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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band.

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treten. Man knüpfte an Poussin und Claude Lorrain wieder an. Selbst die
Natur, die durch die Großartigkeit ihrer Formen als die würdige Stätte eines
großen Menschengeschlechtes einer selbständigen Behandlung werth schien, sollte
erst durch die Staffage, die dem Reich der alten Mythe oder des Testamentes
entnommen wurde, ihr Eintrittsrecht in die Kunst erhalten. Aligny,
Edouard Bertin, dann Desgoffe und Paul Flandrin. beide Schüler
von Ingres, brachten Anfang der dreißiger Jahre die neue Richtung zur Gel¬
tung. Sie alle hatten ihre Studien zu Rom und in der südlichen Natur
gemacht, und hier mag wol das Beispiel der Deutschen, der Koch, NottmaM
und Ernst Fries nicht ohne Einfluß gewesen sein. Ihr.e Landschaften sind
nicht gerade willkürliche Kompositionen, denen nur einzelne wirlsche Motive
zu Grunde liegen und in denen der Maler die Formen zusammenstimmt, wie
es seiner Phantasie passend scheint; sie stellen vielmehr meistens bestimmte
landschaftliche Charaktere dar. Aber die große, objective Anschauung, "lo^
Nvttincmn, der den -classischen Zug und Schwung einer Gegend aus ihr selber
heraus entdeckt, ist doch bei diesen Meistern nicht zu finden. Schon pie .histo¬
rische, Staffage beweist, daß sie der Natur gegenüber nicht ganz .frei And, daß
sie die große Seele, die in der südlichen Natur wie Eingeschlossen webt und
dämmert, nicht unbefangen zu empfinden wissen. In ihren Bildern ist wo.s
die Schönheit ,der Hol^enzüge, .der Erdbildungen, der edle BauinwMs die
warme Reinheit des Licht,s; aber es fehlt die Genialität des zusammenfassen¬
den Blicks. W ist,denn auch in der Behandlung etwas Hartes und Con-
ventjonelles zurückgeblieben, das durch die phantasievolle Anordnung ^möcht
immer aufgewogen wird. Desgoffe hat in seiner Felscnla.n.dschaft. noch am
meisten EigeMiümllches, Bertin wußte in seiner guten Zeit erreur ..besondern
Reiz durch seine Luftstimmungen zu erreichen In jüngerer Zeit .hat sich,,.auf
dem Gebiete der historischen Landschaft noch Lecointe bemerkt.ich gemacht,
während Jules Cogn.ick, Bodinier, Lanoue, Lapito und M,oh,erM-
nanntc Curzon die südliche Natur in einfacher und treuer Auffassung wieder¬
geben wollen. Sie suchen meistens mit der Zeichnung ,eine farbensatte.Be¬
handlung zu verbinden, doch fehlt ihnen Durchgängig die Breite und Mröße
der .stylvollen Anschauung, welche Mein den Zauber der südlichen Rat.ur auf¬
zuschließen vermag. Mnzeliie. wie Cogniet, verderben oft,grad,em durch ^tre matte
und oberflächlich elegante Behandlung die SchönheÄ d,es Motivs. Fast ,schein)
es, wie ,wenn dze, Franzosen .für d,le einfache. An,d,,,nraßvoste .GMe.-^eit.^al^-
nischen und griechischen Formen,den feiyen Sinn nicht hät.ten, lust dem sie
die glühendere. Pracht des Orients und den bescheideneren Reiz ihrer .heimath¬
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lind bald ierhp,b sich ciy ^aient ?-7 zu derselben Zeit, als die Modische
Malerei in Delaroche ihren Gipfelpunkt erreichte -- das diese bcshey Maturen


treten. Man knüpfte an Poussin und Claude Lorrain wieder an. Selbst die
Natur, die durch die Großartigkeit ihrer Formen als die würdige Stätte eines
großen Menschengeschlechtes einer selbständigen Behandlung werth schien, sollte
erst durch die Staffage, die dem Reich der alten Mythe oder des Testamentes
entnommen wurde, ihr Eintrittsrecht in die Kunst erhalten. Aligny,
Edouard Bertin, dann Desgoffe und Paul Flandrin. beide Schüler
von Ingres, brachten Anfang der dreißiger Jahre die neue Richtung zur Gel¬
tung. Sie alle hatten ihre Studien zu Rom und in der südlichen Natur
gemacht, und hier mag wol das Beispiel der Deutschen, der Koch, NottmaM
und Ernst Fries nicht ohne Einfluß gewesen sein. Ihr.e Landschaften sind
nicht gerade willkürliche Kompositionen, denen nur einzelne wirlsche Motive
zu Grunde liegen und in denen der Maler die Formen zusammenstimmt, wie
es seiner Phantasie passend scheint; sie stellen vielmehr meistens bestimmte
landschaftliche Charaktere dar. Aber die große, objective Anschauung, «lo^
Nvttincmn, der den -classischen Zug und Schwung einer Gegend aus ihr selber
heraus entdeckt, ist doch bei diesen Meistern nicht zu finden. Schon pie .histo¬
rische, Staffage beweist, daß sie der Natur gegenüber nicht ganz .frei And, daß
sie die große Seele, die in der südlichen Natur wie Eingeschlossen webt und
dämmert, nicht unbefangen zu empfinden wissen. In ihren Bildern ist wo.s
die Schönheit ,der Hol^enzüge, .der Erdbildungen, der edle BauinwMs die
warme Reinheit des Licht,s; aber es fehlt die Genialität des zusammenfassen¬
den Blicks. W ist,denn auch in der Behandlung etwas Hartes und Con-
ventjonelles zurückgeblieben, das durch die phantasievolle Anordnung ^möcht
immer aufgewogen wird. Desgoffe hat in seiner Felscnla.n.dschaft. noch am
meisten EigeMiümllches, Bertin wußte in seiner guten Zeit erreur ..besondern
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während Jules Cogn.ick, Bodinier, Lanoue, Lapito und M,oh,erM-
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geben wollen. Sie suchen meistens mit der Zeichnung ,eine farbensatte.Be¬
handlung zu verbinden, doch fehlt ihnen Durchgängig die Breite und Mröße
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zuschließen vermag. Mnzeliie. wie Cogniet, verderben oft,grad,em durch ^tre matte
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die glühendere. Pracht des Orients und den bescheideneren Reiz ihrer .heimath¬
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Malerei in Delaroche ihren Gipfelpunkt erreichte — das diese bcshey Maturen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_112507/360>, abgerufen am 29.04.2024.