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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

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sind geruchlos geworden. In dieser Eigenschaft des Aroms der Trüffeln ist die
große Schwierigkeit ihrer Aufbewahrung begründet. Die eingesetzten Trüffeln,
welche aus Frankreich in den Handel kamen, sind nach der theoretisch völlig
genügenden Appertschen Methode behandelt: in leicht verstöpfelten, weithalsi-
gen Glasflaschen im eigenen Dunste oder in Wein, oder in Oel gekocht, die
Flaschen dann vor dem Erkalten luftdicht verschlossen. Die praktische Aus-
führung des Verschlusses ist aber eine ganz unzureichende. Man beschränkt
sich darauf, den mit einem schlechten Pfropfen verschlossenen Flaschenhals in
geschmolzenen Flaschenlack zu tauchen. Der Lack splittert ganz gewöhnlich
beim Transport; es entsteht eine wenn auch enge Verbindung des Innen-
raums des Gefäßes mit der äußeren Luft, und das Arom verfliegt. Alle
uns vorgekommenen conservirten Perigord-Trüffeln waren geruch- und so¬
mit werthlos. Mit Sicherheit sind nur frische Trüffeln zu brauchen. Dafern
solche völlig unverletzt hob, und in trocknem Sande kühl aufbewahrt werden,
erhalten sie sich, ziemlich .lange: eine Frist von drei Wochen dürste nicht zu
hoch gegriffen sein.

Vor allen kryptogamischen Gewächsen haben die Trüffeln -- dies am
Schlüsse unserer langen Besprechung zu deren Entschuldigung -- die größte
nationalökonomische Wichtigkeit. Die Trüffelproduction Frankreichs ist sehr
bedeutend. Eine allgemeine Abschätzung erlauben die vorliegenden Daten
zwar nicht; einige Einzelbeispiele aber veranschaulichen sehr deutlich die Höhe
des Ertrages. Das kleine Departement Vaucluse (mit V" seiner Grundfläche
unbebauten Boden) liefert nach einer auf den mäßigsten Ansätzen beruhenden Rech¬
nung jährlich mehr als 60000 Pfund frischer Trüffeln; nilein im Städtchen Apt
kommt während eines Winters die Hälfte dieser Quantität auf dem Markte
zum Verkaufe, zu einem Preise, der nicht unter 2 Francs pro Pfund füllt, oft
erheblich höher ist. Der Jahresertrag an Trüffeln eines künstlich bewaldeten
Areals von nur 90 Ellen im Quadrat bei Cirny wird auf 100 Francs ver¬
anschlagt. -- Noch weniger Genaues läßt sich über den Umfang der deutschen
Trüffelernte ermitteln. Da indeß angenommen werden muß, daß der ganze
Bedarf der deutschen großen Städte an frischen Trüffeln durch in Deutschland
gewachsene Trüffeln gedeckt wird, so ist der Schluß gerechtfertigt, daß auch
bei uns der Ertrag kein geringfügiger ist. Der Consum eines. Winters einer
Mittelstadt wie Leipzig kann nach uns gewordenen glaubhaften Mittheilungen
nicht niedriger, als zu 900 Pfund veranschlagt werden; er ist muthmaßlich
beträchtlich höher. Und dabei wolle man nicht übersehen, daß die Trüffelernte
in Deutschland unzweifelhaft einer sehr bedeutenden Steigerung, fähig ist.


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sind geruchlos geworden. In dieser Eigenschaft des Aroms der Trüffeln ist die
große Schwierigkeit ihrer Aufbewahrung begründet. Die eingesetzten Trüffeln,
welche aus Frankreich in den Handel kamen, sind nach der theoretisch völlig
genügenden Appertschen Methode behandelt: in leicht verstöpfelten, weithalsi-
gen Glasflaschen im eigenen Dunste oder in Wein, oder in Oel gekocht, die
Flaschen dann vor dem Erkalten luftdicht verschlossen. Die praktische Aus-
führung des Verschlusses ist aber eine ganz unzureichende. Man beschränkt
sich darauf, den mit einem schlechten Pfropfen verschlossenen Flaschenhals in
geschmolzenen Flaschenlack zu tauchen. Der Lack splittert ganz gewöhnlich
beim Transport; es entsteht eine wenn auch enge Verbindung des Innen-
raums des Gefäßes mit der äußeren Luft, und das Arom verfliegt. Alle
uns vorgekommenen conservirten Perigord-Trüffeln waren geruch- und so¬
mit werthlos. Mit Sicherheit sind nur frische Trüffeln zu brauchen. Dafern
solche völlig unverletzt hob, und in trocknem Sande kühl aufbewahrt werden,
erhalten sie sich, ziemlich .lange: eine Frist von drei Wochen dürste nicht zu
hoch gegriffen sein.

Vor allen kryptogamischen Gewächsen haben die Trüffeln — dies am
Schlüsse unserer langen Besprechung zu deren Entschuldigung — die größte
nationalökonomische Wichtigkeit. Die Trüffelproduction Frankreichs ist sehr
bedeutend. Eine allgemeine Abschätzung erlauben die vorliegenden Daten
zwar nicht; einige Einzelbeispiele aber veranschaulichen sehr deutlich die Höhe
des Ertrages. Das kleine Departement Vaucluse (mit V» seiner Grundfläche
unbebauten Boden) liefert nach einer auf den mäßigsten Ansätzen beruhenden Rech¬
nung jährlich mehr als 60000 Pfund frischer Trüffeln; nilein im Städtchen Apt
kommt während eines Winters die Hälfte dieser Quantität auf dem Markte
zum Verkaufe, zu einem Preise, der nicht unter 2 Francs pro Pfund füllt, oft
erheblich höher ist. Der Jahresertrag an Trüffeln eines künstlich bewaldeten
Areals von nur 90 Ellen im Quadrat bei Cirny wird auf 100 Francs ver¬
anschlagt. — Noch weniger Genaues läßt sich über den Umfang der deutschen
Trüffelernte ermitteln. Da indeß angenommen werden muß, daß der ganze
Bedarf der deutschen großen Städte an frischen Trüffeln durch in Deutschland
gewachsene Trüffeln gedeckt wird, so ist der Schluß gerechtfertigt, daß auch
bei uns der Ertrag kein geringfügiger ist. Der Consum eines. Winters einer
Mittelstadt wie Leipzig kann nach uns gewordenen glaubhaften Mittheilungen
nicht niedriger, als zu 900 Pfund veranschlagt werden; er ist muthmaßlich
beträchtlich höher. Und dabei wolle man nicht übersehen, daß die Trüffelernte
in Deutschland unzweifelhaft einer sehr bedeutenden Steigerung, fähig ist.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/276>, abgerufen am 12.05.2024.