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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

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vorher Trüffeln gewachsen waren. Eine der^sichersten Methoden zur Züchtung
der Trüffeln hat in Mittelsrankreich der Zufall und die Erfahrung kennen ge¬
lehrt. Wird aus kahlem, sterilem Kalkboden der Landschaften an der mittleren
und unteren Loire eine Eichenpflanzung angelegt, so sinden sich in dem künst¬
lichen Wäldchen nach einer Reese von Jahren zuverlässig Trüffeln, ohne daß
irgend welche künstliche Aussaat derselben erfolgt wäre. Zu der Umgegend
von Loudun hat dieses Verfahren eine sehr ausgedehnte Anwendung gesun¬
den. Man säet auf dürres ertragloses Weide- oder Haideland Eicheln. Die
aufsprossenden Bäume werden im lichten Stand gehalten. Schon acht bis
zehn Jahre nach der Aussaat erntet man Trüffeln in diesen Gehölzen, mit
stets steigender Ausbeute, wenn durch zweckmäßige Durchforstung Sorge getra¬
gen wird, daß die heranwachsenden Bäume den Boden nicht aUzudlcht be-
schatten. -- Vielleicht erweist sich diese Bewaldung kahler Stellen auch in
Deutschland an manchen Orten einträglich; vielleicht vermittelt sie einst die
Wiederbetleidung der jetzt trostlos kahlen Rücken der Kalkhügel des niederen
Thüringens und des mittleren Böhmens.

Ueber die Verwendung der Trüffeln nur wenige Worte. Da wo sie am häufig¬
sten sind, werden sie vielfach unmittelbar als Soc>>e genossen: roh, geschält und in
feine Scheiben geschnitten als Grundlage eines Salats (ein schon von Juvenal ge¬
priesenes Gericht); in der Kaffeetrommel leicht.geröstet; in Wem gedünstet. Ihre
Seltenheit und Kostspieligkeit in Deutschland, verbunden mit dem Umstände,
daß bei jener Verspeisung das Arom des Pilzes bei Weitem nicht vollständig
ausgebeutet wird, lassen diese Zubereitung der Trüffeln für uus als nicht zu
rechtfertigenden Luxus erscheinen. Wir werden ste vorzugsweise als Gewürz
anzuwenden haben. Dabei sind zwei Regeln zu befolgen: mau nehme nicht
zu wenig Trüffeln und man sorge dafür, daß das flüchtige Arom derfelben
nicht entweiche. Diese letztere Aufgabe ist bei deu ftraßburger Pasteten durch
den luftdichten Verschluß der Terrinen, bei den Lyoner, mit Trüffeln ausge¬
stopfte" Truthühnern und Kapaunen durch die dicke, den Vogel umhüllende
Schicht von Fett gelöst. Im Hause wird man Fleisch aller An am zweck¬
mäßigsten in der Weise alt dem Arom der Trüffeln lmprägnuen, daß man
es mit zerschnittenen frischen Trüffeln in gut schließenden Blechbehältern ohne
überflüssigen Raum so lange einschließt, als die Kühle der Jahreszeit es
verstattet.

Der Duft der Trüffeln verflüchtigt sich mit der größten Leichtigkeit. Eine
angeschnittene frische Trüffel, frei hingelegt, verliert ihren Wohlgeruch fast
volijiändig binnen 48 Stunden. Werden frische Trüffeln zerschnitten mit
Wasser in die Destilirblcise gebracht und einer sehr mäßigen, noch nicht bis
zum Siedepunkte steigenden Wärme ausgesetzt, so enthält das übergegangene
Wasser allen charakteristischen Geruch der Trüffeln, die Stücke dieser selbst


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vorher Trüffeln gewachsen waren. Eine der^sichersten Methoden zur Züchtung
der Trüffeln hat in Mittelsrankreich der Zufall und die Erfahrung kennen ge¬
lehrt. Wird aus kahlem, sterilem Kalkboden der Landschaften an der mittleren
und unteren Loire eine Eichenpflanzung angelegt, so sinden sich in dem künst¬
lichen Wäldchen nach einer Reese von Jahren zuverlässig Trüffeln, ohne daß
irgend welche künstliche Aussaat derselben erfolgt wäre. Zu der Umgegend
von Loudun hat dieses Verfahren eine sehr ausgedehnte Anwendung gesun¬
den. Man säet auf dürres ertragloses Weide- oder Haideland Eicheln. Die
aufsprossenden Bäume werden im lichten Stand gehalten. Schon acht bis
zehn Jahre nach der Aussaat erntet man Trüffeln in diesen Gehölzen, mit
stets steigender Ausbeute, wenn durch zweckmäßige Durchforstung Sorge getra¬
gen wird, daß die heranwachsenden Bäume den Boden nicht aUzudlcht be-
schatten. — Vielleicht erweist sich diese Bewaldung kahler Stellen auch in
Deutschland an manchen Orten einträglich; vielleicht vermittelt sie einst die
Wiederbetleidung der jetzt trostlos kahlen Rücken der Kalkhügel des niederen
Thüringens und des mittleren Böhmens.

