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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

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derselben gewährten Unterstützung durch das Ausland zu erklären, so wird
er nie zugeben, daß die Lastrennung, der Conföderirten eine natürliche und
unwiderrufliche Beendigung des Streits gewesen sei, und den Streit wieder
aufnehmen, sobald politische Conjuncturen die Mächte, welche intervenirt. auf
einen andern Schauplatz rufen.

Drittens würde die englische Regierung bei einem Schritt wie der in
Rede stehende vermuthlich nicht wie bei der Trentaffairc die gestimmte Nation
hinter sich haben. Die öffentliche Meinung in England ist entschieden gegen
die Sklaverei, und eine Intervention in Amerika würde wie eine Beihilfe
zur Aufrichtung einer Sklavenhalterrepublik aussehen, da das sociale System
des Südens auf Sklaverei gegründet ist und die Föderalisten in Washington,
Boston und Neuyork alles Mögliche gethan haben, die Welt zu überzeugen,
daß ihre Kriegführung ein Kreuzzug gegen die Sklaverei sei. Daß Letzteres in
Wahrheit nicht der Fall ist, haben wir nachgerade eingesehen. Wir wissen,
daß die Partei im Norden, die für Befreiung der Neger kämpfen möchte,
nicbt die stärkste ist. das; sie in Washington nur wenige Vertreter hat und
daß namentlich der Präsident nicht den Muth besitzt, sich auf ihre Seite zu
stellen. Jede neue Nachricht aus dem politischen Centrum der Union, jede
neue Betrachtung der Lage der Dinge bestärkt in der Ansicht, daß die
Wiederherstellung der Union und nicht deren Zerfall in die jetzt kämpfen-
'den Hälften die Verewigung der Negerknechtschaft zur Folge haben würde,
und daß wir also nur von der Unabhängigkeit, nicht von der Niederlage des
Südens eine baldige Milderung und die schließliche Aufhebung jener "eigen¬
thümlichen Einrichtung" zu erwarten haben, die wir als Gegner aller Knecht¬
schaft verabscheuen. Auch in England wird dies von tiefer Blickenden ein¬
gesehen. Wir weisen nur auf die zahlreichen von uns hier benutzten Artikel
des "Economist" hin, welche diese Frage untersuchen. Allein es ist nicht an¬
zunehmen, daß die Mehrheit des englischen Volkes bereits diesen Standpunkt
einnimmt, und so lange dies nicht der Fall ist, wird ein Cabinet, welches
durch Bruch der amerikanischen Blockade die Südstaaten unabhängig macht,
der für einen so wichtigen Griff mehr als für irgend eine andere Maßregel
erforderlichen Stütze in der öffentlichen Meinung entbehren, seine Maschinerie
nur mit halber Kraft arbeiten.

Viertens, und das scheint uns der wichtigste Punkt von allen, ist es im
höchsten Grade wünschenswert!,, zunächst für England selbst, dann auch für
uns. daß die Nordamerikaner aus dem^jetzigen Conflict mit so wenig als
möglich Mißstimmung gegen ihre Vettern diesseits des Oceans hervortreten.
Unglücklicherweise existirt unter einer zahlreichen Klasse im Norden seit langem
schon viel übler Wille gegen England, und durch die natürliche Erregung,
die ein verzweifelter Bürgerkrieg hervorrief, ist diese Stimmung jedenfalls


derselben gewährten Unterstützung durch das Ausland zu erklären, so wird
er nie zugeben, daß die Lastrennung, der Conföderirten eine natürliche und
unwiderrufliche Beendigung des Streits gewesen sei, und den Streit wieder
aufnehmen, sobald politische Conjuncturen die Mächte, welche intervenirt. auf
einen andern Schauplatz rufen.

Drittens würde die englische Regierung bei einem Schritt wie der in
Rede stehende vermuthlich nicht wie bei der Trentaffairc die gestimmte Nation
hinter sich haben. Die öffentliche Meinung in England ist entschieden gegen
die Sklaverei, und eine Intervention in Amerika würde wie eine Beihilfe
zur Aufrichtung einer Sklavenhalterrepublik aussehen, da das sociale System
des Südens auf Sklaverei gegründet ist und die Föderalisten in Washington,
Boston und Neuyork alles Mögliche gethan haben, die Welt zu überzeugen,
daß ihre Kriegführung ein Kreuzzug gegen die Sklaverei sei. Daß Letzteres in
Wahrheit nicht der Fall ist, haben wir nachgerade eingesehen. Wir wissen,
daß die Partei im Norden, die für Befreiung der Neger kämpfen möchte,
nicbt die stärkste ist. das; sie in Washington nur wenige Vertreter hat und
daß namentlich der Präsident nicht den Muth besitzt, sich auf ihre Seite zu
stellen. Jede neue Nachricht aus dem politischen Centrum der Union, jede
neue Betrachtung der Lage der Dinge bestärkt in der Ansicht, daß die
Wiederherstellung der Union und nicht deren Zerfall in die jetzt kämpfen-
'den Hälften die Verewigung der Negerknechtschaft zur Folge haben würde,
und daß wir also nur von der Unabhängigkeit, nicht von der Niederlage des
Südens eine baldige Milderung und die schließliche Aufhebung jener „eigen¬
thümlichen Einrichtung" zu erwarten haben, die wir als Gegner aller Knecht¬
schaft verabscheuen. Auch in England wird dies von tiefer Blickenden ein¬
gesehen. Wir weisen nur auf die zahlreichen von uns hier benutzten Artikel
des „Economist" hin, welche diese Frage untersuchen. Allein es ist nicht an¬
zunehmen, daß die Mehrheit des englischen Volkes bereits diesen Standpunkt
einnimmt, und so lange dies nicht der Fall ist, wird ein Cabinet, welches
durch Bruch der amerikanischen Blockade die Südstaaten unabhängig macht,
der für einen so wichtigen Griff mehr als für irgend eine andere Maßregel
erforderlichen Stütze in der öffentlichen Meinung entbehren, seine Maschinerie
nur mit halber Kraft arbeiten.

