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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.

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General Klenau's Corps, das. obgleich kaum ausmarschirt, schon zum größten
Theil schuhlos^ und ohne Mäntel war. Es ist bekannt, wie wenig Fürst
Schwarzenberg bei der Leitung dieser Schlacht den Ruf rechtfertigte, der ihm
das Obercommando verschaffte. Wilson ist aber gerade von ihm, in dessen
Hauptquartier er sich jetzt befand, und von den östreichischen Truppen begeistert,
mir denen er die Lünette am Moczinst'nfchcn Garten erstürmte, während die
Preußen ihm wieder nichts recht machen können. Er meint, daß die geschick¬
ten Offiziere, die sie besitzen, meistens Pedanten sind und daß die Mehrzahl
ihrer Offiziere nichts taugen. Die Soldaten wären willig, aber eher tapfere,
ungeschulte Bauerlümmcl, als Soldaten!

Ueber Moreau's tödtliche Verwundung, von der Wilson Augenzeuge war,
berichtet er: "Der Kaiser, General Moreau. Lord Cathcart. ich und die Suite
ritten auf dem rechten Flügel des Centrums vor einer französischen Batterie
vorüber, die. während die andern schon abgefahren waren, immer noch
feuerte, als eine Kugel aufschlug und etwas in unserer Nähe traf. Während
einiger Secunden sah oder hörte man Nichts von einer Wirkung, aber dann
rief General Moreau: "O!" und ich sah, denn ich ritt zunächst an seiner
linken Seite, wie er sich bemühte abzusteigen. Ich rief sofort aus: ., "Sire,
General Moreau ist verwundet"" und fast denselben Augenblick sah ich, wie er
sich, das eine Bein zerschmettert, und die inwendige Seite des linken Knie's
ganz zerfetzt, vom Pferde warf. Das Pferd, das still gestanden hatte, bis der
General heruntersank, wankte jetzt und stürzte neben seinen Herrn hin. Sein
wildes Herumschlagen beunruhigte den General Moreau, welcher sagte: "Machen
Sie, daß das Pferd still liegt," aber das Pferd crepirtc, ehe sich Jemand ihm
nähern konnte. Moreau richtete sich dann ein Wenig auf, sah seine Beine
an und sagte: "(ü'est xs-sse avec mon noir irttaire est kalte." Im Fort¬
reiten befahl der Kaiser ihn aus dem Feuer zu tragen. Einige Kosaken ho¬
ben ihn aus ihre Piken und schafften ihn nach dem nächsten Dorfe."

Ueber die streitige Frage, zu welcher Zeit von den Häuptern der Ver¬
bündeten der Rückzug beschlossen worden, gibt Wilson positive Auskunft.
"Gegen 5 Uhr", berichtet er, "versammelten sich Fürst Schwarzenberg u. s. w..
um zu berathen was zu thun sei; und sie beschlossen, nach Böhmen zurückzu¬
kehren. Der Kriegsrath fand auf einem Felde um ein Feuer von nassem
Holze statt; den Baldachin bildeten die schwärzesten Wolken des Himmels,
die seit 13 Stunden Regen in Strömen auf uns herniedcrgossen. Der Kaiser
und der König, mit dem Kronprinzen von Preußen, hatten Stühle, von denen
sie feinen Gebrauch machten und ihre Fußbank war ein Brett, damit sie nicht
im Schlamm stehen mußten, aber sie fanden es nicht so gut wie die Kohlen,
bis das Leder ihrer Stiefeln zu brennen anfing. Ich war anwesend und
hörte Alles. Die Bemerkungen des Königs von Preußen waren besonders


General Klenau's Corps, das. obgleich kaum ausmarschirt, schon zum größten
Theil schuhlos^ und ohne Mäntel war. Es ist bekannt, wie wenig Fürst
Schwarzenberg bei der Leitung dieser Schlacht den Ruf rechtfertigte, der ihm
das Obercommando verschaffte. Wilson ist aber gerade von ihm, in dessen
Hauptquartier er sich jetzt befand, und von den östreichischen Truppen begeistert,
mir denen er die Lünette am Moczinst'nfchcn Garten erstürmte, während die
Preußen ihm wieder nichts recht machen können. Er meint, daß die geschick¬
ten Offiziere, die sie besitzen, meistens Pedanten sind und daß die Mehrzahl
ihrer Offiziere nichts taugen. Die Soldaten wären willig, aber eher tapfere,
ungeschulte Bauerlümmcl, als Soldaten!

Ueber Moreau's tödtliche Verwundung, von der Wilson Augenzeuge war,
berichtet er: „Der Kaiser, General Moreau. Lord Cathcart. ich und die Suite
ritten auf dem rechten Flügel des Centrums vor einer französischen Batterie
vorüber, die. während die andern schon abgefahren waren, immer noch
feuerte, als eine Kugel aufschlug und etwas in unserer Nähe traf. Während
einiger Secunden sah oder hörte man Nichts von einer Wirkung, aber dann
rief General Moreau: „O!" und ich sah, denn ich ritt zunächst an seiner
linken Seite, wie er sich bemühte abzusteigen. Ich rief sofort aus: ., „Sire,
General Moreau ist verwundet"" und fast denselben Augenblick sah ich, wie er
sich, das eine Bein zerschmettert, und die inwendige Seite des linken Knie's
ganz zerfetzt, vom Pferde warf. Das Pferd, das still gestanden hatte, bis der
General heruntersank, wankte jetzt und stürzte neben seinen Herrn hin. Sein
wildes Herumschlagen beunruhigte den General Moreau, welcher sagte: „Machen
Sie, daß das Pferd still liegt," aber das Pferd crepirtc, ehe sich Jemand ihm
nähern konnte. Moreau richtete sich dann ein Wenig auf, sah seine Beine
an und sagte: „(ü'est xs-sse avec mon noir irttaire est kalte." Im Fort¬
reiten befahl der Kaiser ihn aus dem Feuer zu tragen. Einige Kosaken ho¬
ben ihn aus ihre Piken und schafften ihn nach dem nächsten Dorfe."

Ueber die streitige Frage, zu welcher Zeit von den Häuptern der Ver¬
bündeten der Rückzug beschlossen worden, gibt Wilson positive Auskunft.
„Gegen 5 Uhr", berichtet er, „versammelten sich Fürst Schwarzenberg u. s. w..
um zu berathen was zu thun sei; und sie beschlossen, nach Böhmen zurückzu¬
kehren. Der Kriegsrath fand auf einem Felde um ein Feuer von nassem
Holze statt; den Baldachin bildeten die schwärzesten Wolken des Himmels,
die seit 13 Stunden Regen in Strömen auf uns herniedcrgossen. Der Kaiser
und der König, mit dem Kronprinzen von Preußen, hatten Stühle, von denen
sie feinen Gebrauch machten und ihre Fußbank war ein Brett, damit sie nicht
im Schlamm stehen mußten, aber sie fanden es nicht so gut wie die Kohlen,
bis das Leder ihrer Stiefeln zu brennen anfing. Ich war anwesend und
hörte Alles. Die Bemerkungen des Königs von Preußen waren besonders


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111969/308>, abgerufen am 26.05.2024.