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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

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rale bezeichnet wird, gegen Guadalaxara und nöthigt nach heftigem Kampf
den dort stehenden klerikalen oder centralistischen Genera! Castillo zu einer
Uebereinkunft. in welcher Guadalaxara für neutral erklärt wird und die
Reactionäre sich verpflichten, unter Zurücklassung ihrer Munition und Ar¬
tillerie sechs Stunden östlich von der Stadt Stellung zu nehmen, was.
rend die Liberalen sich sechs Stunden westlich von derselben aufstellen
sollten.

Die Absicht dieses Vertrags war Einstellung der Feindseligkeiten, damit
auf gütlichem Wege eine Bereinigung der Gegensätze hergestellt werden könne.
Indeß wurde diese Absicht durch das verrätherische Verhalten der Klerikalen
vereitelt. Als Castillo erfuhr, daß der General Marquez ihm mit 2000 Mann
zu Hilfe ziehe, marschire er gegen das Abkommen mit Geschützen und Mu¬
nition aus Guadalaxara. Aber jenes Hilfshcer wurde auf dem Wege nach
diesem Ort von den Gegnern zersprengt und aufgerieben, und am 3. Nov.
nahm Zarragoza Guadalaxara nöt Sturm und schlug Castillo so nachdrücklich
muss Haupt, daß derselbe sich uur mit einem kleinen Nest seiner Reiterei nach
dem Süden zu retten vermochte.

Der Verlust von Guadalaxara war der Todesstoß für die Klerikalen.
Ihr Heer schmolz aus 6000 Mann zusammen, während das der Gegner jetzt
im Ganzen 30,000 Mann zählte. Miramon selbst konnte nicht mehr wagen
die Hauptstadt zu verlassen, da dieselbe bei seiner Entfernung sich sofort er¬
hoben und für die Liberalen erklärt haben würde. In dieser Lage berief er eine
Junta und dccrenrte ein Zwnngöanlehen von 300,000 Dollars; da dieses aber
nicht aufgebracht werden konnte, so ließ Miramon 100,000 Dollars, die eng¬
lischen Bondholders gehörten und im Hotel des britischen Gesandten deponirt
waren, gewaltsamer Weise -- ein Raub, mit dem sich nun auch
die Klerikalen gegen das Ausland vergangen hatten.

Nach der Einnahme der Stadt Guadalaxara haben die Liberalen Muße,
ihre verschiedenen in den Provinzen zerstreuten Corps um die Hauptstadt zu
concentriren. und so schwillt ihr Heer auf diesem Punkt zu ungewöhnlicher
Stärke an. Indeß brauch! sich Miramon, da seine Truppen als reguläre
besser sind als die der Gegner, noch nicht verloren zu geben. Er macht ver¬
schiedene Ausfälle. Es gelingt ihm durch Marquez 700 Liberale, die bei To°
luna stehen, onfzuheben. Er unternimmt einen Streifzug nach Puebla. wo
er die in den Kirchen noch übrigen Kostbarkeiten entführt" damit sie dem Feind
nicht in die Hände fallen. Er wagt endlich noch einen Hauptschlag, indem er
an der Spitze aller noch verfügbaren Streittrüfte gegen das Centrum der Föde¬
ralen unter Zarragozcr marschirt. Noch einmal scheint ihm das Glück zu lächeln.
Er überrascht den Vortrab der Feinde auf der Straße nach Guadalaxara,
wirft denselben zurück und würde vermuthlich einen entscheidenden Sieg davon


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rale bezeichnet wird, gegen Guadalaxara und nöthigt nach heftigem Kampf
den dort stehenden klerikalen oder centralistischen Genera! Castillo zu einer
Uebereinkunft. in welcher Guadalaxara für neutral erklärt wird und die
Reactionäre sich verpflichten, unter Zurücklassung ihrer Munition und Ar¬
tillerie sechs Stunden östlich von der Stadt Stellung zu nehmen, was.
rend die Liberalen sich sechs Stunden westlich von derselben aufstellen
sollten.

Die Absicht dieses Vertrags war Einstellung der Feindseligkeiten, damit
auf gütlichem Wege eine Bereinigung der Gegensätze hergestellt werden könne.
Indeß wurde diese Absicht durch das verrätherische Verhalten der Klerikalen
vereitelt. Als Castillo erfuhr, daß der General Marquez ihm mit 2000 Mann
zu Hilfe ziehe, marschire er gegen das Abkommen mit Geschützen und Mu¬
nition aus Guadalaxara. Aber jenes Hilfshcer wurde auf dem Wege nach
diesem Ort von den Gegnern zersprengt und aufgerieben, und am 3. Nov.
nahm Zarragoza Guadalaxara nöt Sturm und schlug Castillo so nachdrücklich
muss Haupt, daß derselbe sich uur mit einem kleinen Nest seiner Reiterei nach
dem Süden zu retten vermochte.

