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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band.

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in die dänische Armee einzutreten, sondern um weder in der dänischen, noch
in der Schleswig-holsteinischen Armee zu dienen! Die Dänen schonten diese
Leute aus Klugheit und ließen sie lausen. Aus den Städten Haderslcven.
Apenrade zog die junge Mannschaft zur Schleswig-holsteinischen Armee.
Während die'Schleswig-holsteinische Armee südlich von Bau. Medelby. Hoyer
auf dem flachen Lande überall mit offnen Armen aufgenommen wurde, fand
sie nördlich dieser Linie die Dörfer völlig todt, überall geschlossene Thüren!
Während die Kriegssteuern im südlichen Schleswig rasch und prompt nach
Rendsburg eingezahlt wurden, mußten sie im Norden auf dem flachen Lande
mit Gewalt eingetrieben werden!

In diesem Maaß war es Dänemark beim Tode Christians des Achten
gelungen, den Norden Schleswigs vom Süden zu trennen. Es war dies voll¬
bracht worden unter Negierungsperioden, die trotz aller politischen Beein¬
trächtigungen der Herzogthümer doch den Schein der väterlichen Milde und
Rücksichtnahme auf das Wohl der Lande sich zu erhalten gewußt hatten. Die
Gerechtigkeit der Gerichte und die sorgsame Erwägung der Vcrwaltungs-
Maßregeln ließ den Norden Schleswigs nicht empfinden und begreisen, daß
Man in Kopenhagen dessen Unmündigkeit und Willenslosigkeit erstrebte. Was
mit vorsichtiger Consequenz im Laufe vieler Jahre von der dänischen Krone
angestrebt und erreicht worden war, wollte Dänemark mit -revolutionärem,
unvorsichtigem Eifer seit 1850 zur vollendeten Thatsache machen. Man führte
Mit unerbittlicher Strenge, statt der bisher geltenden Schleswig-holsteinischen
Courant.Münze die dänische Münze ein. sandte massenhaft in Kopenhagen
gebildete Beamte dorthin, welche völlig unbekannt mit dem in Schleswig
geltenden Civil- und Criminalrecht sind, wobei man nicht einmal Rücksicht
auf die Moralität der Leute nimmt. Man erhöhte die bestehenden Abgaben
sehr beträchtlich, und führte als neue die Branntweinsteuer ein. um eine
Gleichheit mit dem dänischen Zollsystem zu erzielen. Man verdrängte endlich
die deutsche Sprache völlig aus dem Norden Schleswigs und unter'grub da¬
mit den Hypothekencredit auf eine so radicale Weise, daß der Geldzufluß vom
Süden durchaus aufhörte.

Die Wirkungen, welche diese erschütternden Maßregeln hervorgerufen ha¬
ben, sind in ihrem qualitativen Verhältniß allerdings im Amte Apenrade hef¬
tiger empfunden, als im Amte Hadersleben, allein merkwürdig bleibt es doch,
^ß diese quälenden Maßregeln nicht im Stande gewesen sind, dem Norden
Schleswigs ein Verständniß für die Gesammt-Jnteressen Schleswig-Holsteins
zu eröffnen. Sieht man von den Städten ab^ die, wie bemerkt, von jeher in
ihrem intelligenten Theil deutsches Bewußtsein gehabt haben, so würde man
l'es sehr irren, wenn man annehmen wollte, daß die verflossenen zehn Jahre
^ Stande gewesen wären, eine Umwandlung von Dänisch zu Deutsch in der


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in die dänische Armee einzutreten, sondern um weder in der dänischen, noch
in der Schleswig-holsteinischen Armee zu dienen! Die Dänen schonten diese
Leute aus Klugheit und ließen sie lausen. Aus den Städten Haderslcven.
Apenrade zog die junge Mannschaft zur Schleswig-holsteinischen Armee.
Während die'Schleswig-holsteinische Armee südlich von Bau. Medelby. Hoyer
auf dem flachen Lande überall mit offnen Armen aufgenommen wurde, fand
sie nördlich dieser Linie die Dörfer völlig todt, überall geschlossene Thüren!
Während die Kriegssteuern im südlichen Schleswig rasch und prompt nach
Rendsburg eingezahlt wurden, mußten sie im Norden auf dem flachen Lande
mit Gewalt eingetrieben werden!

