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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

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trachten, in der sich, gleichviel auf welchem Gebiete, der nationale Fortschritt
zu vollziehen habe, sich von ihrem Standpunkte aus beklagen, daß Preu¬
ßen diesen bei der Schöpfung der allgemeinen deutschen Wechselordnung mit
so großem Erfolg betretenen Wege grade in einer so hochwichtigen Angele¬
genheit verlassen und durch Beschickung einer vom Bundestage zur Schöpfung
einer einheitlichen Gesetzgebung ausgeschriebenen Conferenz dem entgegenge-
setzten Principe gewissermaßen eine Concession gemacht habe.

Indessen läßt sich denjenigen, die um die Wahrung der constitutionellen
Rechte der Kammern in den Einzelstaaten voll Sorge sind, erwiedern, daß,
wo es sich um die nationale Einigung auf irgend welchem Gebiete handelt,
dem Patrioten schwerlich ein Opfer zu groß scheinen darf und daß übrigens
die deutsche Handelswelt es ihnen sicher keinen Dank wissen würde, wenn sie
das dargebotene Geschenk eines allgemeinen deutschen Handelsreches blos um
constitutioneller Bedenken willen ablehnen wollten.

Die Anderen aber, denen vor Allem der preußische Standpunkt am Her¬
zen liegt, mögen sich damit beruhigen, daß Preußens Verdienst um das Zu¬
standekommen des allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuchs nicht geringer als
um die Schöpfung der allgemeinen deutschen Wechselordnung und der ge-
sammten deutschen Nachdrucksgesetzgebung, glso alles dessen ist, was die Deut-
sehen überhaupt seit langer Zeit Gemeinsames auf dem Gebiete des Privat¬
rechts geschaffen haben. Gleich dem der Wechselconferenz im I. 1847 zu Grunde
gelegten Entwürfe ist auch der Entwurf, der dem A.D. H.G.P, zur Grund¬
lage gedient hat, von preußischen Rechtsgelehrten verfaßt, es ist serner der
Zusammentritt der Nürnberger Conferenz nicht minder als der Leipziger Con¬
ferenz hauptsächlich von Preußen betrieben; es ist weiter Preußens Com-
missär bei der Conferenz von derselben mit der wichtigen Rolle des Referen¬
ten betraut, und endlich ist das neue Gesetzbuch in Preußen zuerst und zwar
unter ausdrücklicher Betonung der Wichtigkeit dieses Schrittes für die Sache
der nationalen Einigung -- von den Kammern einstimmig angenommen wor¬
den. Preußens Rolle ist daher auch hierbei eine so große und segensreiche
gewesen, daß ihm der aufrichtigste Dank aller derer gebührt, die in der na¬
tionalen Einigung der Deutschen aus dem Gebiete des Rechtes den Vorläufer
der Einigung auch auf anderen Gebieten erblicken. Aber auch der Dank
derer ist ihm gewiß, die, von allen dergleichen Erwägungen absehend, lediglich
die Sache selbst im Auge haben und sich darauf beschränken, das allgemeine
deutsche Handelsgesetzbuch ausschließlich vom Standpunkte des praktischen
Geschäftsmannes zu prüfen.

Die nachstehenden Zeilen sind dazu bestimmt, von diesem Gesichtspunkte
aus den Lesern dieser Blätter einen kurzen Umriß des Inhalts dieses wich¬
tigen Gesetzeswelkes zu geben.


trachten, in der sich, gleichviel auf welchem Gebiete, der nationale Fortschritt
zu vollziehen habe, sich von ihrem Standpunkte aus beklagen, daß Preu¬
ßen diesen bei der Schöpfung der allgemeinen deutschen Wechselordnung mit
so großem Erfolg betretenen Wege grade in einer so hochwichtigen Angele¬
genheit verlassen und durch Beschickung einer vom Bundestage zur Schöpfung
einer einheitlichen Gesetzgebung ausgeschriebenen Conferenz dem entgegenge-
setzten Principe gewissermaßen eine Concession gemacht habe.

Indessen läßt sich denjenigen, die um die Wahrung der constitutionellen
Rechte der Kammern in den Einzelstaaten voll Sorge sind, erwiedern, daß,
wo es sich um die nationale Einigung auf irgend welchem Gebiete handelt,
dem Patrioten schwerlich ein Opfer zu groß scheinen darf und daß übrigens
die deutsche Handelswelt es ihnen sicher keinen Dank wissen würde, wenn sie
das dargebotene Geschenk eines allgemeinen deutschen Handelsreches blos um
constitutioneller Bedenken willen ablehnen wollten.

Die Anderen aber, denen vor Allem der preußische Standpunkt am Her¬
zen liegt, mögen sich damit beruhigen, daß Preußens Verdienst um das Zu¬
standekommen des allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuchs nicht geringer als
um die Schöpfung der allgemeinen deutschen Wechselordnung und der ge-
sammten deutschen Nachdrucksgesetzgebung, glso alles dessen ist, was die Deut-
sehen überhaupt seit langer Zeit Gemeinsames auf dem Gebiete des Privat¬
rechts geschaffen haben. Gleich dem der Wechselconferenz im I. 1847 zu Grunde
gelegten Entwürfe ist auch der Entwurf, der dem A.D. H.G.P, zur Grund¬
lage gedient hat, von preußischen Rechtsgelehrten verfaßt, es ist serner der
Zusammentritt der Nürnberger Conferenz nicht minder als der Leipziger Con¬
ferenz hauptsächlich von Preußen betrieben; es ist weiter Preußens Com-
missär bei der Conferenz von derselben mit der wichtigen Rolle des Referen¬
ten betraut, und endlich ist das neue Gesetzbuch in Preußen zuerst und zwar
unter ausdrücklicher Betonung der Wichtigkeit dieses Schrittes für die Sache
der nationalen Einigung — von den Kammern einstimmig angenommen wor¬
den. Preußens Rolle ist daher auch hierbei eine so große und segensreiche
gewesen, daß ihm der aufrichtigste Dank aller derer gebührt, die in der na¬
tionalen Einigung der Deutschen aus dem Gebiete des Rechtes den Vorläufer
der Einigung auch auf anderen Gebieten erblicken. Aber auch der Dank
derer ist ihm gewiß, die, von allen dergleichen Erwägungen absehend, lediglich
die Sache selbst im Auge haben und sich darauf beschränken, das allgemeine
deutsche Handelsgesetzbuch ausschließlich vom Standpunkte des praktischen
Geschäftsmannes zu prüfen.

Die nachstehenden Zeilen sind dazu bestimmt, von diesem Gesichtspunkte
aus den Lesern dieser Blätter einen kurzen Umriß des Inhalts dieses wich¬
tigen Gesetzeswelkes zu geben.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/290>, abgerufen am 13.05.2024.