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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

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tenpatent bestände. Einige "Alttiroler", so nannten sie sich zum Unterschiede
vom Geschlechte, dem die Zukunft geHort, steuerten je nach der angebornen
Großmuth volle dreißig Dukaten zu drei Besten, die gleich vertheilt mit einer
päpstlichen, östreichischen und tirolischen Fahne geschmückt wurden. Der dritte
Absatz des Ladschreibens schloß alle jene von diesem Schießen aus. die sich
an jenem vom 10. bis 14. November in Boze" betheiligten. Als Ausfertiger
erschien am Ende der abwesende Graf Anton Brandis; die eigentlichen Best-
geber. die Barone Giovanelli und Dipauli, spielten nur die stillen Gesellschafter
dieser Firma.

Waren um Sitze der Landesverwaltung zu Innsbruck schon ehedem durch
die dem Bozener Lichtfeste vorangegangenen Gerüchte stille Besorgnisse ent¬
standen: die Sprache der Alttuoler. die vorwurfsfreien Leuten eine Verletzung
der Schützenehve Schuld gab, und sie deshalb ihrer Wehrgenossenschaft un¬
würdig erklärte, konnte sie nur steigern. Der Statthalter Fürst v. Lobkvrmtz
erließ somit als Landesoberstschützenmeister an die Vorstehung des k. k. Lan-
dcshauptschicßstandes zu Innsbruck folgendes Schreiben:

"Mit wahrer Befriedigung ersah ick aus der heutigen Nummer 138 der
Volks- und Schützenzeitung, daß die Vorstehung des Landeshauptschießstandes
den einstimmigen Beschluß gefaßt hat. auf demselben ein Schießen, das zur
Störung des Friedens unter den Schützen irgend einen Anlaß geben könnte,
weder zu geben, noch geben zu lassen. Durch diesen Act hat sich die Vor-
stehung -- ich bin dessen überzeugt -- den Beifall aller aufrichtigen Vater-
landsfreunde und echten Tirolerschützen erworben. Als Landesoberschützen-
meister sehe ich mich deshalb angenehm aufgefordert, der Vorstehung hiefür
meine vollste Anerkennung auszusprechen. Ich wünsche nur, daß das den
Landeshauptschießstand ehrende Beispiel auch in den übrigen Schießständen
des Landes bereitwillige Nachahmung finden und auf diese Weise von den
Stätten, wo nur harmlose Schützenfrcude herrschen soll, fortan jede Spaltung
und Pcirteiung verbannt bleiben möge."

Noch deutlicher gab der Fürst-Statthalter seine Mißstimmung dem Boze¬
ner Schießstande zu erkennen. Auf seine Beschwerde wegen Ehrenbeleidigung
verwies er ihn an die Gerichte, bemerkte, "daß bei den im Lande bestehenden
entgegengesetzten Parteien und verschiedenen Anschauungen die üblen Folgen
des eigenen Ladschreibens vorauszusehen wohl nicht schwer gewesen wäre",
und sprach die Hoffnung aus: "daß in Zukunft jeder Anlaß von Zwistigkeiten
sorgfältig vermieden, und der Weg der Versöhnlichkeit mit allem Ernste einge-
schlagen wird."

Auch den Verschwornen von Sana war die Mahnung nicht ausgeblieben,
die feindselige Ausschließung derer, denen der Tempel zu Jerusalem nicht als
die einzige Himmelspforte gilt, auszulassen, allein der Großmeister Graf Bran-


tenpatent bestände. Einige „Alttiroler", so nannten sie sich zum Unterschiede
vom Geschlechte, dem die Zukunft geHort, steuerten je nach der angebornen
Großmuth volle dreißig Dukaten zu drei Besten, die gleich vertheilt mit einer
päpstlichen, östreichischen und tirolischen Fahne geschmückt wurden. Der dritte
Absatz des Ladschreibens schloß alle jene von diesem Schießen aus. die sich
an jenem vom 10. bis 14. November in Boze» betheiligten. Als Ausfertiger
erschien am Ende der abwesende Graf Anton Brandis; die eigentlichen Best-
geber. die Barone Giovanelli und Dipauli, spielten nur die stillen Gesellschafter
dieser Firma.

Waren um Sitze der Landesverwaltung zu Innsbruck schon ehedem durch
die dem Bozener Lichtfeste vorangegangenen Gerüchte stille Besorgnisse ent¬
standen: die Sprache der Alttuoler. die vorwurfsfreien Leuten eine Verletzung
der Schützenehve Schuld gab, und sie deshalb ihrer Wehrgenossenschaft un¬
würdig erklärte, konnte sie nur steigern. Der Statthalter Fürst v. Lobkvrmtz
erließ somit als Landesoberstschützenmeister an die Vorstehung des k. k. Lan-
dcshauptschicßstandes zu Innsbruck folgendes Schreiben:

„Mit wahrer Befriedigung ersah ick aus der heutigen Nummer 138 der
Volks- und Schützenzeitung, daß die Vorstehung des Landeshauptschießstandes
den einstimmigen Beschluß gefaßt hat. auf demselben ein Schießen, das zur
Störung des Friedens unter den Schützen irgend einen Anlaß geben könnte,
weder zu geben, noch geben zu lassen. Durch diesen Act hat sich die Vor-
stehung — ich bin dessen überzeugt — den Beifall aller aufrichtigen Vater-
landsfreunde und echten Tirolerschützen erworben. Als Landesoberschützen-
meister sehe ich mich deshalb angenehm aufgefordert, der Vorstehung hiefür
meine vollste Anerkennung auszusprechen. Ich wünsche nur, daß das den
Landeshauptschießstand ehrende Beispiel auch in den übrigen Schießständen
des Landes bereitwillige Nachahmung finden und auf diese Weise von den
Stätten, wo nur harmlose Schützenfrcude herrschen soll, fortan jede Spaltung
und Pcirteiung verbannt bleiben möge."

Noch deutlicher gab der Fürst-Statthalter seine Mißstimmung dem Boze¬
ner Schießstande zu erkennen. Auf seine Beschwerde wegen Ehrenbeleidigung
verwies er ihn an die Gerichte, bemerkte, „daß bei den im Lande bestehenden
entgegengesetzten Parteien und verschiedenen Anschauungen die üblen Folgen
des eigenen Ladschreibens vorauszusehen wohl nicht schwer gewesen wäre",
und sprach die Hoffnung aus: „daß in Zukunft jeder Anlaß von Zwistigkeiten
sorgfältig vermieden, und der Weg der Versöhnlichkeit mit allem Ernste einge-
schlagen wird."

Auch den Verschwornen von Sana war die Mahnung nicht ausgeblieben,
die feindselige Ausschließung derer, denen der Tempel zu Jerusalem nicht als
die einzige Himmelspforte gilt, auszulassen, allein der Großmeister Graf Bran-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/151>, abgerufen am 23.05.2024.