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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

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Me und ihm alle wahre Größe abspricht*). bebt besvM'rs die Kleinlichkeit
hervor, mit der er seinen Haß zur Schau trug. Er HMe sich ein förmliches
System gebildet, seine Nichtachtung gegen Ludwig Philipp kund zu geben.
Während er die französischen Bevollmächtigten persönlich mit Beweisen der
Rücksicht und des Wohlwollens überhäufte und von der französischen Nation
mit Achtung sprach, vermied er es sorgfältig, des Königs zu erwähnen, selbst
wo die diplomatische Etikette es forderte. Man ließ dies eine Zeitlang unbe¬
rücksichtigt, da man wußte, daß er gar nicht daran dachte, seine feindliche Ge¬
sinnung zur That werden zu lassen.

Der Herzog von Broglie indessen, im Ministerium vom 11. Octooer Mi¬
nister des Auswärtigen, war zu wenig gefüge und zu stolz, um sich diese Ver¬
nachlässigung der Formen länger gefallen zu lassen. Als er daher den Mar¬
schall Maison als Bevollmächtigten nach Se. Petersburg schickte, ließ er Pozzo
ti Borgo, der damals das russische Eabinct in Paris vertrat, wissen, der Mar¬
schall sei angewiesen, Se. Petersburg binnen acht Tagen unter dem möglichst
durchsichtigen Bvrwande zu verlassen, wenn der Kaiser beim Empfange nach
seiner Gewohnheit den König unerwähnt lassen sollte. Dies wirkte. Bei der
ersten Begegnung mit dem Gesandten erkundigte der Kaiser sich nach dem Be¬
finden Ludwig Philipps.

Ganz ohne ein politisches Ergebniß sollte indessen die erbitterte Stim¬
mung des Kaisers doch nicht bleiben. Der Glanz, welchen die Eroberung Ant¬
werpens auf die französischen Waffen geworfen hatte, die allerdings nicht ganz
unbegründete, aber jedenfalls übertriebene Furcht, daß das neue Königreich Bel¬
gien einer die Sicherheit Europa's gefährdenden Clientel Frankreichs verfallen
möchte, die Zuflucht, die die piemontesischen und nach dem Frankfurter Attentat
die deutschen Flüchtlinge auf französischem Boden fanden, -- alle diese Um¬
stände konnten nicht verfehlen, auf die nordischen Caoinete und besonders auf
den Fürsten Metternich, der sich durch das von der französischen Regierung
wiederholt proclamirte Nichtinterventivnsprincip in den italienischen Angelegen¬
heiten mit völliger Lähmung bedroht sah, einen tiefen u"d beunruhigenden Ein¬
druck zu machen. Diese Stimmung benutzte der Kaiser Nikolaus, in do'in
Augenblicke wo, wie wir unten sehen werden, in Folge der orientalischen WMem
eine Spannung zwischen den beiden constitutionellen Großmächten eingetreten
war, um Frankreich eine Eoalition der absolutistischen Cabinete entgegenzu-



") I^'ömporsur Meol-uis n'utan öl un Zr-me! militiui's, ni un griuiä xvliticius, ni un
g'i'lui<1 Esprit, öl möillv un xr-wä "mditreu'x: it u's, iii uMnäi Kos Ätitts, ni ^edle taire
ü. ses psuxlss, so -xrospöritö, "u Civilisation, on kumlöres, vu puissitnoe et reiwinmbö
euwxöeuvö, ctg gr"usf proZrüs, et xmirtaiit it a ^röKlö an elöäclus avse tores, M'g^Wz
avev feig.t ix. 23).

Me und ihm alle wahre Größe abspricht*). bebt besvM'rs die Kleinlichkeit
hervor, mit der er seinen Haß zur Schau trug. Er HMe sich ein förmliches
System gebildet, seine Nichtachtung gegen Ludwig Philipp kund zu geben.
Während er die französischen Bevollmächtigten persönlich mit Beweisen der
Rücksicht und des Wohlwollens überhäufte und von der französischen Nation
mit Achtung sprach, vermied er es sorgfältig, des Königs zu erwähnen, selbst
wo die diplomatische Etikette es forderte. Man ließ dies eine Zeitlang unbe¬
rücksichtigt, da man wußte, daß er gar nicht daran dachte, seine feindliche Ge¬
sinnung zur That werden zu lassen.

Der Herzog von Broglie indessen, im Ministerium vom 11. Octooer Mi¬
nister des Auswärtigen, war zu wenig gefüge und zu stolz, um sich diese Ver¬
nachlässigung der Formen länger gefallen zu lassen. Als er daher den Mar¬
schall Maison als Bevollmächtigten nach Se. Petersburg schickte, ließ er Pozzo
ti Borgo, der damals das russische Eabinct in Paris vertrat, wissen, der Mar¬
schall sei angewiesen, Se. Petersburg binnen acht Tagen unter dem möglichst
durchsichtigen Bvrwande zu verlassen, wenn der Kaiser beim Empfange nach
seiner Gewohnheit den König unerwähnt lassen sollte. Dies wirkte. Bei der
ersten Begegnung mit dem Gesandten erkundigte der Kaiser sich nach dem Be¬
finden Ludwig Philipps.

Ganz ohne ein politisches Ergebniß sollte indessen die erbitterte Stim¬
mung des Kaisers doch nicht bleiben. Der Glanz, welchen die Eroberung Ant¬
werpens auf die französischen Waffen geworfen hatte, die allerdings nicht ganz
unbegründete, aber jedenfalls übertriebene Furcht, daß das neue Königreich Bel¬
gien einer die Sicherheit Europa's gefährdenden Clientel Frankreichs verfallen
möchte, die Zuflucht, die die piemontesischen und nach dem Frankfurter Attentat
die deutschen Flüchtlinge auf französischem Boden fanden, — alle diese Um¬
stände konnten nicht verfehlen, auf die nordischen Caoinete und besonders auf
den Fürsten Metternich, der sich durch das von der französischen Regierung
wiederholt proclamirte Nichtinterventivnsprincip in den italienischen Angelegen¬
heiten mit völliger Lähmung bedroht sah, einen tiefen u»d beunruhigenden Ein¬
druck zu machen. Diese Stimmung benutzte der Kaiser Nikolaus, in do'in
Augenblicke wo, wie wir unten sehen werden, in Folge der orientalischen WMem
eine Spannung zwischen den beiden constitutionellen Großmächten eingetreten
war, um Frankreich eine Eoalition der absolutistischen Cabinete entgegenzu-



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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/522>, abgerufen am 16.06.2024.