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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

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Gebot sündigen, nicht wieder den alten Satz von "MÄnitsst, äestin^" hervor¬
suchen und der "offenbaren Bestimmung", wenn sie sich zu langsam erfüllt,
durch private, officiöse und officielle Freibeuterei nachhelfen, daß die Augen
und Füße dieser Freibeuterei nicht gegen den Süden des Welltheils gerichtet sein
und daß solche südliche Länder streng für freie Arbeit bestimmt werden würden.
Mill scheint diesen starken Glauben zu besitzen. Wir bekennen, in diesem
Punkte sehr schwachgläubig zu sein, dürfen aber annehmen, daß. wenn auch
nicht die Philosophie, doch Geschichte und Geographie auf unserer Seite stehen.

Aber obwohl wir das Vertrauen, der amerikanische Adler werde, von sei¬
ner Wunde geheilt, künftig kein Raubvogel sein, sondern sich der Gewissen¬
haftigkeit. Gerechtigkeit und Anspruchlosigkeit befleißigen, nicht zu theilen ver¬
mögen, wird es uns nicht schwer, dem losgerissenen und von Niemand unter¬
stützten Süden für die nächsten Jahrzehnte wenigstens die Ausübung jener
Tugenden zuzutrauen, und zwar deshalb, weil' Abstinenz für ihn eine ent¬
schiedene Nothwendigkeit sein wird. Die Ausdehnung der Sclaverei über ihr
gegenwärtiges Areal hinaus wird für lange Zeit und sehr wahrscheinlich für
so lange Zeit, als zum Erlöschen der Sclaverei innerhalb dieses Areals nach
den oben angeführten Gründen nothwendig ist, unmöglich sein, wenn die
gegenwärtigen Sclavenstaaten unabhängig geworden sind, und zwar deshalb
unmöglich, weil die Ausdehnung der Staaten selbst von der Politik der Welt¬
mächte peremtorisch untersagt sein wird, weil die Grenzen des Sclavenhalter-
' buntes streng abgemessen und eisersüchtig bewacht sein werden.

Was wir meinen, ist Folgendes. Der gewaltige Bund der Vereinig¬
ten Staaten würde sich mit der Zeit über ganz Mexico verbreitet haben,
ohne daß es ihm Jemand Hütte wehren können. Spanien hätte ruhig zusehen
müssen. England und Frankreich würden aus triftigen Gründen und schon
weil keins von beiden dem andern traut sich begnügt haben, der transatlan¬
tischen Großmacht ein papierncs Veto zuzusenden. Möglich, daß diese sich
mit der Zeit auch Cubas bemächtigt hätte. Sicher, daß über kurz oder lang
Centralamerika die Zahl der Sterne im Aankeebanner um einige vermehrt
haben würde. Und wer ist Sanguiniker genug, zu glauben, daß man sich in
diesem Fall gewissenhaft enthalten oder getreulich sich selbst verwehrt hätte,
allen verwendbaren Ueberfluß seiner vier Millionen schwarzer Bevölkerung
unter irgend einem Vorwand, in irgend einer Form, mit irgend einer Ver¬
hüllung auf diesem neuen und jungfräulichen Baumwollenboden anzusiedeln?

Die Südlich e Conföderation wird in den nächsten dreißig oder vier¬
zig Jahren schwerlich im Stande sein, sich über eine einzige Quadratmeile
solchen Bodens auszubreiten, aus dem einzigen, aber vollkommen hinreichen¬
den Grunde, weil man es ihr nicht erlauben wird. Die Vereinigten Staa¬
ten waren außerordentlich mächtig, der Sclavenhalterbund wird lange Zeit


Gebot sündigen, nicht wieder den alten Satz von „MÄnitsst, äestin^" hervor¬
suchen und der „offenbaren Bestimmung", wenn sie sich zu langsam erfüllt,
durch private, officiöse und officielle Freibeuterei nachhelfen, daß die Augen
und Füße dieser Freibeuterei nicht gegen den Süden des Welltheils gerichtet sein
und daß solche südliche Länder streng für freie Arbeit bestimmt werden würden.
Mill scheint diesen starken Glauben zu besitzen. Wir bekennen, in diesem
Punkte sehr schwachgläubig zu sein, dürfen aber annehmen, daß. wenn auch
nicht die Philosophie, doch Geschichte und Geographie auf unserer Seite stehen.

Aber obwohl wir das Vertrauen, der amerikanische Adler werde, von sei¬
ner Wunde geheilt, künftig kein Raubvogel sein, sondern sich der Gewissen¬
haftigkeit. Gerechtigkeit und Anspruchlosigkeit befleißigen, nicht zu theilen ver¬
mögen, wird es uns nicht schwer, dem losgerissenen und von Niemand unter¬
stützten Süden für die nächsten Jahrzehnte wenigstens die Ausübung jener
Tugenden zuzutrauen, und zwar deshalb, weil' Abstinenz für ihn eine ent¬
schiedene Nothwendigkeit sein wird. Die Ausdehnung der Sclaverei über ihr
gegenwärtiges Areal hinaus wird für lange Zeit und sehr wahrscheinlich für
so lange Zeit, als zum Erlöschen der Sclaverei innerhalb dieses Areals nach
den oben angeführten Gründen nothwendig ist, unmöglich sein, wenn die
gegenwärtigen Sclavenstaaten unabhängig geworden sind, und zwar deshalb
unmöglich, weil die Ausdehnung der Staaten selbst von der Politik der Welt¬
mächte peremtorisch untersagt sein wird, weil die Grenzen des Sclavenhalter-
' buntes streng abgemessen und eisersüchtig bewacht sein werden.

