere Stücke ausgleichen. Der Preis vermag also auch nach dieser
Richtung die geistige Production zwar nicht zu fördern, aber doch ihr wohl
zuthun.

Außerdem aber hat der Preis auch eine gewisse politische Bedeutung.
Daß der größte Monarch Deutschlands in huldreicher Weise seine Absicht
ausspricht, auch dem schönen Schaffen, in der Art, welche Monarchen zusteht,
seinen Antheil zu erweisen, das ist erfreulich und wurde auch allgemein in
Deutschland so aufgefaßt. Und daß dieses hohe Wohlwollen sich an den
Namen Schillers und an die Festfeier in Berlin knüpfte, das hatte noch be¬
sondere Bedeutung. .

Von solchem Standpunkte aus war auch die ganze Einrichtung des Preises
so zweckmäßig als man nur wünschen kann. Daß er regelmäßig nach drei Jahren
ertheilt wird, setzt die Preisrichter in die Lage, die geistige Production von
mehr als einer Saison zu übersehen und unter einer größern Anzahl ernst
gemeinter Stücke die Auswahl zu treffen. Daß er ohne Bewerbung ertheilt
wird, erscheint uns als die einzige Art, welche das Selbstgefühl der Dichter
schont und dem Preise die Möglichkeit gibt, ein gewisses nationales Interesse
für sich zu bewahren. Daß eine Commission das Preisstück auswählt, ist
ebenfalls nothwendig, denn der Monarch darf nicht selbst seinen Geschmack



') Ein Theaterstück, welches den Abend füllt und nicht zu hohe Anforderungen an Pu-
ut'denn u"d Darsteller macht, trägt dem Verfasser leicht über 2,000 Thaler. Etwa die Hälfte
^"skr Einahmcn kann ans die großen Tantieme-B.usum Berlin und Wien gerechnet werden,
d>c andere Hälfte etwa auf die übrigen Theater, welche sämmtlich -- München ausgenommen
^- nur die erste Aufführung honoriren,
^leujboten I. 1L61, Z

ters wie sie jetzt nur ein mächtiges und reiches Volksleben zu geben vermag.
— Dennoch ist es, wenn wir nicht sehr irren, jetzt bereits besser geworden,
als es vor etwa zwanzig Jahren war. Wir sind auch nach dieser Richtung
in langsamem Aufsteigen begriffen, wie unsre ganze politische und sociale
Existenz. Es wird demnach der Schillerprcis, so hoffen wir, wol Gelegenheit
haben, eine allmälige Kräftigung des dramatischen Schaffens an einzelnen
Stücken bezeichnen zu helfen, wenn er auch selbst nicht neue Kräfte hervor¬
zurufen, oder die vorhandenen zu stärken vermag.

Es versteht sich, daß dur,es Geldgeschenke oder äußere Auszeichnungen
die poetische Kraft nicht gesteigert werden kann. In der That ist schon seit
einiger Zeit das für die Bühne brauchbare Drama — und solche meint auch
der Preis — für den deutschen Versasser als Arbeit äußerlich lohnender, als
andere Dichtungsarten.*) Da indeß ein Drama häufig um so weniger eintragen
wird, je höhere Ansprüche dasselbe macht und je schwieriger seine Sceni-
rung und Besetzung ist, so wird, der ertheilte Preis wenigstens zuweilen einem
solchen Drama höhern Stils den Unterschied in der Einnahme gegen leichtere
und behaglichere Stücke ausgleichen. Der Preis vermag also auch nach dieser
Richtung die geistige Production zwar nicht zu fördern, aber doch ihr wohl
zuthun.

Außerdem aber hat der Preis auch eine gewisse politische Bedeutung.
Daß der größte Monarch Deutschlands in huldreicher Weise seine Absicht
ausspricht, auch dem schönen Schaffen, in der Art, welche Monarchen zusteht,
seinen Antheil zu erweisen, das ist erfreulich und wurde auch allgemein in
Deutschland so aufgefaßt. Und daß dieses hohe Wohlwollen sich an den
Namen Schillers und an die Festfeier in Berlin knüpfte, das hatte noch be¬
sondere Bedeutung. .