Viertens, und das scheint uns der wichtigste Punkt von allen, ist es im
höchsten Grade wünschenswert!,, zunächst für England selbst, dann auch für
uns. daß die Nordamerikaner aus dem^jetzigen Conflict mit so wenig als
möglich Mißstimmung gegen ihre Vettern diesseits des Oceans hervortreten.
Unglücklicherweise existirt unter einer zahlreichen Klasse im Norden seit langem
schon viel übler Wille gegen England, und durch die natürliche Erregung,
die ein verzweifelter Bürgerkrieg hervorrief, ist diese Stimmung jedenfalls


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[0254] derselben gewährten Unterstützung durch das Ausland zu erklären, so wird er nie zugeben, daß die Lastrennung, der Conföderirten eine natürliche und unwiderrufliche Beendigung des Streits gewesen sei, und den Streit wieder aufnehmen, sobald politische Conjuncturen die Mächte, welche intervenirt. auf einen andern Schauplatz rufen. Drittens würde die englische Regierung bei einem Schritt wie der in Rede stehende vermuthlich nicht wie bei der Trentaffairc die gestimmte Nation hinter sich haben. Die öffentliche Meinung in England ist entschieden gegen die Sklaverei, und eine Intervention in Amerika würde wie eine Beihilfe zur Aufrichtung einer Sklavenhalterrepublik aussehen, da das sociale System des Südens auf Sklaverei gegründet ist und die Föderalisten in Washington, Boston und Neuyork alles Mögliche gethan haben, die Welt zu überzeugen, daß ihre Kriegführung ein Kreuzzug gegen die Sklaverei sei. Daß Letzteres in Wahrheit nicht der Fall ist, haben wir nachgerade eingesehen. Wir wissen, daß die Partei im Norden, die für Befreiung der Neger kämpfen möchte, nicbt die stärkste ist. das; sie in Washington nur wenige Vertreter hat und daß namentlich der Präsident nicht den Muth besitzt, sich auf ihre Seite zu stellen. Jede neue Nachricht aus dem politischen Centrum der Union, jede neue Betrachtung der Lage der Dinge bestärkt in der Ansicht, daß die Wiederherstellung der Union und nicht deren Zerfall in die jetzt kämpfen- 'den Hälften die Verewigung der Negerknechtschaft zur Folge haben würde, und daß wir also nur von der Unabhängigkeit, nicht von der Niederlage des Südens eine baldige Milderung und die schließliche Aufhebung jener „eigen¬ thümlichen Einrichtung" zu erwarten haben, die wir als Gegner aller Knecht¬ schaft verabscheuen. Auch in England wird dies von tiefer Blickenden ein¬ gesehen. Wir weisen nur auf die zahlreichen von uns hier benutzten Artikel des „Economist" hin, welche diese Frage untersuchen. Allein es ist nicht an¬ zunehmen, daß die Mehrheit des englischen Volkes bereits diesen Standpunkt einnimmt, und so lange dies nicht der Fall ist, wird ein Cabinet, welches durch Bruch der amerikanischen Blockade die Südstaaten unabhängig macht, der für einen so wichtigen Griff mehr als für irgend eine andere Maßregel erforderlichen Stütze in der öffentlichen Meinung entbehren, seine Maschinerie nur mit halber Kraft arbeiten. Viertens, und das scheint uns der wichtigste Punkt von allen, ist es im höchsten Grade wünschenswert!,, zunächst für England selbst, dann auch für uns. daß die Nordamerikaner aus dem^jetzigen Conflict mit so wenig als möglich Mißstimmung gegen ihre Vettern diesseits des Oceans hervortreten. Unglücklicherweise existirt unter einer zahlreichen Klasse im Norden seit langem schon viel übler Wille gegen England, und durch die natürliche Erregung, die ein verzweifelter Bürgerkrieg hervorrief, ist diese Stimmung jedenfalls

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/254>, abgerufen am 04.06.2024.