Was wir meinen, ist Folgendes. Der gewaltige Bund der Vereinig¬
ten Staaten würde sich mit der Zeit über ganz Mexico verbreitet haben,
ohne daß es ihm Jemand Hütte wehren können. Spanien hätte ruhig zusehen
müssen. England und Frankreich würden aus triftigen Gründen und schon
weil keins von beiden dem andern traut sich begnügt haben, der transatlan¬
tischen Großmacht ein papierncs Veto zuzusenden. Möglich, daß diese sich
mit der Zeit auch Cubas bemächtigt hätte. Sicher, daß über kurz oder lang
Centralamerika die Zahl der Sterne im Aankeebanner um einige vermehrt
haben würde. Und wer ist Sanguiniker genug, zu glauben, daß man sich in
diesem Fall gewissenhaft enthalten oder getreulich sich selbst verwehrt hätte,
allen verwendbaren Ueberfluß seiner vier Millionen schwarzer Bevölkerung
unter irgend einem Vorwand, in irgend einer Form, mit irgend einer Ver¬
hüllung auf diesem neuen und jungfräulichen Baumwollenboden anzusiedeln?

Die Südlich e Conföderation wird in den nächsten dreißig oder vier¬
zig Jahren schwerlich im Stande sein, sich über eine einzige Quadratmeile
solchen Bodens auszubreiten, aus dem einzigen, aber vollkommen hinreichen¬
den Grunde, weil man es ihr nicht erlauben wird. Die Vereinigten Staa¬
ten waren außerordentlich mächtig, der Sclavenhalterbund wird lange Zeit


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[0389] Gebot sündigen, nicht wieder den alten Satz von „MÄnitsst, äestin^" hervor¬ suchen und der „offenbaren Bestimmung", wenn sie sich zu langsam erfüllt, durch private, officiöse und officielle Freibeuterei nachhelfen, daß die Augen und Füße dieser Freibeuterei nicht gegen den Süden des Welltheils gerichtet sein und daß solche südliche Länder streng für freie Arbeit bestimmt werden würden. Mill scheint diesen starken Glauben zu besitzen. Wir bekennen, in diesem Punkte sehr schwachgläubig zu sein, dürfen aber annehmen, daß. wenn auch nicht die Philosophie, doch Geschichte und Geographie auf unserer Seite stehen. Aber obwohl wir das Vertrauen, der amerikanische Adler werde, von sei¬ ner Wunde geheilt, künftig kein Raubvogel sein, sondern sich der Gewissen¬ haftigkeit. Gerechtigkeit und Anspruchlosigkeit befleißigen, nicht zu theilen ver¬ mögen, wird es uns nicht schwer, dem losgerissenen und von Niemand unter¬ stützten Süden für die nächsten Jahrzehnte wenigstens die Ausübung jener Tugenden zuzutrauen, und zwar deshalb, weil' Abstinenz für ihn eine ent¬ schiedene Nothwendigkeit sein wird. Die Ausdehnung der Sclaverei über ihr gegenwärtiges Areal hinaus wird für lange Zeit und sehr wahrscheinlich für so lange Zeit, als zum Erlöschen der Sclaverei innerhalb dieses Areals nach den oben angeführten Gründen nothwendig ist, unmöglich sein, wenn die gegenwärtigen Sclavenstaaten unabhängig geworden sind, und zwar deshalb unmöglich, weil die Ausdehnung der Staaten selbst von der Politik der Welt¬ mächte peremtorisch untersagt sein wird, weil die Grenzen des Sclavenhalter- ' buntes streng abgemessen und eisersüchtig bewacht sein werden. Was wir meinen, ist Folgendes. Der gewaltige Bund der Vereinig¬ ten Staaten würde sich mit der Zeit über ganz Mexico verbreitet haben, ohne daß es ihm Jemand Hütte wehren können. Spanien hätte ruhig zusehen müssen. England und Frankreich würden aus triftigen Gründen und schon weil keins von beiden dem andern traut sich begnügt haben, der transatlan¬ tischen Großmacht ein papierncs Veto zuzusenden. Möglich, daß diese sich mit der Zeit auch Cubas bemächtigt hätte. Sicher, daß über kurz oder lang Centralamerika die Zahl der Sterne im Aankeebanner um einige vermehrt haben würde. Und wer ist Sanguiniker genug, zu glauben, daß man sich in diesem Fall gewissenhaft enthalten oder getreulich sich selbst verwehrt hätte, allen verwendbaren Ueberfluß seiner vier Millionen schwarzer Bevölkerung unter irgend einem Vorwand, in irgend einer Form, mit irgend einer Ver¬ hüllung auf diesem neuen und jungfräulichen Baumwollenboden anzusiedeln? Die Südlich e Conföderation wird in den nächsten dreißig oder vier¬ zig Jahren schwerlich im Stande sein, sich über eine einzige Quadratmeile solchen Bodens auszubreiten, aus dem einzigen, aber vollkommen hinreichen¬ den Grunde, weil man es ihr nicht erlauben wird. Die Vereinigten Staa¬ ten waren außerordentlich mächtig, der Sclavenhalterbund wird lange Zeit

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/389>, abgerufen am 12.05.2024.