Von solchem Standpunkte aus war auch die ganze Einrichtung des Preises
so zweckmäßig als man nur wünschen kann. Daß er regelmäßig nach drei Jahren
ertheilt wird, setzt die Preisrichter in die Lage, die geistige Production von
mehr als einer Saison zu übersehen und unter einer größern Anzahl ernst
gemeinter Stücke die Auswahl zu treffen. Daß er ohne Bewerbung ertheilt
wird, erscheint uns als die einzige Art, welche das Selbstgefühl der Dichter
schont und dem Preise die Möglichkeit gibt, ein gewisses nationales Interesse
für sich zu bewahren. Daß eine Commission das Preisstück auswählt, ist
ebenfalls nothwendig, denn der Monarch darf nicht selbst seinen Geschmack



') Ein Theaterstück, welches den Abend füllt und nicht zu hohe Anforderungen an Pu-
ut'denn u»d Darsteller macht, trägt dem Verfasser leicht über 2,000 Thaler. Etwa die Hälfte
^"skr Einahmcn kann ans die großen Tantieme-B.usum Berlin und Wien gerechnet werden,
d>c andere Hälfte etwa auf die übrigen Theater, welche sämmtlich — München ausgenommen
^- nur die erste Aufführung honoriren,
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[0027] ters wie sie jetzt nur ein mächtiges und reiches Volksleben zu geben vermag. — Dennoch ist es, wenn wir nicht sehr irren, jetzt bereits besser geworden, als es vor etwa zwanzig Jahren war. Wir sind auch nach dieser Richtung in langsamem Aufsteigen begriffen, wie unsre ganze politische und sociale Existenz. Es wird demnach der Schillerprcis, so hoffen wir, wol Gelegenheit haben, eine allmälige Kräftigung des dramatischen Schaffens an einzelnen Stücken bezeichnen zu helfen, wenn er auch selbst nicht neue Kräfte hervor¬ zurufen, oder die vorhandenen zu stärken vermag. Es versteht sich, daß dur,es Geldgeschenke oder äußere Auszeichnungen die poetische Kraft nicht gesteigert werden kann. In der That ist schon seit einiger Zeit das für die Bühne brauchbare Drama — und solche meint auch der Preis — für den deutschen Versasser als Arbeit äußerlich lohnender, als andere Dichtungsarten.*) Da indeß ein Drama häufig um so weniger eintragen wird, je höhere Ansprüche dasselbe macht und je schwieriger seine Sceni- rung und Besetzung ist, so wird, der ertheilte Preis wenigstens zuweilen einem solchen Drama höhern Stils den Unterschied in der Einnahme gegen leichtere und behaglichere Stücke ausgleichen. Der Preis vermag also auch nach dieser Richtung die geistige Production zwar nicht zu fördern, aber doch ihr wohl zuthun. Außerdem aber hat der Preis auch eine gewisse politische Bedeutung. Daß der größte Monarch Deutschlands in huldreicher Weise seine Absicht ausspricht, auch dem schönen Schaffen, in der Art, welche Monarchen zusteht, seinen Antheil zu erweisen, das ist erfreulich und wurde auch allgemein in Deutschland so aufgefaßt. Und daß dieses hohe Wohlwollen sich an den Namen Schillers und an die Festfeier in Berlin knüpfte, das hatte noch be¬ sondere Bedeutung. . Von solchem Standpunkte aus war auch die ganze Einrichtung des Preises so zweckmäßig als man nur wünschen kann. Daß er regelmäßig nach drei Jahren ertheilt wird, setzt die Preisrichter in die Lage, die geistige Production von mehr als einer Saison zu übersehen und unter einer größern Anzahl ernst gemeinter Stücke die Auswahl zu treffen. Daß er ohne Bewerbung ertheilt wird, erscheint uns als die einzige Art, welche das Selbstgefühl der Dichter schont und dem Preise die Möglichkeit gibt, ein gewisses nationales Interesse für sich zu bewahren. Daß eine Commission das Preisstück auswählt, ist ebenfalls nothwendig, denn der Monarch darf nicht selbst seinen Geschmack ') Ein Theaterstück, welches den Abend füllt und nicht zu hohe Anforderungen an Pu- ut'denn u»d Darsteller macht, trägt dem Verfasser leicht über 2,000 Thaler. Etwa die Hälfte ^"skr Einahmcn kann ans die großen Tantieme-B.usum Berlin und Wien gerechnet werden, d>c andere Hälfte etwa auf die übrigen Theater, welche sämmtlich — München ausgenommen ^- nur die erste Aufführung honoriren, ^leujboten I. 1L61, Z

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_110893/27>, abgerufen am 24.05.2024.