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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

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Ausschwung zu nehmen. Einige Ra->dampfer wurden gebaut oder gekauft
und der Kiel zu einigen größeren Schiffen (darunter eine Fregatte von co
Kanonen) gelegt. Aber bei dem Baue dieses Schiffes, des "Schwarzenberg".
zeigte sich abermals die gewohnte Nachlässigkeit und Unbeliolfeuheit. Denn
der Oberbau des Schiffes war, um dasselbe nur ja recht solid und dauerhaft
zu machen, so schwer angefertigt worden, daß die Stückpforten auch bei "och nicht
voller Armirung und Bemannung des Schiffes sich kaum über den Wasser¬
spiegel erhoben. Man mußte also einen großen Theil des Oberdecks abtra¬
gen und, wo dieses nicht anging, die Stärke der Rippen und Planken durch
BeHauen und Abhobeln zu schwächen suchen, um auf diese Art das Gewicht
des Schiffes zu vermindern und dessen Tragfähigkeit zu vergrößern. Daß
nunmehr das ganze Schiff dock nur ein armsel'ges Stückwerk blieb, ist leicht
begreiflich. Und als dasselbe aus dem Hafen von Venedig bugsirt wurde,
entging es mit genauer Noth dem Schiffbrücke, kam in Pola. wäh¬
rend fast die ganze Equipage einem aus dem Festlande veranstalteten Fest-
mahle beiwohnte, durch nachlässige Ankerung in ähnliche Gefahr und wäre,
wie man erzählt, bald darauf beinahe ein Opfer des Feuers geworden. Ein
wahrhaft ominöses Schiff!

Ein anerkennenswerther Fortschritt aber war es. daß man nicht nur keine
neuen Perlchen mehr erbaute, sondern auch die vorhandenen baldmöglichst
aus dem Gebrauch zu setzen sich bemühte. Leider ließ nur die Leitung der
östreichischen Marine zu dieser Zeit Vieles zu wünschen übrig. Auf mehrere,
nur ganz kurze Zeit fungirende provisorische Befehlshaber (unter welchen auch
Gyulai!) wurde Dahlerup und nach diesem der General Wimpfen zu Ober-
commandanten ernannt. Ueber beide wurde schon früher in dem Artikel:
"Die östreichische Armeeverwaltung" abgeurtheilt. Ersterer war ein ziemlich
verschollener dänischer Hasenadmiral, und seine kurze Dienstleistung in Oest¬
reich wurde nur durch die dörrenden Betrügereien, welche während dieser Zeit
vorfielen, bezeichnet. Wimpfen aber war ein Mann ohne alle seemännische
Kenntniß und Erfahrung.

War die Marine früher eine rein italienische gewesen, so suchte man sie
jetzt zu einer östreichischen, wenn auch.zu keiner deutschen umzugestalten. Das
Kommando der Offiziere war deutsch. -- jenes der Unteroffiziere italienisch.
Der Wahlspruch des Kaisers "Viridus nati8" wurde auch hier in der unge¬
schicktesten Weise zur Geltung gebracht. Aus allen Provinzen und aus allen
Nationalitüten des Reiches wurde für die Marine recrutirt. und namentlich
die. Marine-Infanterie, weiche man auf die Stärke eines Regiments brachte,
war der Polyglotteste Truppenkörper, den man sich denken kann. Hätte man
wenigstens die Unterabtheilungen nur aus einer oder zwei Nationalitüten zu¬
sammengesetzt, so Hütte es noch hingehen mögen, aber man würfelte selbst


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Ausschwung zu nehmen. Einige Ra->dampfer wurden gebaut oder gekauft
und der Kiel zu einigen größeren Schiffen (darunter eine Fregatte von co
Kanonen) gelegt. Aber bei dem Baue dieses Schiffes, des „Schwarzenberg".
zeigte sich abermals die gewohnte Nachlässigkeit und Unbeliolfeuheit. Denn
der Oberbau des Schiffes war, um dasselbe nur ja recht solid und dauerhaft
zu machen, so schwer angefertigt worden, daß die Stückpforten auch bei »och nicht
voller Armirung und Bemannung des Schiffes sich kaum über den Wasser¬
spiegel erhoben. Man mußte also einen großen Theil des Oberdecks abtra¬
gen und, wo dieses nicht anging, die Stärke der Rippen und Planken durch
BeHauen und Abhobeln zu schwächen suchen, um auf diese Art das Gewicht
des Schiffes zu vermindern und dessen Tragfähigkeit zu vergrößern. Daß
nunmehr das ganze Schiff dock nur ein armsel'ges Stückwerk blieb, ist leicht
begreiflich. Und als dasselbe aus dem Hafen von Venedig bugsirt wurde,
entging es mit genauer Noth dem Schiffbrücke, kam in Pola. wäh¬
rend fast die ganze Equipage einem aus dem Festlande veranstalteten Fest-
mahle beiwohnte, durch nachlässige Ankerung in ähnliche Gefahr und wäre,
wie man erzählt, bald darauf beinahe ein Opfer des Feuers geworden. Ein
wahrhaft ominöses Schiff!

