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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

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wußte es sich indessen leicht zu machen. indem das zu stellende Recrutencontin-
gcnt möglichst dem Territorium zugemessen, demselben wie früher auch die Stel¬
lung der Miliz (nur die Offiziere waren geborne Trichter) aufgebürdet, dagegen
aber einige Erleichterungen an den städtischen Abgaben und an dem Pachtzinse der
städtischen Grundstücke zugestanden wurden. In der Iüngstzcit aber stellten
die Väter der Stadt Triest diese Begünstigungen ganz oder theilweise ein,
während andrerseits die Militärbehörde die Miliz reorganisiren und zur Ei¬
desleistung zwingen wollte. Dieses führte zu höchst stürmischen Auftritten,
wobei die Milizen jede weitere Dienstleistung verweigerten und durch das
vollständige Nachgeben der Regierung nur mit Mühe zur Ruhe gebracht
wurden.

Durch die Vollendung der Eisenbahn hat übrigens die Vertheidigungs¬
fähigkeit der Stadt und ihres Gebietes wenigstens gegen Landungen ge¬
wonnen , indem die Garnison zu jeder Stunde um ein Beträchtliches verstärkt
werden kann. Leider nur ist diese Eisenbahn an mehreren Punkten dem
Feuer der außer dem Bereiche der Hasenbatterien vor Anker liegenden Schiffe
schutzlos ausgesetzt.

Mit Ausnahme von Polo, und einigen unbedeutenden Batterien bei Pi-
rano. Capodistria und Novigno, sowie auf den Quarnerischen Jseln ist die
Küste Jstriens gar nicht befestigt. An und für sich wären die Küsten dieses
armen Landes auch kaum der dadurch erwachsenden Kosten werth; aber die
zahlreichen und guten Häfen und Rheden und die Lage des Landes, welches
zur Operationsbasis für einen von der Seeseite gegen das Innere Oestreichs
vorrückenden Gegner wie geschaffen ist, machen den gesicherten Besitz Jstriens
wünschenswerth.

Pola, dessen Wichtigkeit nicht zu bestreiten ist, und welches nunmehr auch
wirklich einen besondern Grad von Festigkeit erreicht hat, dürfte im nächsten
Kriege wahrscheinlich eine bedeutende Rolle spielen und der Zufluchtsort der
östreichischen Kriegsmarine, zugleich aber eines der ersten Objecte eines feind¬
lichen Angriffes werden. Gegen einen Flottenangriff ist Pola allerdings ge¬
sichert, ebenso aus der Landseite gegen einen Sturmversuch, -- dagegen würde
eine förmliche Belagerung den Fall des Platzes in früherer oder späterer Zeit
herbeiführen, da der Entsatz nur spät und nicht in genügender Stärke heran¬
kommen kann. Denn die Vertheidigung des Landes, fast nur den sogenannten
mobilen Coloiincn -- aus Infanterie und leichten Geschützen bestehenden
Streifcorps -- zugewiesen, ist wegen der schlechten Beschaffenheit der Wege
und aus andern Ursachen schon höchst schwierig. Der Gegner kann Jstrien
auf beiden Seiten bedrohen, dadurch des Vertheidigers Kräfte und Aufmerk¬
samkeit theilen, nach bewirkter Landung aber sogleich festen Fuß fassen, sich
rasch ausbreiten und bis an den Monte Maggiore vordringend, von hier aus


wußte es sich indessen leicht zu machen. indem das zu stellende Recrutencontin-
gcnt möglichst dem Territorium zugemessen, demselben wie früher auch die Stel¬
lung der Miliz (nur die Offiziere waren geborne Trichter) aufgebürdet, dagegen
aber einige Erleichterungen an den städtischen Abgaben und an dem Pachtzinse der
städtischen Grundstücke zugestanden wurden. In der Iüngstzcit aber stellten
die Väter der Stadt Triest diese Begünstigungen ganz oder theilweise ein,
während andrerseits die Militärbehörde die Miliz reorganisiren und zur Ei¬
desleistung zwingen wollte. Dieses führte zu höchst stürmischen Auftritten,
wobei die Milizen jede weitere Dienstleistung verweigerten und durch das
vollständige Nachgeben der Regierung nur mit Mühe zur Ruhe gebracht
wurden.

Durch die Vollendung der Eisenbahn hat übrigens die Vertheidigungs¬
fähigkeit der Stadt und ihres Gebietes wenigstens gegen Landungen ge¬
wonnen , indem die Garnison zu jeder Stunde um ein Beträchtliches verstärkt
werden kann. Leider nur ist diese Eisenbahn an mehreren Punkten dem
Feuer der außer dem Bereiche der Hasenbatterien vor Anker liegenden Schiffe
schutzlos ausgesetzt.

Mit Ausnahme von Polo, und einigen unbedeutenden Batterien bei Pi-
rano. Capodistria und Novigno, sowie auf den Quarnerischen Jseln ist die
Küste Jstriens gar nicht befestigt. An und für sich wären die Küsten dieses
armen Landes auch kaum der dadurch erwachsenden Kosten werth; aber die
zahlreichen und guten Häfen und Rheden und die Lage des Landes, welches
zur Operationsbasis für einen von der Seeseite gegen das Innere Oestreichs
vorrückenden Gegner wie geschaffen ist, machen den gesicherten Besitz Jstriens
wünschenswerth.

Pola, dessen Wichtigkeit nicht zu bestreiten ist, und welches nunmehr auch
wirklich einen besondern Grad von Festigkeit erreicht hat, dürfte im nächsten
Kriege wahrscheinlich eine bedeutende Rolle spielen und der Zufluchtsort der
östreichischen Kriegsmarine, zugleich aber eines der ersten Objecte eines feind¬
lichen Angriffes werden. Gegen einen Flottenangriff ist Pola allerdings ge¬
sichert, ebenso aus der Landseite gegen einen Sturmversuch, — dagegen würde
eine förmliche Belagerung den Fall des Platzes in früherer oder späterer Zeit
herbeiführen, da der Entsatz nur spät und nicht in genügender Stärke heran¬
kommen kann. Denn die Vertheidigung des Landes, fast nur den sogenannten
mobilen Coloiincn — aus Infanterie und leichten Geschützen bestehenden
Streifcorps — zugewiesen, ist wegen der schlechten Beschaffenheit der Wege
und aus andern Ursachen schon höchst schwierig. Der Gegner kann Jstrien
auf beiden Seiten bedrohen, dadurch des Vertheidigers Kräfte und Aufmerk¬
samkeit theilen, nach bewirkter Landung aber sogleich festen Fuß fassen, sich
rasch ausbreiten und bis an den Monte Maggiore vordringend, von hier aus


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/26>, abgerufen am 12.05.2024.