Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

rons von le Fort übernahm. Ueber die Thätigkeit, welche er nunmehr unter
der Neubrandenburger Jugend entwickelte, liegt mir eine sehr anschauliche
Schilderung ans der Feder des im vorigen Jahre zu Ludwigslust verstorbenen
Geheimen Medicinalraths Bruckner vor, der mit zu den Knaben gehört hatte, über
welche Fritz damals zu Neubrandenburg seine Zaubergewalt ausgeübt. Ich
theile sie hier mit.*)

"Täglich Abends 6 Uhr kam Fritz mit seinen Zöglingen zum Kropf (eine
Badestelle im Tollänse-Bach, hart am See), und unterrichtet nicht nur seine
Eleven, sondern auch andere Knaben, die er dort fand und die damals alle mock,
wie die Hunde plümperten. im .regelrechten Schwimmen. Hier entwickelte er
bald sein ungewöhnliches Talent Knaben an sich zu ziehen, zu fesseln und un¬
bedingt zu leiten. Ohne sein Zuthun sammelte sich um ihn eine Schaar von
20--30 Knaben, die ihn nichts angingen und die er oft nicht einmal dem Na¬
men nach kannte. Nach beendeten Bade begleitet ihn und seine Zöglinge
die Schaar dieser Freiwilligen nach Belvedere. Hier lehrte er Laufen. Klettern.
Springen, besonders aber Ringen. Er theilte den Haufen in zwei, an Kraft
und Gewandtheit etwa gleiche Parteien, die einen besetzten Belvedere und
die andern stürmten es; oder die eine Hälfte waren "Diebe", die sich in dein
Terrain zwischen dem See und hinter dem Hahncnberge hin sowie auf dem bei
den Raumer-Eichen hinabgehenden Wege zerstreuten, und von den andern
-- den Wächtern -- aufgesucht und ergriffen wurden. was bis 9 Ulm'
und später dauerte, und wobei halsbrechende Sprünge genug vorkamen.**)
Ich glitt einmal hinunter, dicht rechts neben der Stelle, wo jetzt der Balkon
ist. Ein anderer lief als Dieb bis unter die Arme in den See, Fritz ihm
nach und holte ihn heraus. Zerrissene Kleider und blutige Köpfe waren dabei
alltägliche Erscheinungen. Abhärtung gegen jede Unbill der Natur. Uebung
aller Kräfte, mit Hinweisung auf die Nothwendigkeit, die deutsche Nation ,u
einer mannhaften, dem fremden Feinde gewachsenen, wieder zu erziehen, war
überall sein Augenmerk. Dabei hatte er von seinen politischen Ansichten sah""
damals kein Hehl."

"AIs der Spätherbst jenen Spielen ein Ende machte, mußten wir Beile
und Spaten mitbringen. Buschwerk und kleine Pfähle hauen; er lehrte uns.




Mittheilung schon 1853. als er in einer Zeitschrift ein-Bio¬
graph e ^abus gelesen, welche seines Aufenthalts zu Greifswald und in Mecklenburg gar k°n>-
1^ ^ d/"' Wunsch, daß seine Aufzeichnung einem spätern Biograph"
..dieses für Deutschlands Befreiung so wichtigen Sonderlings" nützlich werden mög-- D'-^
7 ? Veranlassung. Jahns Greifswa.der Verhältnisse genau"
erkunden Auch Prohles Biographie Jahns berichtet über diese Verhältnisse - nichts."
5° 5"l)n mit seinen Berliner Turnern auf der Fahrt noch Rüge
Neubrandenlurra- Er suchte mit ihnen auch die alten Plätze seiner Thätigkeit. Belvedere "n°
pas Brodasche Holz, "uf- Den Krähenberg tauften damals seine Begleiter inIah.'s-Horstu".

