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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

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einer Verbindung, welche sich recht wohl wieder anknüpfen ließe und jenen wie¬
der zur Majorität verhelfen könnte.

Wir wissen ferner, daß eine beträchtliche Anzahl wohlhabender und ein¬
flußreicher Leute im Norden einen sehr großen Theil ihres Capitals in süd¬
lichen Pflanzungen und südlichen Fabiikuntcrnehmungen angelegt haben und
sich in Folge dessen, wenn die heftigen Leidenschaften, die der Bürgerkrieg er¬
weckt hat, durch Besiegung der Gegner und Erringung der politischen Obmacht
abgekühlt sind, nicht leicht bereitwillig finden lassen werden, den Ruin ihrer
Hypothekenschuldner, ihrer Geschäftsfreunde und Kunden herbeiführen zu
helfen.

Wir glauben sodann Gewicht auf die Thatsache legen zu müssen, daß
im Norden die Leidenschaft für die Union -- wenn wir von den Abolitioni-
sten in Massachusetts und einigen andern Ncuenglandstaaten absehen, -- un¬
vergleichlich viel stärker ist, als der Haß gegen die Sclaverei oder gar die
Liebe zu den Negern, und wir befürchten deshalb schwerlich ohne Grund, daß
man, um den Süden an den Busen der alten Republik zurückzuführen, sich
schier zu allen möglichen Bedingungen verstehen würde, falls jener nur einige
Neigung zur Rückkehr verriethe.

Endlich müssen wir es als einen großen Irrthum bezeichnen, wenn man
behauptet, die Begier nach Gebietserweiterung, der Trieb nach Eroberung,
der Gedanke der Herrschaft über die ganze westliche Welt sei lediglich im Sü¬
den zu Hause. Wer die neuere amerikanische Geschichte kennt, wer, wie wir
selbst, mit Uankees verkehrt hat. weiß, daß die Monroe-Doctrin nach ihrer po¬
sitiven Seite, daß der Hunger nach Cuba, daß die auf Mexico und Nicara-
gua abzielenden Flibustier-Pläne in den Clubs und Straßen von Neuyork und
Philadelphia fast ebenso viele Köpfe erhitzen, als in denen von Neuorleans,
Mohne und Charleston.

Von diesen Ueberzeugungen erfüllt, sehen wir uns außer Stande, mit
Zuversicht und Sicherheit zu hoffen, daß die jetzt veruneinigten Staaten, durch
eine Fusion wieder versöhnt und vereinigt, alle Absichten auf Annexion neuer
subtropischer und tropischer Gebiete aufgeben oder daß sie als Ganzes.
Demokraten und Pflanzer ebenso wie Republikaner, die Selbstverleugnung be¬
sitzen werden, den Anbau solcher neuerworbner Gebiete durch jene Sclaven-
arbeit zu verbieten, welche ungestüm nach "jungfräulichen Boden" zu Baum¬
wollenplantagen schreit, und welche allein nicht vor den Strahlott der tropi¬
schen Sonne zurückschrickt.

Es gehört ein starker Glaube an amerikanische Tugend und Uninteressirt-
heit dazu, um anzunehmen, daß die Aankees, wieder verbrüdert, wieder mächtig
und wieder von Niemand als besagter uneigennütziger Tugend controlirt, sichs
nicht wieder mit den Nachbarn bequem machen, nicht wieder gegen das zehnte


einer Verbindung, welche sich recht wohl wieder anknüpfen ließe und jenen wie¬
der zur Majorität verhelfen könnte.

Wir wissen ferner, daß eine beträchtliche Anzahl wohlhabender und ein¬
flußreicher Leute im Norden einen sehr großen Theil ihres Capitals in süd¬
lichen Pflanzungen und südlichen Fabiikuntcrnehmungen angelegt haben und
sich in Folge dessen, wenn die heftigen Leidenschaften, die der Bürgerkrieg er¬
weckt hat, durch Besiegung der Gegner und Erringung der politischen Obmacht
abgekühlt sind, nicht leicht bereitwillig finden lassen werden, den Ruin ihrer
Hypothekenschuldner, ihrer Geschäftsfreunde und Kunden herbeiführen zu
helfen.

Wir glauben sodann Gewicht auf die Thatsache legen zu müssen, daß
im Norden die Leidenschaft für die Union — wenn wir von den Abolitioni-
sten in Massachusetts und einigen andern Ncuenglandstaaten absehen, — un¬
vergleichlich viel stärker ist, als der Haß gegen die Sclaverei oder gar die
Liebe zu den Negern, und wir befürchten deshalb schwerlich ohne Grund, daß
man, um den Süden an den Busen der alten Republik zurückzuführen, sich
schier zu allen möglichen Bedingungen verstehen würde, falls jener nur einige
Neigung zur Rückkehr verriethe.

