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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band.

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gierung aber war das Bestehen "einer so zahlreichen und stets schlagfertigen,
nur dem Willen eines Einzigen untergeordneten Heeresmacht" ein drohendes
Schreckbild, und darum erhoben auch sie ihre Stimmen für die Aufhebung des
"barbarischen und veralteten Institutes", Dagegen sprach die Militärpartei
von der großen Erleichterung, welche den übrigen Provinzen durch den Fort¬
bestand der Militärgrenze zu Theil werde, indem dort eine fast gar nichts kostende
Truppenzahl auf den Beinen sei, welches Contingent nach Aufhebung der Grenze
von den andern Theilen des Staates aufgestellt und erhalten werden müßte.

Man erwähnte der Begünstigungen, die andererseits wieder den Grenzbe¬
wohnern zu gute kämen und hob hervor, daß überhaupt der ganze Zustand des
Landes ein höchst glücklicher sei und die Aenderung der mit den Gesinnungen und
Gewohnheiten des Volkes innig verwachsenen Institutionen höchst schmerzlich
empfunden werden würde. Endlich aber glaubte man in den Grenztruppen eine
mächtige Stütze und ein stets bereites Werkzeug gegen die Aufstandsversuche anderer
Provinzen zu besitzen, da man jene noch immer zu den verläßlichsten Truppen
zählte und die Leistungsfähigkeit des Grenzgebietes nach den Erfahrungen der
Jahre 1848--1849 beurtheilte.

Es soll hier keineswegs den Wünschen und Forderungen der einen oder
der andern Partei das Wort geredet werden, ob>wol es leicht bewiesen werden
könnte, daß sich "He Theile in ihren Hoffnungen und Befürchtungen irren;
es soll nur eine kurze Andeutung über die allmälige Entwicklung des
Grenzinstitutes und eine Schilderung der Grenztruppen gegeben, werden. Die
Geschichte der Neuzeit hat wiederholt Gelegenheit gegeben, das ganze Institut
in das rechte Licht zu stellen.

Das von dem kroatisch-slavonischen Landtage beanspruchte historische Recht
ist sehr problematisch. Freilich gehörte der größte Theil des heutigen Grenz¬
gebietes in grauer Vorzeit dem Kroatenreiche an. Doch gehörte dem lichteren
noch so manche andere Landesstrecke an, auf welche heutigen Tages niemand
Ansprüche zu machen wagt. Indessen gingen alle diese Gebiete nach und nach
an die Türken verloren und mußten wiederholt -- größtentheils mit deutschem
Blut und deutschem Geld zurückgewonnen werden.

Das Land war verwüstet und entvölkert. Es wurde Ansiedlern aus den
östreichischen Nachbarprovinzen und flüchtigen Rajahs aus Serbion und Bosnien
unter der ausdrücklichen Verpflichtung zum Kriegsdienste überlassen. Uebrigens
hätte die Bevölkerung auch ohne diesen Vertrag stets unter den Waffen bleiben
müssen,, da das Land nur durch unausgesetzten Kampf gegen die Raubzüge der
Türken zu behaupten war, und es stellten sich daher auch die wenigen einhei¬
mischen Bewohner in die Rechen der damals gebildeten Miliz ein.

Um d,K unter verschiedenen Befehlshabern stehende und daher zersplitterte
Wehrkraft zu vereinigen und unter einen Oberbefehl zu bringen, ernannte


gierung aber war das Bestehen „einer so zahlreichen und stets schlagfertigen,
nur dem Willen eines Einzigen untergeordneten Heeresmacht" ein drohendes
Schreckbild, und darum erhoben auch sie ihre Stimmen für die Aufhebung des
„barbarischen und veralteten Institutes", Dagegen sprach die Militärpartei
von der großen Erleichterung, welche den übrigen Provinzen durch den Fort¬
bestand der Militärgrenze zu Theil werde, indem dort eine fast gar nichts kostende
Truppenzahl auf den Beinen sei, welches Contingent nach Aufhebung der Grenze
von den andern Theilen des Staates aufgestellt und erhalten werden müßte.

Man erwähnte der Begünstigungen, die andererseits wieder den Grenzbe¬
wohnern zu gute kämen und hob hervor, daß überhaupt der ganze Zustand des
Landes ein höchst glücklicher sei und die Aenderung der mit den Gesinnungen und
Gewohnheiten des Volkes innig verwachsenen Institutionen höchst schmerzlich
empfunden werden würde. Endlich aber glaubte man in den Grenztruppen eine
mächtige Stütze und ein stets bereites Werkzeug gegen die Aufstandsversuche anderer
Provinzen zu besitzen, da man jene noch immer zu den verläßlichsten Truppen
zählte und die Leistungsfähigkeit des Grenzgebietes nach den Erfahrungen der
Jahre 1848—1849 beurtheilte.

Es soll hier keineswegs den Wünschen und Forderungen der einen oder
der andern Partei das Wort geredet werden, ob>wol es leicht bewiesen werden
könnte, daß sich «He Theile in ihren Hoffnungen und Befürchtungen irren;
es soll nur eine kurze Andeutung über die allmälige Entwicklung des
Grenzinstitutes und eine Schilderung der Grenztruppen gegeben, werden. Die
Geschichte der Neuzeit hat wiederholt Gelegenheit gegeben, das ganze Institut
in das rechte Licht zu stellen.

Das von dem kroatisch-slavonischen Landtage beanspruchte historische Recht
ist sehr problematisch. Freilich gehörte der größte Theil des heutigen Grenz¬
gebietes in grauer Vorzeit dem Kroatenreiche an. Doch gehörte dem lichteren
noch so manche andere Landesstrecke an, auf welche heutigen Tages niemand
Ansprüche zu machen wagt. Indessen gingen alle diese Gebiete nach und nach
an die Türken verloren und mußten wiederholt — größtentheils mit deutschem
Blut und deutschem Geld zurückgewonnen werden.

Das Land war verwüstet und entvölkert. Es wurde Ansiedlern aus den
östreichischen Nachbarprovinzen und flüchtigen Rajahs aus Serbion und Bosnien
unter der ausdrücklichen Verpflichtung zum Kriegsdienste überlassen. Uebrigens
hätte die Bevölkerung auch ohne diesen Vertrag stets unter den Waffen bleiben
müssen,, da das Land nur durch unausgesetzten Kampf gegen die Raubzüge der
Türken zu behaupten war, und es stellten sich daher auch die wenigen einhei¬
mischen Bewohner in die Rechen der damals gebildeten Miliz ein.

Um d,K unter verschiedenen Befehlshabern stehende und daher zersplitterte
Wehrkraft zu vereinigen und unter einen Oberbefehl zu bringen, ernannte


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114313/10>, abgerufen am 24.05.2024.