In diesem Maaß war es Dänemark beim Tode Christians des Achten
gelungen, den Norden Schleswigs vom Süden zu trennen. Es war dies voll¬
bracht worden unter Negierungsperioden, die trotz aller politischen Beein¬
trächtigungen der Herzogthümer doch den Schein der väterlichen Milde und
Rücksichtnahme auf das Wohl der Lande sich zu erhalten gewußt hatten. Die
Gerechtigkeit der Gerichte und die sorgsame Erwägung der Vcrwaltungs-
Maßregeln ließ den Norden Schleswigs nicht empfinden und begreisen, daß
Man in Kopenhagen dessen Unmündigkeit und Willenslosigkeit erstrebte. Was
mit vorsichtiger Consequenz im Laufe vieler Jahre von der dänischen Krone
angestrebt und erreicht worden war, wollte Dänemark mit -revolutionärem,
unvorsichtigem Eifer seit 1850 zur vollendeten Thatsache machen. Man führte
Mit unerbittlicher Strenge, statt der bisher geltenden Schleswig-holsteinischen
Courant.Münze die dänische Münze ein. sandte massenhaft in Kopenhagen
gebildete Beamte dorthin, welche völlig unbekannt mit dem in Schleswig
geltenden Civil- und Criminalrecht sind, wobei man nicht einmal Rücksicht
auf die Moralität der Leute nimmt. Man erhöhte die bestehenden Abgaben
sehr beträchtlich, und führte als neue die Branntweinsteuer ein. um eine
Gleichheit mit dem dänischen Zollsystem zu erzielen. Man verdrängte endlich
die deutsche Sprache völlig aus dem Norden Schleswigs und unter'grub da¬
mit den Hypothekencredit auf eine so radicale Weise, daß der Geldzufluß vom
Süden durchaus aufhörte.

Die Wirkungen, welche diese erschütternden Maßregeln hervorgerufen ha¬
ben, sind in ihrem qualitativen Verhältniß allerdings im Amte Apenrade hef¬
tiger empfunden, als im Amte Hadersleben, allein merkwürdig bleibt es doch,
^ß diese quälenden Maßregeln nicht im Stande gewesen sind, dem Norden
Schleswigs ein Verständniß für die Gesammt-Jnteressen Schleswig-Holsteins
zu eröffnen. Sieht man von den Städten ab^ die, wie bemerkt, von jeher in
ihrem intelligenten Theil deutsches Bewußtsein gehabt haben, so würde man
l'es sehr irren, wenn man annehmen wollte, daß die verflossenen zehn Jahre
^ Stande gewesen wären, eine Umwandlung von Dänisch zu Deutsch in der


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[0173] in die dänische Armee einzutreten, sondern um weder in der dänischen, noch in der Schleswig-holsteinischen Armee zu dienen! Die Dänen schonten diese Leute aus Klugheit und ließen sie lausen. Aus den Städten Haderslcven. Apenrade zog die junge Mannschaft zur Schleswig-holsteinischen Armee. Während die'Schleswig-holsteinische Armee südlich von Bau. Medelby. Hoyer auf dem flachen Lande überall mit offnen Armen aufgenommen wurde, fand sie nördlich dieser Linie die Dörfer völlig todt, überall geschlossene Thüren! Während die Kriegssteuern im südlichen Schleswig rasch und prompt nach Rendsburg eingezahlt wurden, mußten sie im Norden auf dem flachen Lande mit Gewalt eingetrieben werden! In diesem Maaß war es Dänemark beim Tode Christians des Achten gelungen, den Norden Schleswigs vom Süden zu trennen. Es war dies voll¬ bracht worden unter Negierungsperioden, die trotz aller politischen Beein¬ trächtigungen der Herzogthümer doch den Schein der väterlichen Milde und Rücksichtnahme auf das Wohl der Lande sich zu erhalten gewußt hatten. Die Gerechtigkeit der Gerichte und die sorgsame Erwägung der Vcrwaltungs- Maßregeln ließ den Norden Schleswigs nicht empfinden und begreisen, daß Man in Kopenhagen dessen Unmündigkeit und Willenslosigkeit erstrebte. Was mit vorsichtiger Consequenz im Laufe vieler Jahre von der dänischen Krone angestrebt und erreicht worden war, wollte Dänemark mit -revolutionärem, unvorsichtigem Eifer seit 1850 zur vollendeten Thatsache machen. Man führte Mit unerbittlicher Strenge, statt der bisher geltenden Schleswig-holsteinischen Courant.Münze die dänische Münze ein. sandte massenhaft in Kopenhagen gebildete Beamte dorthin, welche völlig unbekannt mit dem in Schleswig geltenden Civil- und Criminalrecht sind, wobei man nicht einmal Rücksicht auf die Moralität der Leute nimmt. Man erhöhte die bestehenden Abgaben sehr beträchtlich, und führte als neue die Branntweinsteuer ein. um eine Gleichheit mit dem dänischen Zollsystem zu erzielen. Man verdrängte endlich die deutsche Sprache völlig aus dem Norden Schleswigs und unter'grub da¬ mit den Hypothekencredit auf eine so radicale Weise, daß der Geldzufluß vom Süden durchaus aufhörte. Die Wirkungen, welche diese erschütternden Maßregeln hervorgerufen ha¬ ben, sind in ihrem qualitativen Verhältniß allerdings im Amte Apenrade hef¬ tiger empfunden, als im Amte Hadersleben, allein merkwürdig bleibt es doch, ^ß diese quälenden Maßregeln nicht im Stande gewesen sind, dem Norden Schleswigs ein Verständniß für die Gesammt-Jnteressen Schleswig-Holsteins zu eröffnen. Sieht man von den Städten ab^ die, wie bemerkt, von jeher in ihrem intelligenten Theil deutsches Bewußtsein gehabt haben, so würde man l'es sehr irren, wenn man annehmen wollte, daß die verflossenen zehn Jahre ^ Stande gewesen wären, eine Umwandlung von Dänisch zu Deutsch in der 21*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111431/173>, abgerufen am 16.06.2024.