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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

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Ueber die Entstehung des A. D.H. G.B- sei hier nur so viel bemerkt,
daß, nachdem die würtenbergische Regierung bereits früher die Anbahnung
einer gemeinsamen Handelsgesctzgebung wiederholt befürwortet, auch eine vom
Reichsministerium der Justiz zu diesem Zwecke ernannte Commission dahinzielende
Vorschlage im Jahre 1849 ausgearbeitet hatte, die preußische Regierung sich
zuerst wieder der Sache praktisch annahm, indem sie durch juristische Com¬
missarien unter Zuziehung von Sachverständigen einen Entwurf zu einem
H.G.B, ausarbeiten ließ, der im Jahre 1856 in der Hauptsache vollendet
war und um so eher als geeignete Grundlage einer gemeinsamen deutschen
Handelsgesetzgebung betrachtet werden konnte, als dabei die Hauptelemente
der in Deutschland überhaupt geltenden Rechte, nämlich das gemeine Recht,
das preußische Landrecht und das in den Ländern des französischen Rechtes
geltende System gleichzeitig berücksichtigt worden waren. In dessen Ge¬
mäßheit beschloß die Bundesversammlung (Bundesbeschluß vom 17. April
und vom 18. December 1856) aus eine anderweite Erinnerung der bäu¬
rischen Regierung die Niedersetzung einer Commission zum Zwecke der Ab¬
fassung eines Entwurfs zu einem A. D. H. G. unter angemessener Benutzung
des vorhandenen Materials und der ihr mitgetheilten Borarbeiten, und lud
die Bundesregierungen ein, demgemäß rechtsgeiehrte Commissarien und Sach¬
verständige nach der zum Sitze der Conferenzen erwählten Stadt Nürn¬
berg abzuordnen, und ihre Commissarien in der Weise mit Instruc-
tion zu versehen, daß dieselben über die vorkommenden Fragen in der
Regel ohne weitere vorgängige Rückfragen ihre Stimmen abzugeben ver¬
möchten.

Die ernannten Commissarien traten demnächst in Nürnberg zusammen und
beschlossen, nachdem die Conserenz am 15. Januar 1357 förmlich eröffnet
war. den preußischen Entwurf zur Grundlage der Berathungen anzunehmen,
den Bevollmächtigten Preußens gleichzeitig mit dem Referate, mit dem Vor-
sitze aber den östreichischen Bevollmächtigten zu betrauen.

Die einzelnen Stadien der umfangreichen und wegen der Mannigfaltig¬
keit der zu berücksichtigenden Rechte und Interessen äußerst schwierigen Arbeit
wollen wir hier nicht näher erörtern und nur bemerken, daß die am 2. Juli

1857 vollendete erste Lesung 93, die zweite am 3. März 1853 geschlossene
Lesung des Entwurfs aber 176 Sitzungen in Anspruch nahm und daß hier-
aus zunächst das Seerecht, und zwar in Hamburg, ebenfalls auf Grundlage
des preußischen. Entwurfs in zweimaliger Lesung in der Zeit vom 26. April
1858 bis 22. August 136" endgültig festgestellt wurde.

Jetzt trat aber eine für das Zustandekommen des ganzen Werkes ge-
fährliche Krisis ein, die hier nicht in den Einzelheiten beleuchtet werden kann,
die aber einen neuen Beleg dazu liefert, wie unsäglich schwierig es ist, ein-


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Ueber die Entstehung des A. D.H. G.B- sei hier nur so viel bemerkt,
daß, nachdem die würtenbergische Regierung bereits früher die Anbahnung
einer gemeinsamen Handelsgesctzgebung wiederholt befürwortet, auch eine vom
Reichsministerium der Justiz zu diesem Zwecke ernannte Commission dahinzielende
Vorschlage im Jahre 1849 ausgearbeitet hatte, die preußische Regierung sich
zuerst wieder der Sache praktisch annahm, indem sie durch juristische Com¬
missarien unter Zuziehung von Sachverständigen einen Entwurf zu einem
H.G.B, ausarbeiten ließ, der im Jahre 1856 in der Hauptsache vollendet
war und um so eher als geeignete Grundlage einer gemeinsamen deutschen
Handelsgesetzgebung betrachtet werden konnte, als dabei die Hauptelemente
der in Deutschland überhaupt geltenden Rechte, nämlich das gemeine Recht,
das preußische Landrecht und das in den Ländern des französischen Rechtes
geltende System gleichzeitig berücksichtigt worden waren. In dessen Ge¬
mäßheit beschloß die Bundesversammlung (Bundesbeschluß vom 17. April
und vom 18. December 1856) aus eine anderweite Erinnerung der bäu¬
rischen Regierung die Niedersetzung einer Commission zum Zwecke der Ab¬
fassung eines Entwurfs zu einem A. D. H. G. unter angemessener Benutzung
des vorhandenen Materials und der ihr mitgetheilten Borarbeiten, und lud
die Bundesregierungen ein, demgemäß rechtsgeiehrte Commissarien und Sach¬
verständige nach der zum Sitze der Conferenzen erwählten Stadt Nürn¬
berg abzuordnen, und ihre Commissarien in der Weise mit Instruc-
tion zu versehen, daß dieselben über die vorkommenden Fragen in der
Regel ohne weitere vorgängige Rückfragen ihre Stimmen abzugeben ver¬
möchten.

