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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

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des östreichischen Lloyd zu erwähnen, auf welchen auch bereits mehrere statt¬
liche Kriegsschiffe gebaut wurden.

Die Befestigung dieser Küstenstrecke und insbesondere der Stadt Trieft
selbst läßt aber noch Vieles zu wünschen übrig. Zwar hat der Versuch einer
Landung aus dem sogenannten Territorium der Stadt nur wenig Aussicht
auf Erfolg, und es würde ein solches Unternehmen selbst in dem Falle des
Gelingens dem Feinde nur geringen Nutzen gewähren, da derselbe keinen Platz
zur Entwicklung finden, Mangel an Lebensmitteln haben und mit leichter
Mühe von den über den Karst herabsteigenden östreichischen Truppen zur
Flucht auf seine Schiffe gezwungen werden würde. Aber die auf der Rhede
von Trieft und in den anliegenden Buchten von Serpvla und Muggia vor
Anker liegenden Schiffe und die Stadt selbst mit allen ihren Vorräthen und
Waarenspeichnn sind einem feindlichen Handstreiche oder wenigstens einem Bom¬
bardement nur zu sehr ausgesetzt.

Die Bevölkerung dieses Gebietes zerfällt in zwei wesentlich verschiedene
Theile, in die slawischen Landbewohner im Territorium und die aus Ita¬
lienern, Slaven, Deutschen, Griechen und Juden gemischte Bevölkerung der
Stadt. Erstere steht im Rufe einer großen Opferwilligkeit und Treue, und
es hat die sogenannte Territorialmiliz sich bisher immer von gutem Geiste
beseelt gezeigt. Allein die im letzten Sommer vorgefallenen Ereignisse haben
bewiesen, daß auch diese Bereitwilligkeit aufhören könne. Die Stadtbewohner
sind im Allgemeinen ^-- einige Italiener abgerechnet -- der östreichischen Ne¬
gierung so ziemlich ergeben und haben auch alle Ursache dazu, da sie recht
gut einsehen, daß Trieft unter einer andern Regierung Vieles von seiner ge¬
genwärtigen Wichtigkeit, zum Mindesten aber einige seiner Privilegien ver¬
lieren würde; doch ist diese Ergebenheit nur von geringem reellen Werthe,
sie ist eben nur die Ergebenheit conservativer Geldmänner, welche des ruhi¬
gen Besitzes ihrer Reichthümer willen zwar jede Revolution verabscheuen,
aber auch im gerechtesten Kriege die Sache ihres Landes nur lau und zag-
haft unterstützen.

Ehemals war Triest von der Recrutirung gänzlich befreit und hatte da¬
für nur das erwähnte Territorialmilizbataillon aufzustellen. Die Mannschaft
dieser Truppe bezieht -- außer im strengsten Kriegsdienste -- keinen Sold,
sondern nur Waffen und Munition. steht außer Dienst unter den bürgerlichen
Gesetzen, ist aber trotz der Nichtablegung des Fahneneides zur steten Be¬
reitschaft sowohl für den innern Dienst als gegen äußere Feinde verpflichtet.
Mit der Zunahme der Bevölkerung verringerte man auch nach und nach die
Recrutirungsbesteiung, und in letzter Zeit wurde die Miliz mir dem halben
auf die Stadt entfallenden Recrutencontingente gleichgeachtet.

Der Magistrat der Stadt, in der echten Weise mittelalterlicher Patrizier,


Grenzboten I. 1862 3

des östreichischen Lloyd zu erwähnen, auf welchen auch bereits mehrere statt¬
liche Kriegsschiffe gebaut wurden.

Die Befestigung dieser Küstenstrecke und insbesondere der Stadt Trieft
selbst läßt aber noch Vieles zu wünschen übrig. Zwar hat der Versuch einer
Landung aus dem sogenannten Territorium der Stadt nur wenig Aussicht
auf Erfolg, und es würde ein solches Unternehmen selbst in dem Falle des
Gelingens dem Feinde nur geringen Nutzen gewähren, da derselbe keinen Platz
zur Entwicklung finden, Mangel an Lebensmitteln haben und mit leichter
Mühe von den über den Karst herabsteigenden östreichischen Truppen zur
Flucht auf seine Schiffe gezwungen werden würde. Aber die auf der Rhede
von Trieft und in den anliegenden Buchten von Serpvla und Muggia vor
Anker liegenden Schiffe und die Stadt selbst mit allen ihren Vorräthen und
Waarenspeichnn sind einem feindlichen Handstreiche oder wenigstens einem Bom¬
bardement nur zu sehr ausgesetzt.

