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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band.

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tend größer als die des glatten Geschützes vom selben Kaliber, oder der
gleichen Geschoßschwere. Das Vollgeschoß eines gezogenen Vierundzwanzig-
pfünders der preußischen Schiffsartillerie verletzt ans die Entfernung einer
Viertelmeile eine 4V- Zoll dicke Eisenplatte, während das Geschoß einer
sechzigpfündigen Bombcnkanone in dieser Entfernung auf die Platte wohl kaum
eine Wirkung hat.

Nach den in Vincennes gemachten Versuchen widerstand ein 10--12 Cen-
timetrcs dicker Eisenpanzer 14 aus der Entfernung von 300 Meter abgeschosse¬
nen dreißigpfündigen Kugeln in der Weise, daß die dahinter befindlichen Balken
nicht entblößt wurden.

Die Anwendung der gezogenen Geschütze als Bewaffnung zunächst der
Schraubcnkanoncnboote und die größere Schnelligkeit geben dem preußischen
Kanonenboot ein unbedingtes Uebergewicht über das dänische. Das letztere
ist mit 2 glatten ZvPfündern oder der 60pfündiger Bombenkanone bewaffnet
und hat eine Maschine von nur 40 Pferdekraft.

Indessen beabsichtigt man in Dänemark den zu bauenden Schraubenbooten,
bei wenigstens vorläufig gleicher Bewaffnung, eine Maschine von 70 Pferde¬
kraft zu geben und hofft dadurch und durch eine geringe Breite von 16'/- Fuß
denselben eine Schnelligkeit von lo'/- Knoten, d. h. Seemeilen in der Stunde
zu geben.

Es wird eine Aufgabe der preußischen Marincvcrwaltung sein, dafür zu
sorgen, daß das, Uebergewicht, welches die preußischen Schiffe, sowohl ,die
größeren als die kleineren, über die dänischen in Betreff der Schnelligkeit und
Bewaffnung haben, nicht verloren gehe.

In der Schnelligkeit liegt für den Kampf eine ebenso wesentliche Bedin¬
gung als in der Güte der Bewaffnung. Das langsamere, wenn auch besser
bewaffnete Schiff vermag sein Uebergewicht gegen das schnellere, schlechter be¬
waffnete nicht geltend zu machen. Denn es kann dasselbe nicht erreichen. Das
schnellere Kanonenboot, welches auch nur Ein weiter tragendes Geschütz führt,
ist selbst gegen das langsamere Linienschiff von 91, an Schußweite zurück¬
stehender, Geschützen im Vortheil. Denn das schnellere Schiff kann sich stets
in einer Entfernung halten, in der es von den Kugeln nicht erreicht werden,
selbst aber das andere Schiff erreichen kann.

Von diesem Gesichtspunkte aus erbaueten die Nordamerikaner, schon lange
vor der Verwendung der gezogenen Geschütze zur Schiffsartillerie, große aber
schnelle Dampffregatten mit sehr wenigen Geschützen, welche Geschosse von der
Schwere mehrerer hundert Pfund schleuderten. Mit der Einführung der ge¬
zogenen Geschütze ist, da dieselben ein im Verhältniß zu der Schwere ihres


tend größer als die des glatten Geschützes vom selben Kaliber, oder der
gleichen Geschoßschwere. Das Vollgeschoß eines gezogenen Vierundzwanzig-
pfünders der preußischen Schiffsartillerie verletzt ans die Entfernung einer
Viertelmeile eine 4V- Zoll dicke Eisenplatte, während das Geschoß einer
sechzigpfündigen Bombcnkanone in dieser Entfernung auf die Platte wohl kaum
eine Wirkung hat.

Nach den in Vincennes gemachten Versuchen widerstand ein 10—12 Cen-
timetrcs dicker Eisenpanzer 14 aus der Entfernung von 300 Meter abgeschosse¬
nen dreißigpfündigen Kugeln in der Weise, daß die dahinter befindlichen Balken
nicht entblößt wurden.

Die Anwendung der gezogenen Geschütze als Bewaffnung zunächst der
Schraubcnkanoncnboote und die größere Schnelligkeit geben dem preußischen
Kanonenboot ein unbedingtes Uebergewicht über das dänische. Das letztere
ist mit 2 glatten ZvPfündern oder der 60pfündiger Bombenkanone bewaffnet
und hat eine Maschine von nur 40 Pferdekraft.

Indessen beabsichtigt man in Dänemark den zu bauenden Schraubenbooten,
bei wenigstens vorläufig gleicher Bewaffnung, eine Maschine von 70 Pferde¬
kraft zu geben und hofft dadurch und durch eine geringe Breite von 16'/- Fuß
denselben eine Schnelligkeit von lo'/- Knoten, d. h. Seemeilen in der Stunde
zu geben.

