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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band.

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mit congenialer Empfindung und künstlerischer Meisterschaft darzustellen ver¬
mochte. Es war P. Morilhat. der wol in der französischen Landschaflü-
malerei die erste Stelle einnimmt. Er wußte mit dem Element der Zeichnung,
der Linie, dem Zusammenklang der verschiedenen Plane die Wärme der Farbe
und den Duft des über das Ganze gezogenen Lustschieiers zu vereinigen und
Mit gleich feinem. Verständniß die landschaftliche Stimmung des Orients und
KieusMes Landes zu treffen (z. B. Ruinen von Balbcck und Ernte >n der
Provence). Dahn ist in der Anordnung der Bilder der Zug einer eigenthüm¬
lichen Phantasie. So haben seine Gemälde bei aller Verses>edena>t>gte>t immer
den Reiz einer Empfindung, die. aus dem Motive wie von selber hervorge¬
gangen, mit ruhiger und klarer Wirkung auf die Seele des Beschauers übergeht.
Sie halten-d,e . Mitte zwischen der epischen Größe der classischen Landschaft
und dem schimmerigen, duftigen Wesen des, bloßen Stimmungsbildes; und
so vereinigt auch seine -Behandlung in glücklicher Weise die Bestunmthett und
den Formenreichthum der ersteren mit dem klangreichen Farbenspiel des letz¬
teren. Morilhat ist der Begründer der eigentlichen orientalischen Landschaft;
er ist unerreicht geblieben. Er sah die Natur . Mit ernstem und seelenvollem
Auge, und so erreichte er von selber die Wirkung, welche die Neueren von
vornherein und absichtlich anstreben. -- Der übrigen Maler, die diesen Neben¬
zweig behandeln, ist schon gedacht; neben Betty. Bettel. Berchvre. Tour-
nemlne ist noch Dauzats zu erwähnen.

.inoiDer Anfang der dreißiger Jahre macht überhaupt jn. der französischen
Landschaft Epoche. Zu gleicher Zeit schlugen, bedeutende Talente neue und
verschiedene Richtungen ein,. und jeder brachte die seinjge gleich zu ihrem
Höhepunkte. Camille Corot bewegt steh> ähnlich wie Morilhat, in der
Mitte zwischen der classischen Landschaft und dem Stimmungsbilde, aber in
der Weise, daß er sich mehr letzterem zuneigt und auch die erstere mit freierem
Spiel der subjectiven Phantasie behandelt. Seine Bilder, besonders seine
späteren, sind von einer gewissen Manier nicht fre>zusprechen; es ist ein Ver¬
fließen aller festen Form in nebelhaften Duft, ein Verschweben-der Vegetation
in flockiges, wolliges Grau und Grün, das, meistens verbunden mu einer
mährchenhaften Staffcige, nur durch das Leben in Licht und Luft an die
Natur erinnert und sonst wie ein traumhaftes Gebilde einer poetischen Em¬
pfindung auf die Leinwand hingehaucht scheint. Hier ist also über die ganze
Landschaft eine musikalische Stimmung ausgegossen; da es aber doch dem
Maler an einem Blick für die großen Naturformen nicht fehlt, ist rü der Wirkung
des Ganzen ein eigenthümlicher Reiz, ein frohes Gefühl des Daseins. --
Zugleich mit Corot trat Louis Cabat auf; in ihm geht ,die Landschaft ent¬
schieden zur heimischen Natur und zur Darstellung in der Wirklichkeit vorge¬
fundener Motive über^ Es sind fast immer ganz einfache Vorwürfe, die er


mit congenialer Empfindung und künstlerischer Meisterschaft darzustellen ver¬
mochte. Es war P. Morilhat. der wol in der französischen Landschaflü-
malerei die erste Stelle einnimmt. Er wußte mit dem Element der Zeichnung,
der Linie, dem Zusammenklang der verschiedenen Plane die Wärme der Farbe
und den Duft des über das Ganze gezogenen Lustschieiers zu vereinigen und
Mit gleich feinem. Verständniß die landschaftliche Stimmung des Orients und
KieusMes Landes zu treffen (z. B. Ruinen von Balbcck und Ernte >n der
Provence). Dahn ist in der Anordnung der Bilder der Zug einer eigenthüm¬
lichen Phantasie. So haben seine Gemälde bei aller Verses>edena>t>gte>t immer
den Reiz einer Empfindung, die. aus dem Motive wie von selber hervorge¬
gangen, mit ruhiger und klarer Wirkung auf die Seele des Beschauers übergeht.
Sie halten-d,e . Mitte zwischen der epischen Größe der classischen Landschaft
und dem schimmerigen, duftigen Wesen des, bloßen Stimmungsbildes; und
so vereinigt auch seine -Behandlung in glücklicher Weise die Bestunmthett und
den Formenreichthum der ersteren mit dem klangreichen Farbenspiel des letz¬
teren. Morilhat ist der Begründer der eigentlichen orientalischen Landschaft;
er ist unerreicht geblieben. Er sah die Natur . Mit ernstem und seelenvollem
Auge, und so erreichte er von selber die Wirkung, welche die Neueren von
vornherein und absichtlich anstreben. — Der übrigen Maler, die diesen Neben¬
zweig behandeln, ist schon gedacht; neben Betty. Bettel. Berchvre. Tour-
nemlne ist noch Dauzats zu erwähnen.