Die Bevölkerung dieses Gebietes zerfällt in zwei wesentlich verschiedene
Theile, in die slawischen Landbewohner im Territorium und die aus Ita¬
lienern, Slaven, Deutschen, Griechen und Juden gemischte Bevölkerung der
Stadt. Erstere steht im Rufe einer großen Opferwilligkeit und Treue, und
es hat die sogenannte Territorialmiliz sich bisher immer von gutem Geiste
beseelt gezeigt. Allein die im letzten Sommer vorgefallenen Ereignisse haben
bewiesen, daß auch diese Bereitwilligkeit aufhören könne. Die Stadtbewohner
sind im Allgemeinen ^— einige Italiener abgerechnet — der östreichischen Ne¬
gierung so ziemlich ergeben und haben auch alle Ursache dazu, da sie recht
gut einsehen, daß Trieft unter einer andern Regierung Vieles von seiner ge¬
genwärtigen Wichtigkeit, zum Mindesten aber einige seiner Privilegien ver¬
lieren würde; doch ist diese Ergebenheit nur von geringem reellen Werthe,
sie ist eben nur die Ergebenheit conservativer Geldmänner, welche des ruhi¬
gen Besitzes ihrer Reichthümer willen zwar jede Revolution verabscheuen,
aber auch im gerechtesten Kriege die Sache ihres Landes nur lau und zag-
haft unterstützen.

Ehemals war Triest von der Recrutirung gänzlich befreit und hatte da¬
für nur das erwähnte Territorialmilizbataillon aufzustellen. Die Mannschaft
dieser Truppe bezieht — außer im strengsten Kriegsdienste — keinen Sold,
sondern nur Waffen und Munition. steht außer Dienst unter den bürgerlichen
Gesetzen, ist aber trotz der Nichtablegung des Fahneneides zur steten Be¬
reitschaft sowohl für den innern Dienst als gegen äußere Feinde verpflichtet.
Mit der Zunahme der Bevölkerung verringerte man auch nach und nach die
Recrutirungsbesteiung, und in letzter Zeit wurde die Miliz mir dem halben
auf die Stadt entfallenden Recrutencontingente gleichgeachtet.

Der Magistrat der Stadt, in der echten Weise mittelalterlicher Patrizier,


Grenzboten I. 1862 3
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[0025] des östreichischen Lloyd zu erwähnen, auf welchen auch bereits mehrere statt¬ liche Kriegsschiffe gebaut wurden. Die Befestigung dieser Küstenstrecke und insbesondere der Stadt Trieft selbst läßt aber noch Vieles zu wünschen übrig. Zwar hat der Versuch einer Landung aus dem sogenannten Territorium der Stadt nur wenig Aussicht auf Erfolg, und es würde ein solches Unternehmen selbst in dem Falle des Gelingens dem Feinde nur geringen Nutzen gewähren, da derselbe keinen Platz zur Entwicklung finden, Mangel an Lebensmitteln haben und mit leichter Mühe von den über den Karst herabsteigenden östreichischen Truppen zur Flucht auf seine Schiffe gezwungen werden würde. Aber die auf der Rhede von Trieft und in den anliegenden Buchten von Serpvla und Muggia vor Anker liegenden Schiffe und die Stadt selbst mit allen ihren Vorräthen und Waarenspeichnn sind einem feindlichen Handstreiche oder wenigstens einem Bom¬ bardement nur zu sehr ausgesetzt. Die Bevölkerung dieses Gebietes zerfällt in zwei wesentlich verschiedene Theile, in die slawischen Landbewohner im Territorium und die aus Ita¬ lienern, Slaven, Deutschen, Griechen und Juden gemischte Bevölkerung der Stadt. Erstere steht im Rufe einer großen Opferwilligkeit und Treue, und es hat die sogenannte Territorialmiliz sich bisher immer von gutem Geiste beseelt gezeigt. Allein die im letzten Sommer vorgefallenen Ereignisse haben bewiesen, daß auch diese Bereitwilligkeit aufhören könne. Die Stadtbewohner sind im Allgemeinen ^— einige Italiener abgerechnet — der östreichischen Ne¬ gierung so ziemlich ergeben und haben auch alle Ursache dazu, da sie recht gut einsehen, daß Trieft unter einer andern Regierung Vieles von seiner ge¬ genwärtigen Wichtigkeit, zum Mindesten aber einige seiner Privilegien ver¬ lieren würde; doch ist diese Ergebenheit nur von geringem reellen Werthe, sie ist eben nur die Ergebenheit conservativer Geldmänner, welche des ruhi¬ gen Besitzes ihrer Reichthümer willen zwar jede Revolution verabscheuen, aber auch im gerechtesten Kriege die Sache ihres Landes nur lau und zag- haft unterstützen. Ehemals war Triest von der Recrutirung gänzlich befreit und hatte da¬ für nur das erwähnte Territorialmilizbataillon aufzustellen. Die Mannschaft dieser Truppe bezieht — außer im strengsten Kriegsdienste — keinen Sold, sondern nur Waffen und Munition. steht außer Dienst unter den bürgerlichen Gesetzen, ist aber trotz der Nichtablegung des Fahneneides zur steten Be¬ reitschaft sowohl für den innern Dienst als gegen äußere Feinde verpflichtet. Mit der Zunahme der Bevölkerung verringerte man auch nach und nach die Recrutirungsbesteiung, und in letzter Zeit wurde die Miliz mir dem halben auf die Stadt entfallenden Recrutencontingente gleichgeachtet. Der Magistrat der Stadt, in der echten Weise mittelalterlicher Patrizier, Grenzboten I. 1862 3

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/25>, abgerufen am 12.05.2024.