rons von le Fort übernahm. Ueber die Thätigkeit, welche er nunmehr unter
der Neubrandenburger Jugend entwickelte, liegt mir eine sehr anschauliche
Schilderung ans der Feder des im vorigen Jahre zu Ludwigslust verstorbenen
Geheimen Medicinalraths Bruckner vor, der mit zu den Knaben gehört hatte, über
welche Fritz damals zu Neubrandenburg seine Zaubergewalt ausgeübt. Ich
theile sie hier mit.*)

„Täglich Abends 6 Uhr kam Fritz mit seinen Zöglingen zum Kropf (eine
Badestelle im Tollänse-Bach, hart am See), und unterrichtet nicht nur seine
Eleven, sondern auch andere Knaben, die er dort fand und die damals alle mock,
wie die Hunde plümperten. im .regelrechten Schwimmen. Hier entwickelte er
bald sein ungewöhnliches Talent Knaben an sich zu ziehen, zu fesseln und un¬
bedingt zu leiten. Ohne sein Zuthun sammelte sich um ihn eine Schaar von
20—30 Knaben, die ihn nichts angingen und die er oft nicht einmal dem Na¬
men nach kannte. Nach beendeten Bade begleitet ihn und seine Zöglinge
die Schaar dieser Freiwilligen nach Belvedere. Hier lehrte er Laufen. Klettern.
Springen, besonders aber Ringen. Er theilte den Haufen in zwei, an Kraft
und Gewandtheit etwa gleiche Parteien, die einen besetzten Belvedere und
die andern stürmten es; oder die eine Hälfte waren „Diebe", die sich in dein
Terrain zwischen dem See und hinter dem Hahncnberge hin sowie auf dem bei
den Raumer-Eichen hinabgehenden Wege zerstreuten, und von den andern
— den Wächtern — aufgesucht und ergriffen wurden. was bis 9 Ulm'
und später dauerte, und wobei halsbrechende Sprünge genug vorkamen.**)
Ich glitt einmal hinunter, dicht rechts neben der Stelle, wo jetzt der Balkon
ist. Ein anderer lief als Dieb bis unter die Arme in den See, Fritz ihm
nach und holte ihn heraus. Zerrissene Kleider und blutige Köpfe waren dabei
alltägliche Erscheinungen. Abhärtung gegen jede Unbill der Natur. Uebung
aller Kräfte, mit Hinweisung auf die Nothwendigkeit, die deutsche Nation ,u
einer mannhaften, dem fremden Feinde gewachsenen, wieder zu erziehen, war
überall sein Augenmerk. Dabei hatte er von seinen politischen Ansichten sah""
damals kein Hehl."

„AIs der Spätherbst jenen Spielen ein Ende machte, mußten wir Beile
und Spaten mitbringen. Buschwerk und kleine Pfähle hauen; er lehrte uns.




