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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band.

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Wir zweifeln aber auch, daß das Haus die politischen Gesichtspunkte
der Mehrheit dieser Commission theilen wird. Dieselben laufen in ihrem
praktischen Resultat darauf hinaus., daß Preußen in feiner inferioren Stellung
als schwächster Seestaat zu verbleiben haben wird, und daß eine wirkliche
Flotte, wie die Regierung sie vorschlägt, vom Uebel sei, weil sie zu viel "Aelt
koste. Ein Commissionsglied spricht ohne Scheu ausdrücklich aus: "hier heiße
es pliucipiis ciwta" d. h. auch künftig soll nichts Ordentliches bewilligt wer¬
den. Es handelt sich also nicht blos darum, diesem Ministerium die für eine
Flotte erforderlichen Fonds zu verweigern, sondern einige Mitglieder würden
sie nach den von ihnen angegebenen Motiven allen Ministerien überhaupt
verweigern.

Bei solcher Auffassung darf es denn nicht Wunder nehmen, daß diese
Commissionsverhandlungen von einer Aeußerung nicht .frei geblieben sind,
die von einem bedenklichen Standpunkt der politischen Moral zeugt. Ein Mit¬
glied, Herr Reichenheim, sagte: "Zu einem Panzerboote reichten die Flvtten-
beiträge aus, die könne man verwenden und damit das nöthige Lehrgeld bezah¬
len." Durch den Vorsitzenden, den General Stavenhagen, den Einzigen, der in
der Commission alle Forderungen der Negierung befürwortete, wurde diese
unwürdige Aeußerung sofort richtig beantwortet: "Lehrgeld müsse man mit
eigenem, nicht mit' fremdem Gelde zahlen, nicht mit Flottenbeiträgen."

Das Resultat der Commissionsverhandlungen ist gewesen, daß die For¬
derung der Negierung durch die Mehrheit nicht empfohlen werden, Däne¬
mark also im Bau von Panzerschiffen Deutschland vorankommen soll.
Dagegen soll die Regierung aufgefordert werden, in der nächsten Session
einen Plan zur "schleunigen" Entwicklung der Kriegsmarine, nebst Nachweis
der zur Ausführung des Planes erforderlichen "der Finanzkraft des Landes
entsprechenden" Deckungsmittel vorzulegen. Diesem Beschluß der Commission
haben auch diejenigen Mitglieder zu gestimmt, welche von gar keiner Ent¬
wicklung der Flotte etwas wissen wollen, welche die Forderung zurückweisen,
weil sie überhaupt einen Anfang maritimer Entwicklung enthält. Der
Schwerpunkt des Beschlusses liegt eben darin, daß die Finanzkraft des Lan¬
des betont ist.

Der Antrag geht von demselben Mitgliede aus, welches jenen niedrigen
Vorschlag zur Verwendung der freiwilligen Flottenbeiträge machte. Die
"schleunige" Entwicklung ist offenbar hineingebracht, um im preußischen
Volke und in Deutschland vorläufig noch die Illusion aufrecht zu halten, als
ob man durchaus eine Flotte haben wolle und dieselbe gar nicht rasch genug
bekommen könne. Indessen die Phrasen thun es nicht mehr.

Die Wahrheit ist, daß die preußische Regierung iii dieser Sache alles
gethan hat, was von ihr gefordert werden konnte; daß aber ein Ausschuß
der preußischen Volksvertretung empfiehlt, klein, engherzig, niedrig zu handeln,


Wir zweifeln aber auch, daß das Haus die politischen Gesichtspunkte
der Mehrheit dieser Commission theilen wird. Dieselben laufen in ihrem
praktischen Resultat darauf hinaus., daß Preußen in feiner inferioren Stellung
als schwächster Seestaat zu verbleiben haben wird, und daß eine wirkliche
Flotte, wie die Regierung sie vorschlägt, vom Uebel sei, weil sie zu viel «Aelt
koste. Ein Commissionsglied spricht ohne Scheu ausdrücklich aus: „hier heiße
es pliucipiis ciwta" d. h. auch künftig soll nichts Ordentliches bewilligt wer¬
den. Es handelt sich also nicht blos darum, diesem Ministerium die für eine
Flotte erforderlichen Fonds zu verweigern, sondern einige Mitglieder würden
sie nach den von ihnen angegebenen Motiven allen Ministerien überhaupt
verweigern.

Bei solcher Auffassung darf es denn nicht Wunder nehmen, daß diese
Commissionsverhandlungen von einer Aeußerung nicht .frei geblieben sind,
die von einem bedenklichen Standpunkt der politischen Moral zeugt. Ein Mit¬
glied, Herr Reichenheim, sagte: „Zu einem Panzerboote reichten die Flvtten-
beiträge aus, die könne man verwenden und damit das nöthige Lehrgeld bezah¬
len." Durch den Vorsitzenden, den General Stavenhagen, den Einzigen, der in
der Commission alle Forderungen der Negierung befürwortete, wurde diese
unwürdige Aeußerung sofort richtig beantwortet: „Lehrgeld müsse man mit
eigenem, nicht mit' fremdem Gelde zahlen, nicht mit Flottenbeiträgen."

Das Resultat der Commissionsverhandlungen ist gewesen, daß die For¬
derung der Negierung durch die Mehrheit nicht empfohlen werden, Däne¬
mark also im Bau von Panzerschiffen Deutschland vorankommen soll.
Dagegen soll die Regierung aufgefordert werden, in der nächsten Session
einen Plan zur „schleunigen" Entwicklung der Kriegsmarine, nebst Nachweis
der zur Ausführung des Planes erforderlichen „der Finanzkraft des Landes
entsprechenden" Deckungsmittel vorzulegen. Diesem Beschluß der Commission
haben auch diejenigen Mitglieder zu gestimmt, welche von gar keiner Ent¬
wicklung der Flotte etwas wissen wollen, welche die Forderung zurückweisen,
weil sie überhaupt einen Anfang maritimer Entwicklung enthält. Der
Schwerpunkt des Beschlusses liegt eben darin, daß die Finanzkraft des Lan¬
des betont ist.

Der Antrag geht von demselben Mitgliede aus, welches jenen niedrigen
Vorschlag zur Verwendung der freiwilligen Flottenbeiträge machte. Die
„schleunige" Entwicklung ist offenbar hineingebracht, um im preußischen
Volke und in Deutschland vorläufig noch die Illusion aufrecht zu halten, als
ob man durchaus eine Flotte haben wolle und dieselbe gar nicht rasch genug
bekommen könne. Indessen die Phrasen thun es nicht mehr.

Die Wahrheit ist, daß die preußische Regierung iii dieser Sache alles
gethan hat, was von ihr gefordert werden konnte; daß aber ein Ausschuß
der preußischen Volksvertretung empfiehlt, klein, engherzig, niedrig zu handeln,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114313/416>, abgerufen am 24.05.2024.