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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

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der Spanier enden. Aber wie dort das ungesunde Klima das Heer der An¬
greifer mehr als dccimute, so würden hier die tödtlichen Fieber der Küsten¬
gegenden der Jnvasionsarmce Tausende von Opfern abverlangen, ohne daß
ein so rascher Ersatz des Abgangs möglich wäre wie bei dem letzten afrika¬
nischen Feldzug. Wie dort im Innern erst Straßen angelegt werden mu߬
ten, und weiterhin die Wüste Anlegung von Wegen für Kanonen und Ge¬
päckwagen überhaupt verbot, so würden auch hier die Sappeure mehr zu thun
haben, als die Truppengattungen, die für das eigentliche Gefecht bestimmt
sind. Die Häfen des Landes sind sämmtlich schlecht. Die Schmalheit des
Continents und das schnelle Ansteigen des Terrains über die Küstenfläche
sind Ursache, daß es in Mexico keinen Fluß von Bedeutung gibt. Eisen¬
bahnen fehlen gänzlich. Die Mehrzahl der Städte von einiger Größe, wie
Jalapa. Orizaba, Cordova, Toluca. Queretaro, Guanaxuato. Guadalaxara,
Zaccitecas und die Silberminen, welche den Reichthum des Landes bilden,
liegen auf dem großen Hochplateau des Landes, fern von der See, der Ope¬
rationsbasis der Spanier, und zu ihnen gelangt man nur, nachdem man Ge¬
birge mit allerlei schwierige" Engpässen überstiegen hat. Die Regen sind
unregelmäßig, und so sind die Ernten in den meisten Theilen des Landes
unzuverlässig. Das Occupationsheer würde daher bei längerem Verweilen im
Innern seine Bedürfnisse von den Hafenplätzen beziehen und um die Verbin¬
dung mit diesen zu erhalten, sich zersplittern müssen.

Der Süden, wo Alvarez mit seinen Jndianerhordcn haust, ist als wil¬
des Gebirgsland selbst der besten Armee uneinnehmbar. Die nördlichen
Provinzen gleichen ' einer großen Steppe, auf der sich nur Oasen befinden.
Sobald man diese verläßt, hört alle Cultur auf, und Tausende von Geviert-
meilen dienen nur als Weideland für Pferde und Rinder. Die reichste Region
ist die der Küsten, die, terrs. ealiemtL genannt, etwa zwei Drittel des
Landes einnimmt, und in welcher Weizen und Mais, Zucker. Kaffee, Coche¬
nille, Baumwolle, Wein und Hanf üppig gedeihen. Aber gerade hier ist die
Bevölkerung der großen Hitze wegen wenig zur Arbeit geneigt und überdies sehr
dünn gesäet. Von den sieben Millionen Einwohnern der Republik Mexico woh¬
nen nur zwei Millionen in jenen Küstenstrichen, alle übrigen auf der Hochebene.

Den Norden zu erobern, welcher stets das Hauptcontingent für die Li¬
beralen, also für die jetzt in ihren Interessen bedrohte Partei geliefert hat,
würde ein Heer von 20,000 Spaniern kaum genügen, und eine doppelt so
starke Armee würde erforderlich sein, ihn dauernd zu behaupten. Die Kosten
der Erhaltung einer solchen Truppenmacht im fernen Lande würden schwer
auf dem Staatsschatz Spaniens lasten, aber sie würden sich durch den Ertrag
der reichen Silberminen mehr als decken. Spanien weiß sehr wohl, was es
an Mexico hatte, als dieses noch spanische Provinz war.


der Spanier enden. Aber wie dort das ungesunde Klima das Heer der An¬
greifer mehr als dccimute, so würden hier die tödtlichen Fieber der Küsten¬
gegenden der Jnvasionsarmce Tausende von Opfern abverlangen, ohne daß
ein so rascher Ersatz des Abgangs möglich wäre wie bei dem letzten afrika¬
nischen Feldzug. Wie dort im Innern erst Straßen angelegt werden mu߬
ten, und weiterhin die Wüste Anlegung von Wegen für Kanonen und Ge¬
päckwagen überhaupt verbot, so würden auch hier die Sappeure mehr zu thun
haben, als die Truppengattungen, die für das eigentliche Gefecht bestimmt
sind. Die Häfen des Landes sind sämmtlich schlecht. Die Schmalheit des
Continents und das schnelle Ansteigen des Terrains über die Küstenfläche
sind Ursache, daß es in Mexico keinen Fluß von Bedeutung gibt. Eisen¬
bahnen fehlen gänzlich. Die Mehrzahl der Städte von einiger Größe, wie
Jalapa. Orizaba, Cordova, Toluca. Queretaro, Guanaxuato. Guadalaxara,
Zaccitecas und die Silberminen, welche den Reichthum des Landes bilden,
liegen auf dem großen Hochplateau des Landes, fern von der See, der Ope¬
rationsbasis der Spanier, und zu ihnen gelangt man nur, nachdem man Ge¬
birge mit allerlei schwierige» Engpässen überstiegen hat. Die Regen sind
unregelmäßig, und so sind die Ernten in den meisten Theilen des Landes
unzuverlässig. Das Occupationsheer würde daher bei längerem Verweilen im
Innern seine Bedürfnisse von den Hafenplätzen beziehen und um die Verbin¬
dung mit diesen zu erhalten, sich zersplittern müssen.