Die ernannten Commissarien traten demnächst in Nürnberg zusammen und
beschlossen, nachdem die Conserenz am 15. Januar 1357 förmlich eröffnet
war. den preußischen Entwurf zur Grundlage der Berathungen anzunehmen,
den Bevollmächtigten Preußens gleichzeitig mit dem Referate, mit dem Vor-
sitze aber den östreichischen Bevollmächtigten zu betrauen.

Die einzelnen Stadien der umfangreichen und wegen der Mannigfaltig¬
keit der zu berücksichtigenden Rechte und Interessen äußerst schwierigen Arbeit
wollen wir hier nicht näher erörtern und nur bemerken, daß die am 2. Juli

1857 vollendete erste Lesung 93, die zweite am 3. März 1853 geschlossene
Lesung des Entwurfs aber 176 Sitzungen in Anspruch nahm und daß hier-
aus zunächst das Seerecht, und zwar in Hamburg, ebenfalls auf Grundlage
des preußischen. Entwurfs in zweimaliger Lesung in der Zeit vom 26. April
1858 bis 22. August 136« endgültig festgestellt wurde.

Jetzt trat aber eine für das Zustandekommen des ganzen Werkes ge-
fährliche Krisis ein, die hier nicht in den Einzelheiten beleuchtet werden kann,
die aber einen neuen Beleg dazu liefert, wie unsäglich schwierig es ist, ein-


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[0291] Ueber die Entstehung des A. D.H. G.B- sei hier nur so viel bemerkt, daß, nachdem die würtenbergische Regierung bereits früher die Anbahnung einer gemeinsamen Handelsgesctzgebung wiederholt befürwortet, auch eine vom Reichsministerium der Justiz zu diesem Zwecke ernannte Commission dahinzielende Vorschlage im Jahre 1849 ausgearbeitet hatte, die preußische Regierung sich zuerst wieder der Sache praktisch annahm, indem sie durch juristische Com¬ missarien unter Zuziehung von Sachverständigen einen Entwurf zu einem H.G.B, ausarbeiten ließ, der im Jahre 1856 in der Hauptsache vollendet war und um so eher als geeignete Grundlage einer gemeinsamen deutschen Handelsgesetzgebung betrachtet werden konnte, als dabei die Hauptelemente der in Deutschland überhaupt geltenden Rechte, nämlich das gemeine Recht, das preußische Landrecht und das in den Ländern des französischen Rechtes geltende System gleichzeitig berücksichtigt worden waren. In dessen Ge¬ mäßheit beschloß die Bundesversammlung (Bundesbeschluß vom 17. April und vom 18. December 1856) aus eine anderweite Erinnerung der bäu¬ rischen Regierung die Niedersetzung einer Commission zum Zwecke der Ab¬ fassung eines Entwurfs zu einem A. D. H. G. unter angemessener Benutzung des vorhandenen Materials und der ihr mitgetheilten Borarbeiten, und lud die Bundesregierungen ein, demgemäß rechtsgeiehrte Commissarien und Sach¬ verständige nach der zum Sitze der Conferenzen erwählten Stadt Nürn¬ berg abzuordnen, und ihre Commissarien in der Weise mit Instruc- tion zu versehen, daß dieselben über die vorkommenden Fragen in der Regel ohne weitere vorgängige Rückfragen ihre Stimmen abzugeben ver¬ möchten. Die ernannten Commissarien traten demnächst in Nürnberg zusammen und beschlossen, nachdem die Conserenz am 15. Januar 1357 förmlich eröffnet war. den preußischen Entwurf zur Grundlage der Berathungen anzunehmen, den Bevollmächtigten Preußens gleichzeitig mit dem Referate, mit dem Vor- sitze aber den östreichischen Bevollmächtigten zu betrauen. Die einzelnen Stadien der umfangreichen und wegen der Mannigfaltig¬ keit der zu berücksichtigenden Rechte und Interessen äußerst schwierigen Arbeit wollen wir hier nicht näher erörtern und nur bemerken, daß die am 2. Juli 1857 vollendete erste Lesung 93, die zweite am 3. März 1853 geschlossene Lesung des Entwurfs aber 176 Sitzungen in Anspruch nahm und daß hier- aus zunächst das Seerecht, und zwar in Hamburg, ebenfalls auf Grundlage des preußischen. Entwurfs in zweimaliger Lesung in der Zeit vom 26. April 1858 bis 22. August 136« endgültig festgestellt wurde. Jetzt trat aber eine für das Zustandekommen des ganzen Werkes ge- fährliche Krisis ein, die hier nicht in den Einzelheiten beleuchtet werden kann, die aber einen neuen Beleg dazu liefert, wie unsäglich schwierig es ist, ein- 36*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/291>, abgerufen am 06.06.2024.