Mittheilung schon 1853. als er in einer Zeitschrift ein-Bio¬
graph e ^abus gelesen, welche seines Aufenthalts zu Greifswald und in Mecklenburg gar k°n>-
1^ ^ d/"' Wunsch, daß seine Aufzeichnung einem spätern Biograph"
..dieses für Deutschlands Befreiung so wichtigen Sonderlings" nützlich werden mög-- D'-^
7 ? Veranlassung. Jahns Greifswa.der Verhältnisse genau"
erkunden Auch Prohles Biographie Jahns berichtet über diese Verhältnisse - nichts.»
5° 5"l)n mit seinen Berliner Turnern auf der Fahrt noch Rüge
Neubrandenlurra- Er suchte mit ihnen auch die alten Plätze seiner Thätigkeit. Belvedere »n°
pas Brodasche Holz, "uf- Den Krähenberg tauften damals seine Begleiter inIah.'s-Horstu".
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0400" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/112370"/>
            <p xml:id="ID_1293" prev="#ID_1292"> rons von le Fort übernahm. Ueber die Thätigkeit, welche er nunmehr unter<lb/>
der Neubrandenburger Jugend entwickelte, liegt mir eine sehr anschauliche<lb/>
Schilderung ans der Feder des im vorigen Jahre zu Ludwigslust verstorbenen<lb/>
Geheimen Medicinalraths Bruckner vor, der mit zu den Knaben gehört hatte, über<lb/>
welche Fritz damals zu Neubrandenburg seine Zaubergewalt ausgeübt. Ich<lb/>
theile sie hier mit.*)</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1294"> &#x201E;Täglich Abends 6 Uhr kam Fritz mit seinen Zöglingen zum Kropf (eine<lb/>
Badestelle im Tollänse-Bach, hart am See), und unterrichtet nicht nur seine<lb/>
Eleven, sondern auch andere Knaben, die er dort fand und die damals alle mock,<lb/>
wie die Hunde plümperten. im .regelrechten Schwimmen. Hier entwickelte er<lb/>
bald sein ungewöhnliches Talent Knaben an sich zu ziehen, zu fesseln und un¬<lb/>
bedingt zu leiten. Ohne sein Zuthun sammelte sich um ihn eine Schaar von<lb/>
20&#x2014;30 Knaben, die ihn nichts angingen und die er oft nicht einmal dem Na¬<lb/>
men nach kannte. Nach beendeten Bade begleitet ihn und seine Zöglinge<lb/>
die Schaar dieser Freiwilligen nach Belvedere. Hier lehrte er Laufen. Klettern.<lb/>
Springen, besonders aber Ringen. Er theilte den Haufen in zwei, an Kraft<lb/>
und Gewandtheit etwa gleiche Parteien, die einen besetzten Belvedere und<lb/>
die andern stürmten es; oder die eine Hälfte waren &#x201E;Diebe", die sich in dein<lb/>
Terrain zwischen dem See und hinter dem Hahncnberge hin sowie auf dem bei<lb/>
den Raumer-Eichen hinabgehenden Wege zerstreuten, und von den andern<lb/>
&#x2014; den Wächtern &#x2014; aufgesucht und ergriffen wurden. was bis 9 Ulm'<lb/>
und später dauerte, und wobei halsbrechende Sprünge genug vorkamen.**)<lb/>
Ich glitt einmal hinunter, dicht rechts neben der Stelle, wo jetzt der Balkon<lb/>
ist. Ein anderer lief als Dieb bis unter die Arme in den See, Fritz ihm<lb/>
nach und holte ihn heraus. Zerrissene Kleider und blutige Köpfe waren dabei<lb/>
alltägliche Erscheinungen. Abhärtung gegen jede Unbill der Natur. Uebung<lb/>
aller Kräfte, mit Hinweisung auf die Nothwendigkeit, die deutsche Nation ,u<lb/>
einer mannhaften, dem fremden Feinde gewachsenen, wieder zu erziehen, war<lb/>
überall sein Augenmerk. Dabei hatte er von seinen politischen Ansichten sah""<lb/>
damals kein Hehl."</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1295" next="#ID_1296"> &#x201E;AIs der Spätherbst jenen Spielen ein Ende machte, mußten wir Beile<lb/>
und Spaten mitbringen. Buschwerk und kleine Pfähle hauen; er lehrte uns.</p><lb/>
            <note xml:id="FID_67" place="foot"> Mittheilung schon 1853. als er in einer Zeitschrift ein-Bio¬<lb/>
graph e ^abus gelesen, welche seines Aufenthalts zu Greifswald und in Mecklenburg gar k°n&gt;-<lb/>
1^ ^ d/"' Wunsch, daß seine Aufzeichnung einem spätern Biograph"<lb/>