Der Süden, wo Alvarez mit seinen Jndianerhordcn haust, ist als wil¬
des Gebirgsland selbst der besten Armee uneinnehmbar. Die nördlichen
Provinzen gleichen ' einer großen Steppe, auf der sich nur Oasen befinden.
Sobald man diese verläßt, hört alle Cultur auf, und Tausende von Geviert-
meilen dienen nur als Weideland für Pferde und Rinder. Die reichste Region
ist die der Küsten, die, terrs. ealiemtL genannt, etwa zwei Drittel des
Landes einnimmt, und in welcher Weizen und Mais, Zucker. Kaffee, Coche¬
nille, Baumwolle, Wein und Hanf üppig gedeihen. Aber gerade hier ist die
Bevölkerung der großen Hitze wegen wenig zur Arbeit geneigt und überdies sehr
dünn gesäet. Von den sieben Millionen Einwohnern der Republik Mexico woh¬
nen nur zwei Millionen in jenen Küstenstrichen, alle übrigen auf der Hochebene.

Den Norden zu erobern, welcher stets das Hauptcontingent für die Li¬
beralen, also für die jetzt in ihren Interessen bedrohte Partei geliefert hat,
würde ein Heer von 20,000 Spaniern kaum genügen, und eine doppelt so
starke Armee würde erforderlich sein, ihn dauernd zu behaupten. Die Kosten
der Erhaltung einer solchen Truppenmacht im fernen Lande würden schwer
auf dem Staatsschatz Spaniens lasten, aber sie würden sich durch den Ertrag
der reichen Silberminen mehr als decken. Spanien weiß sehr wohl, was es
an Mexico hatte, als dieses noch spanische Provinz war.


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[0220] der Spanier enden. Aber wie dort das ungesunde Klima das Heer der An¬ greifer mehr als dccimute, so würden hier die tödtlichen Fieber der Küsten¬ gegenden der Jnvasionsarmce Tausende von Opfern abverlangen, ohne daß ein so rascher Ersatz des Abgangs möglich wäre wie bei dem letzten afrika¬ nischen Feldzug. Wie dort im Innern erst Straßen angelegt werden mu߬ ten, und weiterhin die Wüste Anlegung von Wegen für Kanonen und Ge¬ päckwagen überhaupt verbot, so würden auch hier die Sappeure mehr zu thun haben, als die Truppengattungen, die für das eigentliche Gefecht bestimmt sind. Die Häfen des Landes sind sämmtlich schlecht. Die Schmalheit des Continents und das schnelle Ansteigen des Terrains über die Küstenfläche sind Ursache, daß es in Mexico keinen Fluß von Bedeutung gibt. Eisen¬ bahnen fehlen gänzlich. Die Mehrzahl der Städte von einiger Größe, wie Jalapa. Orizaba, Cordova, Toluca. Queretaro, Guanaxuato. Guadalaxara, Zaccitecas und die Silberminen, welche den Reichthum des Landes bilden, liegen auf dem großen Hochplateau des Landes, fern von der See, der Ope¬ rationsbasis der Spanier, und zu ihnen gelangt man nur, nachdem man Ge¬ birge mit allerlei schwierige» Engpässen überstiegen hat. Die Regen sind unregelmäßig, und so sind die Ernten in den meisten Theilen des Landes unzuverlässig. Das Occupationsheer würde daher bei längerem Verweilen im Innern seine Bedürfnisse von den Hafenplätzen beziehen und um die Verbin¬ dung mit diesen zu erhalten, sich zersplittern müssen. Der Süden, wo Alvarez mit seinen Jndianerhordcn haust, ist als wil¬ des Gebirgsland selbst der besten Armee uneinnehmbar. Die nördlichen Provinzen gleichen ' einer großen Steppe, auf der sich nur Oasen befinden. Sobald man diese verläßt, hört alle Cultur auf, und Tausende von Geviert- meilen dienen nur als Weideland für Pferde und Rinder. Die reichste Region ist die der Küsten, die, terrs. ealiemtL genannt, etwa zwei Drittel des Landes einnimmt, und in welcher Weizen und Mais, Zucker. Kaffee, Coche¬ nille, Baumwolle, Wein und Hanf üppig gedeihen. Aber gerade hier ist die Bevölkerung der großen Hitze wegen wenig zur Arbeit geneigt und überdies sehr dünn gesäet. Von den sieben Millionen Einwohnern der Republik Mexico woh¬ nen nur zwei Millionen in jenen Küstenstrichen, alle übrigen auf der Hochebene. Den Norden zu erobern, welcher stets das Hauptcontingent für die Li¬ beralen, also für die jetzt in ihren Interessen bedrohte Partei geliefert hat, würde ein Heer von 20,000 Spaniern kaum genügen, und eine doppelt so starke Armee würde erforderlich sein, ihn dauernd zu behaupten. Die Kosten der Erhaltung einer solchen Truppenmacht im fernen Lande würden schwer auf dem Staatsschatz Spaniens lasten, aber sie würden sich durch den Ertrag der reichen Silberminen mehr als decken. Spanien weiß sehr wohl, was es an Mexico hatte, als dieses noch spanische Provinz war.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/220>, abgerufen am 23.05.2024.