.inoiDer Anfang der dreißiger Jahre macht überhaupt jn. der französischen
Landschaft Epoche. Zu gleicher Zeit schlugen, bedeutende Talente neue und
verschiedene Richtungen ein,. und jeder brachte die seinjge gleich zu ihrem
Höhepunkte. Camille Corot bewegt steh> ähnlich wie Morilhat, in der
Mitte zwischen der classischen Landschaft und dem Stimmungsbilde, aber in
der Weise, daß er sich mehr letzterem zuneigt und auch die erstere mit freierem
Spiel der subjectiven Phantasie behandelt. Seine Bilder, besonders seine
späteren, sind von einer gewissen Manier nicht fre>zusprechen; es ist ein Ver¬
fließen aller festen Form in nebelhaften Duft, ein Verschweben-der Vegetation
in flockiges, wolliges Grau und Grün, das, meistens verbunden mu einer
mährchenhaften Staffcige, nur durch das Leben in Licht und Luft an die
Natur erinnert und sonst wie ein traumhaftes Gebilde einer poetischen Em¬
pfindung auf die Leinwand hingehaucht scheint. Hier ist also über die ganze
Landschaft eine musikalische Stimmung ausgegossen; da es aber doch dem
Maler an einem Blick für die großen Naturformen nicht fehlt, ist rü der Wirkung
des Ganzen ein eigenthümlicher Reiz, ein frohes Gefühl des Daseins. —
Zugleich mit Corot trat Louis Cabat auf; in ihm geht ,die Landschaft ent¬
schieden zur heimischen Natur und zur Darstellung in der Wirklichkeit vorge¬
fundener Motive über^ Es sind fast immer ganz einfache Vorwürfe, die er


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[0361] mit congenialer Empfindung und künstlerischer Meisterschaft darzustellen ver¬ mochte. Es war P. Morilhat. der wol in der französischen Landschaflü- malerei die erste Stelle einnimmt. Er wußte mit dem Element der Zeichnung, der Linie, dem Zusammenklang der verschiedenen Plane die Wärme der Farbe und den Duft des über das Ganze gezogenen Lustschieiers zu vereinigen und Mit gleich feinem. Verständniß die landschaftliche Stimmung des Orients und KieusMes Landes zu treffen (z. B. Ruinen von Balbcck und Ernte >n der Provence). Dahn ist in der Anordnung der Bilder der Zug einer eigenthüm¬ lichen Phantasie. So haben seine Gemälde bei aller Verses>edena>t>gte>t immer den Reiz einer Empfindung, die. aus dem Motive wie von selber hervorge¬ gangen, mit ruhiger und klarer Wirkung auf die Seele des Beschauers übergeht. Sie halten-d,e . Mitte zwischen der epischen Größe der classischen Landschaft und dem schimmerigen, duftigen Wesen des, bloßen Stimmungsbildes; und so vereinigt auch seine -Behandlung in glücklicher Weise die Bestunmthett und den Formenreichthum der ersteren mit dem klangreichen Farbenspiel des letz¬ teren. Morilhat ist der Begründer der eigentlichen orientalischen Landschaft; er ist unerreicht geblieben. Er sah die Natur . Mit ernstem und seelenvollem Auge, und so erreichte er von selber die Wirkung, welche die Neueren von vornherein und absichtlich anstreben. — Der übrigen Maler, die diesen Neben¬ zweig behandeln, ist schon gedacht; neben Betty. Bettel. Berchvre. Tour- nemlne ist noch Dauzats zu erwähnen. .inoiDer Anfang der dreißiger Jahre macht überhaupt jn. der französischen Landschaft Epoche. Zu gleicher Zeit schlugen, bedeutende Talente neue und verschiedene Richtungen ein,. und jeder brachte die seinjge gleich zu ihrem Höhepunkte. Camille Corot bewegt steh> ähnlich wie Morilhat, in der Mitte zwischen der classischen Landschaft und dem Stimmungsbilde, aber in der Weise, daß er sich mehr letzterem zuneigt und auch die erstere mit freierem Spiel der subjectiven Phantasie behandelt. Seine Bilder, besonders seine späteren, sind von einer gewissen Manier nicht fre>zusprechen; es ist ein Ver¬ fließen aller festen Form in nebelhaften Duft, ein Verschweben-der Vegetation in flockiges, wolliges Grau und Grün, das, meistens verbunden mu einer mährchenhaften Staffcige, nur durch das Leben in Licht und Luft an die Natur erinnert und sonst wie ein traumhaftes Gebilde einer poetischen Em¬ pfindung auf die Leinwand hingehaucht scheint. Hier ist also über die ganze Landschaft eine musikalische Stimmung ausgegossen; da es aber doch dem Maler an einem Blick für die großen Naturformen nicht fehlt, ist rü der Wirkung des Ganzen ein eigenthümlicher Reiz, ein frohes Gefühl des Daseins. — Zugleich mit Corot trat Louis Cabat auf; in ihm geht ,die Landschaft ent¬ schieden zur heimischen Natur und zur Darstellung in der Wirklichkeit vorge¬ fundener Motive über^ Es sind fast immer ganz einfache Vorwürfe, die er

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_112507/361>, abgerufen am 15.05.2024.