..dieses für Deutschlands Befreiung so wichtigen Sonderlings" nützlich werden mög-- D'-^<lb/>
7 ? Veranlassung. Jahns Greifswa.der Verhältnisse genau"<lb/>
erkunden  Auch Prohles Biographie Jahns berichtet über diese Verhältnisse - nichts.»</note><lb/>
            <note xml:id="FID_68" place="foot"> 5°    5"l)n mit seinen Berliner Turnern auf der Fahrt noch Rüge<lb/>
Neubrandenlurra-  Er suchte mit ihnen auch die alten Plätze seiner Thätigkeit. Belvedere »n°<lb/>
pas Brodasche Holz, "uf- Den Krähenberg tauften damals seine Begleiter inIah.'s-Horstu".</note><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0400] rons von le Fort übernahm. Ueber die Thätigkeit, welche er nunmehr unter der Neubrandenburger Jugend entwickelte, liegt mir eine sehr anschauliche Schilderung ans der Feder des im vorigen Jahre zu Ludwigslust verstorbenen Geheimen Medicinalraths Bruckner vor, der mit zu den Knaben gehört hatte, über welche Fritz damals zu Neubrandenburg seine Zaubergewalt ausgeübt. Ich theile sie hier mit.*) „Täglich Abends 6 Uhr kam Fritz mit seinen Zöglingen zum Kropf (eine Badestelle im Tollänse-Bach, hart am See), und unterrichtet nicht nur seine Eleven, sondern auch andere Knaben, die er dort fand und die damals alle mock, wie die Hunde plümperten. im .regelrechten Schwimmen. Hier entwickelte er bald sein ungewöhnliches Talent Knaben an sich zu ziehen, zu fesseln und un¬ bedingt zu leiten. Ohne sein Zuthun sammelte sich um ihn eine Schaar von 20—30 Knaben, die ihn nichts angingen und die er oft nicht einmal dem Na¬ men nach kannte. Nach beendeten Bade begleitet ihn und seine Zöglinge die Schaar dieser Freiwilligen nach Belvedere. Hier lehrte er Laufen. Klettern. Springen, besonders aber Ringen. Er theilte den Haufen in zwei, an Kraft und Gewandtheit etwa gleiche Parteien, die einen besetzten Belvedere und die andern stürmten es; oder die eine Hälfte waren „Diebe", die sich in dein Terrain zwischen dem See und hinter dem Hahncnberge hin sowie auf dem bei den Raumer-Eichen hinabgehenden Wege zerstreuten, und von den andern — den Wächtern — aufgesucht und ergriffen wurden. was bis 9 Ulm' und später dauerte, und wobei halsbrechende Sprünge genug vorkamen.**) Ich glitt einmal hinunter, dicht rechts neben der Stelle, wo jetzt der Balkon ist. Ein anderer lief als Dieb bis unter die Arme in den See, Fritz ihm nach und holte ihn heraus. Zerrissene Kleider und blutige Köpfe waren dabei alltägliche Erscheinungen. Abhärtung gegen jede Unbill der Natur. Uebung aller Kräfte, mit Hinweisung auf die Nothwendigkeit, die deutsche Nation ,u einer mannhaften, dem fremden Feinde gewachsenen, wieder zu erziehen, war überall sein Augenmerk. Dabei hatte er von seinen politischen Ansichten sah"" damals kein Hehl." „AIs der Spätherbst jenen Spielen ein Ende machte, mußten wir Beile und Spaten mitbringen. Buschwerk und kleine Pfähle hauen; er lehrte uns. Mittheilung schon 1853. als er in einer Zeitschrift ein-Bio¬ graph e ^abus gelesen, welche seines Aufenthalts zu Greifswald und in Mecklenburg gar k°n>- 1^ ^ d/"' Wunsch, daß seine Aufzeichnung einem spätern Biograph" ..dieses für Deutschlands Befreiung so wichtigen Sonderlings" nützlich werden mög-- D'-^ 7 ? Veranlassung. Jahns Greifswa.der Verhältnisse genau" erkunden Auch Prohles Biographie Jahns berichtet über diese Verhältnisse - nichts.» 5° 5"l)n mit seinen Berliner Turnern auf der Fahrt noch Rüge Neubrandenlurra- Er suchte mit ihnen auch die alten Plätze seiner Thätigkeit. Belvedere »n° pas Brodasche Holz, "uf- Den Krähenberg tauften damals seine Begleiter inIah.'s-Horstu".

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111969
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111969/400
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111969/400>, abgerufen am 25.05.2024.