Ein anerkennenswerther Fortschritt aber war es. daß man nicht nur keine
neuen Perlchen mehr erbaute, sondern auch die vorhandenen baldmöglichst
aus dem Gebrauch zu setzen sich bemühte. Leider ließ nur die Leitung der
östreichischen Marine zu dieser Zeit Vieles zu wünschen übrig. Auf mehrere,
nur ganz kurze Zeit fungirende provisorische Befehlshaber (unter welchen auch
Gyulai!) wurde Dahlerup und nach diesem der General Wimpfen zu Ober-
commandanten ernannt. Ueber beide wurde schon früher in dem Artikel:
„Die östreichische Armeeverwaltung" abgeurtheilt. Ersterer war ein ziemlich
verschollener dänischer Hasenadmiral, und seine kurze Dienstleistung in Oest¬
reich wurde nur durch die dörrenden Betrügereien, welche während dieser Zeit
vorfielen, bezeichnet. Wimpfen aber war ein Mann ohne alle seemännische
Kenntniß und Erfahrung.

War die Marine früher eine rein italienische gewesen, so suchte man sie
jetzt zu einer östreichischen, wenn auch.zu keiner deutschen umzugestalten. Das
Kommando der Offiziere war deutsch. — jenes der Unteroffiziere italienisch.
Der Wahlspruch des Kaisers „Viridus nati8" wurde auch hier in der unge¬
schicktesten Weise zur Geltung gebracht. Aus allen Provinzen und aus allen
Nationalitüten des Reiches wurde für die Marine recrutirt. und namentlich
die. Marine-Infanterie, weiche man auf die Stärke eines Regiments brachte,
war der Polyglotteste Truppenkörper, den man sich denken kann. Hätte man
wenigstens die Unterabtheilungen nur aus einer oder zwei Nationalitüten zu¬
sammengesetzt, so Hütte es noch hingehen mögen, aber man würfelte selbst


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[0019] Ausschwung zu nehmen. Einige Ra->dampfer wurden gebaut oder gekauft und der Kiel zu einigen größeren Schiffen (darunter eine Fregatte von co Kanonen) gelegt. Aber bei dem Baue dieses Schiffes, des „Schwarzenberg". zeigte sich abermals die gewohnte Nachlässigkeit und Unbeliolfeuheit. Denn der Oberbau des Schiffes war, um dasselbe nur ja recht solid und dauerhaft zu machen, so schwer angefertigt worden, daß die Stückpforten auch bei »och nicht voller Armirung und Bemannung des Schiffes sich kaum über den Wasser¬ spiegel erhoben. Man mußte also einen großen Theil des Oberdecks abtra¬ gen und, wo dieses nicht anging, die Stärke der Rippen und Planken durch BeHauen und Abhobeln zu schwächen suchen, um auf diese Art das Gewicht des Schiffes zu vermindern und dessen Tragfähigkeit zu vergrößern. Daß nunmehr das ganze Schiff dock nur ein armsel'ges Stückwerk blieb, ist leicht begreiflich. Und als dasselbe aus dem Hafen von Venedig bugsirt wurde, entging es mit genauer Noth dem Schiffbrücke, kam in Pola. wäh¬ rend fast die ganze Equipage einem aus dem Festlande veranstalteten Fest- mahle beiwohnte, durch nachlässige Ankerung in ähnliche Gefahr und wäre, wie man erzählt, bald darauf beinahe ein Opfer des Feuers geworden. Ein wahrhaft ominöses Schiff! Ein anerkennenswerther Fortschritt aber war es. daß man nicht nur keine neuen Perlchen mehr erbaute, sondern auch die vorhandenen baldmöglichst aus dem Gebrauch zu setzen sich bemühte. Leider ließ nur die Leitung der östreichischen Marine zu dieser Zeit Vieles zu wünschen übrig. Auf mehrere, nur ganz kurze Zeit fungirende provisorische Befehlshaber (unter welchen auch Gyulai!) wurde Dahlerup und nach diesem der General Wimpfen zu Ober- commandanten ernannt. Ueber beide wurde schon früher in dem Artikel: „Die östreichische Armeeverwaltung" abgeurtheilt. Ersterer war ein ziemlich verschollener dänischer Hasenadmiral, und seine kurze Dienstleistung in Oest¬ reich wurde nur durch die dörrenden Betrügereien, welche während dieser Zeit vorfielen, bezeichnet. Wimpfen aber war ein Mann ohne alle seemännische Kenntniß und Erfahrung. War die Marine früher eine rein italienische gewesen, so suchte man sie jetzt zu einer östreichischen, wenn auch.zu keiner deutschen umzugestalten. Das Kommando der Offiziere war deutsch. — jenes der Unteroffiziere italienisch. Der Wahlspruch des Kaisers „Viridus nati8" wurde auch hier in der unge¬ schicktesten Weise zur Geltung gebracht. Aus allen Provinzen und aus allen Nationalitüten des Reiches wurde für die Marine recrutirt. und namentlich die. Marine-Infanterie, weiche man auf die Stärke eines Regiments brachte, war der Polyglotteste Truppenkörper, den man sich denken kann. Hätte man wenigstens die Unterabtheilungen nur aus einer oder zwei Nationalitüten zu¬ sammengesetzt, so Hütte es noch hingehen mögen, aber man würfelte selbst 2*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/19>, abgerufen am 13.05.2024.