Ueber die Verwendung der Trüffeln nur wenige Worte. Da wo sie am häufig¬
sten sind, werden sie vielfach unmittelbar als Soc>>e genossen: roh, geschält und in
feine Scheiben geschnitten als Grundlage eines Salats (ein schon von Juvenal ge¬
priesenes Gericht); in der Kaffeetrommel leicht.geröstet; in Wem gedünstet. Ihre
Seltenheit und Kostspieligkeit in Deutschland, verbunden mit dem Umstände,
daß bei jener Verspeisung das Arom des Pilzes bei Weitem nicht vollständig
ausgebeutet wird, lassen diese Zubereitung der Trüffeln für uus als nicht zu
rechtfertigenden Luxus erscheinen. Wir werden ste vorzugsweise als Gewürz
anzuwenden haben. Dabei sind zwei Regeln zu befolgen: mau nehme nicht
zu wenig Trüffeln und man sorge dafür, daß das flüchtige Arom derfelben
nicht entweiche. Diese letztere Aufgabe ist bei deu ftraßburger Pasteten durch
den luftdichten Verschluß der Terrinen, bei den Lyoner, mit Trüffeln ausge¬
stopfte» Truthühnern und Kapaunen durch die dicke, den Vogel umhüllende
Schicht von Fett gelöst. Im Hause wird man Fleisch aller An am zweck¬
mäßigsten in der Weise alt dem Arom der Trüffeln lmprägnuen, daß man
es mit zerschnittenen frischen Trüffeln in gut schließenden Blechbehältern ohne
überflüssigen Raum so lange einschließt, als die Kühle der Jahreszeit es
verstattet.

Der Duft der Trüffeln verflüchtigt sich mit der größten Leichtigkeit. Eine
angeschnittene frische Trüffel, frei hingelegt, verliert ihren Wohlgeruch fast
volijiändig binnen 48 Stunden. Werden frische Trüffeln zerschnitten mit
Wasser in die Destilirblcise gebracht und einer sehr mäßigen, noch nicht bis
zum Siedepunkte steigenden Wärme ausgesetzt, so enthält das übergegangene
Wasser allen charakteristischen Geruch der Trüffeln, die Stücke dieser selbst


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[0275] vorher Trüffeln gewachsen waren. Eine der^sichersten Methoden zur Züchtung der Trüffeln hat in Mittelsrankreich der Zufall und die Erfahrung kennen ge¬ lehrt. Wird aus kahlem, sterilem Kalkboden der Landschaften an der mittleren und unteren Loire eine Eichenpflanzung angelegt, so sinden sich in dem künst¬ lichen Wäldchen nach einer Reese von Jahren zuverlässig Trüffeln, ohne daß irgend welche künstliche Aussaat derselben erfolgt wäre. Zu der Umgegend von Loudun hat dieses Verfahren eine sehr ausgedehnte Anwendung gesun¬ den. Man säet auf dürres ertragloses Weide- oder Haideland Eicheln. Die aufsprossenden Bäume werden im lichten Stand gehalten. Schon acht bis zehn Jahre nach der Aussaat erntet man Trüffeln in diesen Gehölzen, mit stets steigender Ausbeute, wenn durch zweckmäßige Durchforstung Sorge getra¬ gen wird, daß die heranwachsenden Bäume den Boden nicht aUzudlcht be- schatten. — Vielleicht erweist sich diese Bewaldung kahler Stellen auch in Deutschland an manchen Orten einträglich; vielleicht vermittelt sie einst die Wiederbetleidung der jetzt trostlos kahlen Rücken der Kalkhügel des niederen Thüringens und des mittleren Böhmens. Ueber die Verwendung der Trüffeln nur wenige Worte. Da wo sie am häufig¬ sten sind, werden sie vielfach unmittelbar als Soc>>e genossen: roh, geschält und in feine Scheiben geschnitten als Grundlage eines Salats (ein schon von Juvenal ge¬ priesenes Gericht); in der Kaffeetrommel leicht.geröstet; in Wem gedünstet. Ihre Seltenheit und Kostspieligkeit in Deutschland, verbunden mit dem Umstände, daß bei jener Verspeisung das Arom des Pilzes bei Weitem nicht vollständig ausgebeutet wird, lassen diese Zubereitung der Trüffeln für uus als nicht zu rechtfertigenden Luxus erscheinen. Wir werden ste vorzugsweise als Gewürz anzuwenden haben. Dabei sind zwei Regeln zu befolgen: mau nehme nicht zu wenig Trüffeln und man sorge dafür, daß das flüchtige Arom derfelben nicht entweiche. Diese letztere Aufgabe ist bei deu ftraßburger Pasteten durch den luftdichten Verschluß der Terrinen, bei den Lyoner, mit Trüffeln ausge¬ stopfte» Truthühnern und Kapaunen durch die dicke, den Vogel umhüllende Schicht von Fett gelöst. Im Hause wird man Fleisch aller An am zweck¬ mäßigsten in der Weise alt dem Arom der Trüffeln lmprägnuen, daß man es mit zerschnittenen frischen Trüffeln in gut schließenden Blechbehältern ohne überflüssigen Raum so lange einschließt, als die Kühle der Jahreszeit es verstattet. Der Duft der Trüffeln verflüchtigt sich mit der größten Leichtigkeit. Eine angeschnittene frische Trüffel, frei hingelegt, verliert ihren Wohlgeruch fast volijiändig binnen 48 Stunden. Werden frische Trüffeln zerschnitten mit Wasser in die Destilirblcise gebracht und einer sehr mäßigen, noch nicht bis zum Siedepunkte steigenden Wärme ausgesetzt, so enthält das übergegangene Wasser allen charakteristischen Geruch der Trüffeln, die Stücke dieser selbst 34*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/275>, abgerufen am 06.06.2024.