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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

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getragen haben, wenn nicht sein unfähiger Bruder, beordert, mit der gesamm-
ten Reiterei einen Angriff zu thun, von dem Feinde zurückgetrieben worden
wäre und durch die wilde Unordnung, mit der seine Schaaren retirirten,
Miramons Fußvolk in Verwirrung gebracht hätte. Bei diesem Anblick flüch-
tet der Oberfeldherr der Reaction vom Schlachtfeld und ist der Erste, der die
Nachricht von der Niederlage der Partei nach Mexico bringt. Von dort flieht
er ohne Aufenthalt nach Veracruz und schifft sich auf einem spanischen Kriegs"
schiff nach Europa ein. wo er seitdem nach Kräften gegen sein Vaterland
conspirirte.

Die Liberalen nahmen nun von der Hauptstadt Besitz. Juarez ver¬
legte im Januar 186l seine Residenz nach Mexico und wurde nun
von allen fremden Mächten als Präsident anerkannt, eine Würde, die das
Volk der Republik durch neu aufgeschriebene Wahlen bestätigte, worauf
er am 1. Juli 1861 seine Regierung als constitutioneller Präsident Mexico's
antrat.

So siegte nach fünfjährigem, von beiden Seiten mit großer Grausamkeit
geführten, durch massenhafte Hinrichtungen Gefangner befleckten, mit Zwangs¬
anleihen bei Einheimischen und Fremden und mancherlei Beeinträchtigung der
Interessen des Auslands fortgeführten Bürgerkrieg endlich die liberale Partei,
und zwar mehr durch die Gewalt der öffentlichen Meinung, als durch das
Talent ihrer Führer. Unstreitig hatte die Reaction auf ihrer Seite ein ge¬
übteres Heer, geschicktere Generale, unzweifelhaft machte sie die Einheit der
Führung stärker als die Gegner, sicher auch kämpfte für sie der Muth, den
die Ueberzeugung gibt, daß mit einer Niederlage jetzt Alles, selbst die per¬
sönliche Existenz verloren gehen müsse. Aber obwohl die Partei in fast allen
Schlachten, selbst gegen sehr überlegene Massen siegreich war, mußte sie doch
zuletzt unterliegen, da sie ihre Verluste nicht ersetzen konnte, während die
Liberalen, durch die Sympathien bei Weitem des größten Theils der Na¬
tion unterstützt, nach jeder Niederlage neue'Heere ins Feld zu stellen ver-
mochten.




getragen haben, wenn nicht sein unfähiger Bruder, beordert, mit der gesamm-
ten Reiterei einen Angriff zu thun, von dem Feinde zurückgetrieben worden
wäre und durch die wilde Unordnung, mit der seine Schaaren retirirten,
Miramons Fußvolk in Verwirrung gebracht hätte. Bei diesem Anblick flüch-
tet der Oberfeldherr der Reaction vom Schlachtfeld und ist der Erste, der die
Nachricht von der Niederlage der Partei nach Mexico bringt. Von dort flieht
er ohne Aufenthalt nach Veracruz und schifft sich auf einem spanischen Kriegs«
schiff nach Europa ein. wo er seitdem nach Kräften gegen sein Vaterland
conspirirte.

Die Liberalen nahmen nun von der Hauptstadt Besitz. Juarez ver¬
legte im Januar 186l seine Residenz nach Mexico und wurde nun
von allen fremden Mächten als Präsident anerkannt, eine Würde, die das
Volk der Republik durch neu aufgeschriebene Wahlen bestätigte, worauf
er am 1. Juli 1861 seine Regierung als constitutioneller Präsident Mexico's
antrat.

So siegte nach fünfjährigem, von beiden Seiten mit großer Grausamkeit
geführten, durch massenhafte Hinrichtungen Gefangner befleckten, mit Zwangs¬
anleihen bei Einheimischen und Fremden und mancherlei Beeinträchtigung der
Interessen des Auslands fortgeführten Bürgerkrieg endlich die liberale Partei,
und zwar mehr durch die Gewalt der öffentlichen Meinung, als durch das
Talent ihrer Führer. Unstreitig hatte die Reaction auf ihrer Seite ein ge¬
übteres Heer, geschicktere Generale, unzweifelhaft machte sie die Einheit der
Führung stärker als die Gegner, sicher auch kämpfte für sie der Muth, den
die Ueberzeugung gibt, daß mit einer Niederlage jetzt Alles, selbst die per¬
sönliche Existenz verloren gehen müsse. Aber obwohl die Partei in fast allen
Schlachten, selbst gegen sehr überlegene Massen siegreich war, mußte sie doch
zuletzt unterliegen, da sie ihre Verluste nicht ersetzen konnte, während die
Liberalen, durch die Sympathien bei Weitem des größten Theils der Na¬
tion unterstützt, nach jeder Niederlage neue'Heere ins Feld zu stellen ver-
mochten.




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[0196] getragen haben, wenn nicht sein unfähiger Bruder, beordert, mit der gesamm- ten Reiterei einen Angriff zu thun, von dem Feinde zurückgetrieben worden wäre und durch die wilde Unordnung, mit der seine Schaaren retirirten, Miramons Fußvolk in Verwirrung gebracht hätte. Bei diesem Anblick flüch- tet der Oberfeldherr der Reaction vom Schlachtfeld und ist der Erste, der die Nachricht von der Niederlage der Partei nach Mexico bringt. Von dort flieht er ohne Aufenthalt nach Veracruz und schifft sich auf einem spanischen Kriegs« schiff nach Europa ein. wo er seitdem nach Kräften gegen sein Vaterland conspirirte. Die Liberalen nahmen nun von der Hauptstadt Besitz. Juarez ver¬ legte im Januar 186l seine Residenz nach Mexico und wurde nun von allen fremden Mächten als Präsident anerkannt, eine Würde, die das Volk der Republik durch neu aufgeschriebene Wahlen bestätigte, worauf er am 1. Juli 1861 seine Regierung als constitutioneller Präsident Mexico's antrat. So siegte nach fünfjährigem, von beiden Seiten mit großer Grausamkeit geführten, durch massenhafte Hinrichtungen Gefangner befleckten, mit Zwangs¬ anleihen bei Einheimischen und Fremden und mancherlei Beeinträchtigung der Interessen des Auslands fortgeführten Bürgerkrieg endlich die liberale Partei, und zwar mehr durch die Gewalt der öffentlichen Meinung, als durch das Talent ihrer Führer. Unstreitig hatte die Reaction auf ihrer Seite ein ge¬ übteres Heer, geschicktere Generale, unzweifelhaft machte sie die Einheit der Führung stärker als die Gegner, sicher auch kämpfte für sie der Muth, den die Ueberzeugung gibt, daß mit einer Niederlage jetzt Alles, selbst die per¬ sönliche Existenz verloren gehen müsse. Aber obwohl die Partei in fast allen Schlachten, selbst gegen sehr überlegene Massen siegreich war, mußte sie doch zuletzt unterliegen, da sie ihre Verluste nicht ersetzen konnte, während die Liberalen, durch die Sympathien bei Weitem des größten Theils der Na¬ tion unterstützt, nach jeder Niederlage neue'Heere ins Feld zu stellen ver- mochten.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/196>, abgerufen am 12.05.2024.