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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

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fogstr vortrefflich. Seit dieser Zeit konnte ich Alles essen, was mir in der
Folge sehr zu Statten kam. Endlich kam draußen Brot an . das kochend heiß
war. aber Munition war vom Gouverneur verweigert worden, weil er sie
nicht entbehren könne. Unser Munitionswagen so wie unsere Bagage war
bei Weimar verloren gegangen, und so mußte der weitere Rückzug ohne Pa-
tM-n angetreten werden.

Der Marsch ging zunächst nach Burg. 3V, Meile von Magdeburg, wo
damals meine Eltern lebten. Gern hätte ich meinen Hauptmann um Urlaub
yebet^ z^r, einern kurzen Besuch , allein ich fürchtete seine Drohung, er werde,
wenn ich in die Rasse meines Vaters käme, mich bei ihm zurücklassen, und
so suchte ich meine Absicht auf einem anderen Wege zu erreichen. Da das
Bataillon noch weiter marschirte. bis nach Rehen. einem Dorfe eine kleine
Meile hinter Burg auf der Straße nach Genthin. so blieb ich schon vor der
A"d.l in einem Dorfe Deters.ha.gen, zurück, ruhte mich dort beim Prediger,
dessen Sohn mein intimster Jugendfreund war. aus. aß zu Abend und kam
Abends rin.H 1! Uhr bei meinen. Eltern an. Die Ueberraschung meines Va-
unh, jrjglejch die ängstliche Sorge desselben , wie ich meinem Truppentheil
nachkommen solle, zu schildern. vermag ich nicht. Zuletzt gelang es mir,
ihn zu beruhigen, indem ich ihm vorstellte, es würde am andern Morgen
gewiß gelingen Pferde zu erhalten, um mich dem Bataillon nachzubringen.
Darin täuschte ich mich jedoch. Umsonst waren alle unsere Bemühungen,
Herde zu bekommen, und ich mußte mich endlich zu dem Versuch entschließen,
zu. Fuß dem Bataillon nachzugehn. Da wurde an das Fenster des im Erd¬
geschoß liegenden Wohnzimmers geklopft und gefragt: ob hier nicht Hr. v.
C-........ z wohne? ich erkannte die Stimme, sie gehörte dem alten
treuen Bedienten unsers Reguncntsquartiermeisters Löper, welcher ein Freund
u>eines Onkels und dem ich besonders empfohlen war. Ich rief sogleich:
"Ja. Puff (so hieß er), kommt nur herein." Er war es mit dem Wagen
seines Herrn und in Begleitung unsers Büchsenmachers und dessen Frau.
Die Leute kamen herein, es wurde ehren ein tüchtiges Frühstück vorgesetzt,
und da e,s inzwischen Heller Tag geworden war. brachen wir auf. Jede
fernere Sorge meines, Vaters um mich beseitigte ich, indem ich ihn auf
diesen neuen Beweis des allmächtigen Schutzes, der über mir waltete, auf¬
merksam, machte und mit. Zuversicht dies auch für die Folge erwarten zu
dürfen behauptete. Mein Glaube hat mich nicht getäuscht, denn in den fol¬
genden Kriegen bin ich vielen Lebensgefahren glücklich entgangen. Der Ab¬
schied von meinem Vater war mir viel schwerer, als wie ich das erste Mal
das väterliche Haus verließ.

Das Bataillon erreichten wir des Abends in einem Dorfe 4'/- Meilen
von Burg, eine Meile hinter Genthin. Folgenden Tages marschirte ich mit


Grenzboten I. 1862. S

fogstr vortrefflich. Seit dieser Zeit konnte ich Alles essen, was mir in der
Folge sehr zu Statten kam. Endlich kam draußen Brot an . das kochend heiß
war. aber Munition war vom Gouverneur verweigert worden, weil er sie
nicht entbehren könne. Unser Munitionswagen so wie unsere Bagage war
bei Weimar verloren gegangen, und so mußte der weitere Rückzug ohne Pa-
tM-n angetreten werden.

Der Marsch ging zunächst nach Burg. 3V, Meile von Magdeburg, wo
damals meine Eltern lebten. Gern hätte ich meinen Hauptmann um Urlaub
yebet^ z^r, einern kurzen Besuch , allein ich fürchtete seine Drohung, er werde,
wenn ich in die Rasse meines Vaters käme, mich bei ihm zurücklassen, und
so suchte ich meine Absicht auf einem anderen Wege zu erreichen. Da das
Bataillon noch weiter marschirte. bis nach Rehen. einem Dorfe eine kleine
Meile hinter Burg auf der Straße nach Genthin. so blieb ich schon vor der
A«d.l in einem Dorfe Deters.ha.gen, zurück, ruhte mich dort beim Prediger,
dessen Sohn mein intimster Jugendfreund war. aus. aß zu Abend und kam
Abends rin.H 1! Uhr bei meinen. Eltern an. Die Ueberraschung meines Va-
unh, jrjglejch die ängstliche Sorge desselben , wie ich meinem Truppentheil
nachkommen solle, zu schildern. vermag ich nicht. Zuletzt gelang es mir,
ihn zu beruhigen, indem ich ihm vorstellte, es würde am andern Morgen
gewiß gelingen Pferde zu erhalten, um mich dem Bataillon nachzubringen.
Darin täuschte ich mich jedoch. Umsonst waren alle unsere Bemühungen,
Herde zu bekommen, und ich mußte mich endlich zu dem Versuch entschließen,
zu. Fuß dem Bataillon nachzugehn. Da wurde an das Fenster des im Erd¬
geschoß liegenden Wohnzimmers geklopft und gefragt: ob hier nicht Hr. v.
C-........ z wohne? ich erkannte die Stimme, sie gehörte dem alten
treuen Bedienten unsers Reguncntsquartiermeisters Löper, welcher ein Freund
u>eines Onkels und dem ich besonders empfohlen war. Ich rief sogleich:
„Ja. Puff (so hieß er), kommt nur herein." Er war es mit dem Wagen
seines Herrn und in Begleitung unsers Büchsenmachers und dessen Frau.
Die Leute kamen herein, es wurde ehren ein tüchtiges Frühstück vorgesetzt,
und da e,s inzwischen Heller Tag geworden war. brachen wir auf. Jede
fernere Sorge meines, Vaters um mich beseitigte ich, indem ich ihn auf
diesen neuen Beweis des allmächtigen Schutzes, der über mir waltete, auf¬
merksam, machte und mit. Zuversicht dies auch für die Folge erwarten zu
dürfen behauptete. Mein Glaube hat mich nicht getäuscht, denn in den fol¬
genden Kriegen bin ich vielen Lebensgefahren glücklich entgangen. Der Ab¬
schied von meinem Vater war mir viel schwerer, als wie ich das erste Mal
das väterliche Haus verließ.

Das Bataillon erreichten wir des Abends in einem Dorfe 4'/- Meilen
von Burg, eine Meile hinter Genthin. Folgenden Tages marschirte ich mit


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/41>, abgerufen am 13.05.2024.