Endlich müssen wir es als einen großen Irrthum bezeichnen, wenn man
behauptet, die Begier nach Gebietserweiterung, der Trieb nach Eroberung,
der Gedanke der Herrschaft über die ganze westliche Welt sei lediglich im Sü¬
den zu Hause. Wer die neuere amerikanische Geschichte kennt, wer, wie wir
selbst, mit Uankees verkehrt hat. weiß, daß die Monroe-Doctrin nach ihrer po¬
sitiven Seite, daß der Hunger nach Cuba, daß die auf Mexico und Nicara-
gua abzielenden Flibustier-Pläne in den Clubs und Straßen von Neuyork und
Philadelphia fast ebenso viele Köpfe erhitzen, als in denen von Neuorleans,
Mohne und Charleston.

Von diesen Ueberzeugungen erfüllt, sehen wir uns außer Stande, mit
Zuversicht und Sicherheit zu hoffen, daß die jetzt veruneinigten Staaten, durch
eine Fusion wieder versöhnt und vereinigt, alle Absichten auf Annexion neuer
subtropischer und tropischer Gebiete aufgeben oder daß sie als Ganzes.
Demokraten und Pflanzer ebenso wie Republikaner, die Selbstverleugnung be¬
sitzen werden, den Anbau solcher neuerworbner Gebiete durch jene Sclaven-
arbeit zu verbieten, welche ungestüm nach „jungfräulichen Boden" zu Baum¬
wollenplantagen schreit, und welche allein nicht vor den Strahlott der tropi¬
schen Sonne zurückschrickt.

Es gehört ein starker Glaube an amerikanische Tugend und Uninteressirt-
heit dazu, um anzunehmen, daß die Aankees, wieder verbrüdert, wieder mächtig
und wieder von Niemand als besagter uneigennütziger Tugend controlirt, sichs
nicht wieder mit den Nachbarn bequem machen, nicht wieder gegen das zehnte


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[0388] einer Verbindung, welche sich recht wohl wieder anknüpfen ließe und jenen wie¬ der zur Majorität verhelfen könnte. Wir wissen ferner, daß eine beträchtliche Anzahl wohlhabender und ein¬ flußreicher Leute im Norden einen sehr großen Theil ihres Capitals in süd¬ lichen Pflanzungen und südlichen Fabiikuntcrnehmungen angelegt haben und sich in Folge dessen, wenn die heftigen Leidenschaften, die der Bürgerkrieg er¬ weckt hat, durch Besiegung der Gegner und Erringung der politischen Obmacht abgekühlt sind, nicht leicht bereitwillig finden lassen werden, den Ruin ihrer Hypothekenschuldner, ihrer Geschäftsfreunde und Kunden herbeiführen zu helfen. Wir glauben sodann Gewicht auf die Thatsache legen zu müssen, daß im Norden die Leidenschaft für die Union — wenn wir von den Abolitioni- sten in Massachusetts und einigen andern Ncuenglandstaaten absehen, — un¬ vergleichlich viel stärker ist, als der Haß gegen die Sclaverei oder gar die Liebe zu den Negern, und wir befürchten deshalb schwerlich ohne Grund, daß man, um den Süden an den Busen der alten Republik zurückzuführen, sich schier zu allen möglichen Bedingungen verstehen würde, falls jener nur einige Neigung zur Rückkehr verriethe. Endlich müssen wir es als einen großen Irrthum bezeichnen, wenn man behauptet, die Begier nach Gebietserweiterung, der Trieb nach Eroberung, der Gedanke der Herrschaft über die ganze westliche Welt sei lediglich im Sü¬ den zu Hause. Wer die neuere amerikanische Geschichte kennt, wer, wie wir selbst, mit Uankees verkehrt hat. weiß, daß die Monroe-Doctrin nach ihrer po¬ sitiven Seite, daß der Hunger nach Cuba, daß die auf Mexico und Nicara- gua abzielenden Flibustier-Pläne in den Clubs und Straßen von Neuyork und Philadelphia fast ebenso viele Köpfe erhitzen, als in denen von Neuorleans, Mohne und Charleston. Von diesen Ueberzeugungen erfüllt, sehen wir uns außer Stande, mit Zuversicht und Sicherheit zu hoffen, daß die jetzt veruneinigten Staaten, durch eine Fusion wieder versöhnt und vereinigt, alle Absichten auf Annexion neuer subtropischer und tropischer Gebiete aufgeben oder daß sie als Ganzes. Demokraten und Pflanzer ebenso wie Republikaner, die Selbstverleugnung be¬ sitzen werden, den Anbau solcher neuerworbner Gebiete durch jene Sclaven- arbeit zu verbieten, welche ungestüm nach „jungfräulichen Boden" zu Baum¬ wollenplantagen schreit, und welche allein nicht vor den Strahlott der tropi¬ schen Sonne zurückschrickt. Es gehört ein starker Glaube an amerikanische Tugend und Uninteressirt- heit dazu, um anzunehmen, daß die Aankees, wieder verbrüdert, wieder mächtig und wieder von Niemand als besagter uneigennütziger Tugend controlirt, sichs nicht wieder mit den Nachbarn bequem machen, nicht wieder gegen das zehnte

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/388>, abgerufen am 27.05.2024.