Der Verlust von Guadalaxara war der Todesstoß für die Klerikalen.
Ihr Heer schmolz aus 6000 Mann zusammen, während das der Gegner jetzt
im Ganzen 30,000 Mann zählte. Miramon selbst konnte nicht mehr wagen
die Hauptstadt zu verlassen, da dieselbe bei seiner Entfernung sich sofort er¬
hoben und für die Liberalen erklärt haben würde. In dieser Lage berief er eine
Junta und dccrenrte ein Zwnngöanlehen von 300,000 Dollars; da dieses aber
nicht aufgebracht werden konnte, so ließ Miramon 100,000 Dollars, die eng¬
lischen Bondholders gehörten und im Hotel des britischen Gesandten deponirt
waren, gewaltsamer Weise — ein Raub, mit dem sich nun auch
die Klerikalen gegen das Ausland vergangen hatten.

Nach der Einnahme der Stadt Guadalaxara haben die Liberalen Muße,
ihre verschiedenen in den Provinzen zerstreuten Corps um die Hauptstadt zu
concentriren. und so schwillt ihr Heer auf diesem Punkt zu ungewöhnlicher
Stärke an. Indeß brauch! sich Miramon, da seine Truppen als reguläre
besser sind als die der Gegner, noch nicht verloren zu geben. Er macht ver¬
schiedene Ausfälle. Es gelingt ihm durch Marquez 700 Liberale, die bei To°
luna stehen, onfzuheben. Er unternimmt einen Streifzug nach Puebla. wo
er die in den Kirchen noch übrigen Kostbarkeiten entführt» damit sie dem Feind
nicht in die Hände fallen. Er wagt endlich noch einen Hauptschlag, indem er
an der Spitze aller noch verfügbaren Streittrüfte gegen das Centrum der Föde¬
ralen unter Zarragozcr marschirt. Noch einmal scheint ihm das Glück zu lächeln.
Er überrascht den Vortrab der Feinde auf der Straße nach Guadalaxara,
wirft denselben zurück und würde vermuthlich einen entscheidenden Sieg davon


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[0195] rale bezeichnet wird, gegen Guadalaxara und nöthigt nach heftigem Kampf den dort stehenden klerikalen oder centralistischen Genera! Castillo zu einer Uebereinkunft. in welcher Guadalaxara für neutral erklärt wird und die Reactionäre sich verpflichten, unter Zurücklassung ihrer Munition und Ar¬ tillerie sechs Stunden östlich von der Stadt Stellung zu nehmen, was. rend die Liberalen sich sechs Stunden westlich von derselben aufstellen sollten. Die Absicht dieses Vertrags war Einstellung der Feindseligkeiten, damit auf gütlichem Wege eine Bereinigung der Gegensätze hergestellt werden könne. Indeß wurde diese Absicht durch das verrätherische Verhalten der Klerikalen vereitelt. Als Castillo erfuhr, daß der General Marquez ihm mit 2000 Mann zu Hilfe ziehe, marschire er gegen das Abkommen mit Geschützen und Mu¬ nition aus Guadalaxara. Aber jenes Hilfshcer wurde auf dem Wege nach diesem Ort von den Gegnern zersprengt und aufgerieben, und am 3. Nov. nahm Zarragoza Guadalaxara nöt Sturm und schlug Castillo so nachdrücklich muss Haupt, daß derselbe sich uur mit einem kleinen Nest seiner Reiterei nach dem Süden zu retten vermochte. Der Verlust von Guadalaxara war der Todesstoß für die Klerikalen. Ihr Heer schmolz aus 6000 Mann zusammen, während das der Gegner jetzt im Ganzen 30,000 Mann zählte. Miramon selbst konnte nicht mehr wagen die Hauptstadt zu verlassen, da dieselbe bei seiner Entfernung sich sofort er¬ hoben und für die Liberalen erklärt haben würde. In dieser Lage berief er eine Junta und dccrenrte ein Zwnngöanlehen von 300,000 Dollars; da dieses aber nicht aufgebracht werden konnte, so ließ Miramon 100,000 Dollars, die eng¬ lischen Bondholders gehörten und im Hotel des britischen Gesandten deponirt waren, gewaltsamer Weise — ein Raub, mit dem sich nun auch die Klerikalen gegen das Ausland vergangen hatten. Nach der Einnahme der Stadt Guadalaxara haben die Liberalen Muße, ihre verschiedenen in den Provinzen zerstreuten Corps um die Hauptstadt zu concentriren. und so schwillt ihr Heer auf diesem Punkt zu ungewöhnlicher Stärke an. Indeß brauch! sich Miramon, da seine Truppen als reguläre besser sind als die der Gegner, noch nicht verloren zu geben. Er macht ver¬ schiedene Ausfälle. Es gelingt ihm durch Marquez 700 Liberale, die bei To° luna stehen, onfzuheben. Er unternimmt einen Streifzug nach Puebla. wo er die in den Kirchen noch übrigen Kostbarkeiten entführt» damit sie dem Feind nicht in die Hände fallen. Er wagt endlich noch einen Hauptschlag, indem er an der Spitze aller noch verfügbaren Streittrüfte gegen das Centrum der Föde¬ ralen unter Zarragozcr marschirt. Noch einmal scheint ihm das Glück zu lächeln. Er überrascht den Vortrab der Feinde auf der Straße nach Guadalaxara, wirft denselben zurück und würde vermuthlich einen entscheidenden Sieg davon 24*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/195>, abgerufen am 27.05.2024.