Es wird eine Aufgabe der preußischen Marincvcrwaltung sein, dafür zu
sorgen, daß das, Uebergewicht, welches die preußischen Schiffe, sowohl ,die
größeren als die kleineren, über die dänischen in Betreff der Schnelligkeit und
Bewaffnung haben, nicht verloren gehe.

In der Schnelligkeit liegt für den Kampf eine ebenso wesentliche Bedin¬
gung als in der Güte der Bewaffnung. Das langsamere, wenn auch besser
bewaffnete Schiff vermag sein Uebergewicht gegen das schnellere, schlechter be¬
waffnete nicht geltend zu machen. Denn es kann dasselbe nicht erreichen. Das
schnellere Kanonenboot, welches auch nur Ein weiter tragendes Geschütz führt,
ist selbst gegen das langsamere Linienschiff von 91, an Schußweite zurück¬
stehender, Geschützen im Vortheil. Denn das schnellere Schiff kann sich stets
in einer Entfernung halten, in der es von den Kugeln nicht erreicht werden,
selbst aber das andere Schiff erreichen kann.

Von diesem Gesichtspunkte aus erbaueten die Nordamerikaner, schon lange
vor der Verwendung der gezogenen Geschütze zur Schiffsartillerie, große aber
schnelle Dampffregatten mit sehr wenigen Geschützen, welche Geschosse von der
Schwere mehrerer hundert Pfund schleuderten. Mit der Einführung der ge¬
zogenen Geschütze ist, da dieselben ein im Verhältniß zu der Schwere ihres


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[0166] tend größer als die des glatten Geschützes vom selben Kaliber, oder der gleichen Geschoßschwere. Das Vollgeschoß eines gezogenen Vierundzwanzig- pfünders der preußischen Schiffsartillerie verletzt ans die Entfernung einer Viertelmeile eine 4V- Zoll dicke Eisenplatte, während das Geschoß einer sechzigpfündigen Bombcnkanone in dieser Entfernung auf die Platte wohl kaum eine Wirkung hat. Nach den in Vincennes gemachten Versuchen widerstand ein 10—12 Cen- timetrcs dicker Eisenpanzer 14 aus der Entfernung von 300 Meter abgeschosse¬ nen dreißigpfündigen Kugeln in der Weise, daß die dahinter befindlichen Balken nicht entblößt wurden. Die Anwendung der gezogenen Geschütze als Bewaffnung zunächst der Schraubcnkanoncnboote und die größere Schnelligkeit geben dem preußischen Kanonenboot ein unbedingtes Uebergewicht über das dänische. Das letztere ist mit 2 glatten ZvPfündern oder der 60pfündiger Bombenkanone bewaffnet und hat eine Maschine von nur 40 Pferdekraft. Indessen beabsichtigt man in Dänemark den zu bauenden Schraubenbooten, bei wenigstens vorläufig gleicher Bewaffnung, eine Maschine von 70 Pferde¬ kraft zu geben und hofft dadurch und durch eine geringe Breite von 16'/- Fuß denselben eine Schnelligkeit von lo'/- Knoten, d. h. Seemeilen in der Stunde zu geben. Es wird eine Aufgabe der preußischen Marincvcrwaltung sein, dafür zu sorgen, daß das, Uebergewicht, welches die preußischen Schiffe, sowohl ,die größeren als die kleineren, über die dänischen in Betreff der Schnelligkeit und Bewaffnung haben, nicht verloren gehe. In der Schnelligkeit liegt für den Kampf eine ebenso wesentliche Bedin¬ gung als in der Güte der Bewaffnung. Das langsamere, wenn auch besser bewaffnete Schiff vermag sein Uebergewicht gegen das schnellere, schlechter be¬ waffnete nicht geltend zu machen. Denn es kann dasselbe nicht erreichen. Das schnellere Kanonenboot, welches auch nur Ein weiter tragendes Geschütz führt, ist selbst gegen das langsamere Linienschiff von 91, an Schußweite zurück¬ stehender, Geschützen im Vortheil. Denn das schnellere Schiff kann sich stets in einer Entfernung halten, in der es von den Kugeln nicht erreicht werden, selbst aber das andere Schiff erreichen kann. Von diesem Gesichtspunkte aus erbaueten die Nordamerikaner, schon lange vor der Verwendung der gezogenen Geschütze zur Schiffsartillerie, große aber schnelle Dampffregatten mit sehr wenigen Geschützen, welche Geschosse von der Schwere mehrerer hundert Pfund schleuderten. Mit der Einführung der ge¬ zogenen Geschütze ist, da dieselben ein im Verhältniß zu der Schwere ihres

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_112507/166>, abgerufen am 30.04.2024.