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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band.

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streiten kann. Ich muß von meiner Arbeit leben; und daß diese mir etwas
eintrage, hängt von dem Flor dieser Universität ab. Dieser aber könnte in
ein paar Jahren ganz sinken, denn schon jezt hat der Kaiser von Rußland alle
seine hier studirenden Unterthanen, deren Anzahl sich bis in die 80. belief, zu-
rütberusen, und es ist zu fürchten, daß andere Regierungen diesem Beispiele
folgen.

Wenn einer von euch etwas vom Landbaue verstünde, so würde ich ihn
zu mir nehmen und mir Ländereien anlaufen. So könnte ich es etwa mit der
Zeit zum Besitze eines Rittergutes bringen. Aber auch dies kann ich vor der
Hand nicht, weil ich nicht weiß, ob ich noch lange in diesen Gegenden bleiben
werde. Ich habe nemlich Vocationcn, die annehmbar sind, wenn Jena in
Verfall kommt; bei denen ich mich aber verschlimmere, wenn die Lage bleibt,
wie sie jezt ist. Kurz, mein ganzer Zustand ist schwankend.




Die herzlichsten Grüße von mir und meiner Frau an Eltern und Ge¬
schwister. , Deintreuer Bruder
I. Gottlieb Fichte

Die hier erwähnten Bocationen beziehen sich ohne Zweifel auf die beab¬
sichtigte neue Organisation der Universität zu Mainz, bei der man Fichte in's
Auge gefaßt hatte (I, 299 ff.).


25.

Jena, d. töten 7br. 98.


Lieber Bruder,

Deine Briefe habe ich erhalten. Wenn Du. wie ich hoffe, diesen Brief
zu rechter Zeit erhältst, d. i. wenigstens den 20sten dieses (Donnerstags) so
sey. den 2töten (Freytag) bei guter Zeit in Dresden, , und frage mir im Gast¬
hofe zum (goldnen glaube ich) Engel nach. Der Wirth heißt Eichhof. Bin
ich etwa nicht da, so werde ich doch dort meine Addresse lassen. -- Richte Dich
so ein, daß Du die Nacht von Hause abwesend seyn kannst, und sey gut an¬
gezogen, denn wir wollen den andern Tag wohin reisen.

Uebrigens sey ohne Sorge, und laß Dich ja auf nichts ein, ehe ich Dich
gesprochen habe.


Meine Frau grüßt Dich, und die Eltern, so wie ich gleichfals
Der Deinige
5^. ^ ^ ..... -^^

Was das Ziel und der Zweck der hier verabredeten Reise war, ist un¬
bekannt.


streiten kann. Ich muß von meiner Arbeit leben; und daß diese mir etwas
eintrage, hängt von dem Flor dieser Universität ab. Dieser aber könnte in
ein paar Jahren ganz sinken, denn schon jezt hat der Kaiser von Rußland alle
seine hier studirenden Unterthanen, deren Anzahl sich bis in die 80. belief, zu-
rütberusen, und es ist zu fürchten, daß andere Regierungen diesem Beispiele
folgen.

Wenn einer von euch etwas vom Landbaue verstünde, so würde ich ihn
zu mir nehmen und mir Ländereien anlaufen. So könnte ich es etwa mit der
Zeit zum Besitze eines Rittergutes bringen. Aber auch dies kann ich vor der
Hand nicht, weil ich nicht weiß, ob ich noch lange in diesen Gegenden bleiben
werde. Ich habe nemlich Vocationcn, die annehmbar sind, wenn Jena in
Verfall kommt; bei denen ich mich aber verschlimmere, wenn die Lage bleibt,
wie sie jezt ist. Kurz, mein ganzer Zustand ist schwankend.




Die herzlichsten Grüße von mir und meiner Frau an Eltern und Ge¬
schwister. , Deintreuer Bruder
I. Gottlieb Fichte

Die hier erwähnten Bocationen beziehen sich ohne Zweifel auf die beab¬
sichtigte neue Organisation der Universität zu Mainz, bei der man Fichte in's
Auge gefaßt hatte (I, 299 ff.).


25.

Jena, d. töten 7br. 98.


Lieber Bruder,

Deine Briefe habe ich erhalten. Wenn Du. wie ich hoffe, diesen Brief
zu rechter Zeit erhältst, d. i. wenigstens den 20sten dieses (Donnerstags) so
sey. den 2töten (Freytag) bei guter Zeit in Dresden, , und frage mir im Gast¬
hofe zum (goldnen glaube ich) Engel nach. Der Wirth heißt Eichhof. Bin
ich etwa nicht da, so werde ich doch dort meine Addresse lassen. — Richte Dich
so ein, daß Du die Nacht von Hause abwesend seyn kannst, und sey gut an¬
gezogen, denn wir wollen den andern Tag wohin reisen.

Uebrigens sey ohne Sorge, und laß Dich ja auf nichts ein, ehe ich Dich
gesprochen habe.


Meine Frau grüßt Dich, und die Eltern, so wie ich gleichfals
Der Deinige
5^. ^ ^ ..... -^^

Was das Ziel und der Zweck der hier verabredeten Reise war, ist un¬
bekannt.


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[0176] streiten kann. Ich muß von meiner Arbeit leben; und daß diese mir etwas eintrage, hängt von dem Flor dieser Universität ab. Dieser aber könnte in ein paar Jahren ganz sinken, denn schon jezt hat der Kaiser von Rußland alle seine hier studirenden Unterthanen, deren Anzahl sich bis in die 80. belief, zu- rütberusen, und es ist zu fürchten, daß andere Regierungen diesem Beispiele folgen. Wenn einer von euch etwas vom Landbaue verstünde, so würde ich ihn zu mir nehmen und mir Ländereien anlaufen. So könnte ich es etwa mit der Zeit zum Besitze eines Rittergutes bringen. Aber auch dies kann ich vor der Hand nicht, weil ich nicht weiß, ob ich noch lange in diesen Gegenden bleiben werde. Ich habe nemlich Vocationcn, die annehmbar sind, wenn Jena in Verfall kommt; bei denen ich mich aber verschlimmere, wenn die Lage bleibt, wie sie jezt ist. Kurz, mein ganzer Zustand ist schwankend. Die herzlichsten Grüße von mir und meiner Frau an Eltern und Ge¬ schwister. , Deintreuer Bruder I. Gottlieb Fichte Die hier erwähnten Bocationen beziehen sich ohne Zweifel auf die beab¬ sichtigte neue Organisation der Universität zu Mainz, bei der man Fichte in's Auge gefaßt hatte (I, 299 ff.). 25. Jena, d. töten 7br. 98. Lieber Bruder, Deine Briefe habe ich erhalten. Wenn Du. wie ich hoffe, diesen Brief zu rechter Zeit erhältst, d. i. wenigstens den 20sten dieses (Donnerstags) so sey. den 2töten (Freytag) bei guter Zeit in Dresden, , und frage mir im Gast¬ hofe zum (goldnen glaube ich) Engel nach. Der Wirth heißt Eichhof. Bin ich etwa nicht da, so werde ich doch dort meine Addresse lassen. — Richte Dich so ein, daß Du die Nacht von Hause abwesend seyn kannst, und sey gut an¬ gezogen, denn wir wollen den andern Tag wohin reisen. Uebrigens sey ohne Sorge, und laß Dich ja auf nichts ein, ehe ich Dich gesprochen habe. Meine Frau grüßt Dich, und die Eltern, so wie ich gleichfals Der Deinige 5^. ^ ^ ..... -^^ Was das Ziel und der Zweck der hier verabredeten Reise war, ist un¬ bekannt.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114313/176>, abgerufen am 24.05.2024.