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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band.

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auf; der Gatte ließ seine großen weißen Augäpfel rollen und zeigte grinsend
die schneeweißen Zähne; seine zartere Hälfte begrüßte uns mit einem koketten
Lächeln, welches jeder Weltdame Ehre gemacht haben würde.

Wir traten heran, und es entspann sich folgende Unterhaltung zwischen
uns, die ich hier wörtlich wieder gebe. "Was machst Du da?" -- Nach den
gewöhnlichen Grimassen, Kichern, Augenverdrehen ze. antwortete der Gefragte,
mit dem Finger auf seine Brust zeigend: "Dieser hier Nigger waschen sür
Soldaten." -- "Bist Du Sklave gewesen?", -- "?of Sarr." -- "Aber
Du bist jetzt doch ein freier Mann?" -- "Weiß nicht." -- "Warum nicht? die
Uankees (der stereotype Ausdruck für die Nördlichen im Süden, obwohl darunter
eigentlich nur die Einwohner der Oststaaten zu Verstehen sind) haben keine
Sklaven." -- "Xo, Uantees nicht Sklaven, aber Massa vielleicht kommen zu¬
rück." -- "Massa nicht wieder kommen; wir mit Aankees gehen, wir Nigger
jetzt frei," warf die Frau dazwischen, welche der Unterhaltung aufmerksam folgte,
ohne jedoch dabei ihren Pudel zu vernachlässigen. Nun fingen sie in ihrer
komischen und kindischen Weise, immer über sich selbst lachend, kichernd, Gesichter
schneidend, Augen verdrehend zu erzählen an, was ich nachher hundertmal wieder
gehört habe und worauf ich noch bei anderer Gelegenheit speciell zurückkommen
werde. Sie waren wie tausend andere ihrem Herrn bei Ankunft der nördlichen
Truppen entlaufen, als dieselben sich aufs Festland (on dir<z main) in der
Richtung von Charleston und Savannah flüchteten und nährten sich jetzt als
freie Menschen von ihrer Hände Arbeit. - Dies gefiel ihnen viel besser, und zum
Schluß fügten sie in ihrer Unschuld hinzu: (Zlocl bloss tNL Zock cllurmsä*) lankoes.
I wislr rrmssg, irever eoirrs dg.et.

Wir überließen das glückliche Paar seiner Beschäftigung, nachdem wir dem
Manne ein geringfügiges Geschenk an Tabak gemacht, über welches er große
Freude bezeigte, und begaben uns ins Hauptquartier, um uns General Sherman
vorzustellen und ein Creditiv für unsere Thätigkeit in seinem Departement zu
erlangen.

Das Hauptquartier bestand aus einem eingefriedigten Platze, in welchem
sich die Zelte der höheren Stabsoffiziere und eine etwas größere Breterhütte,
die zum Bureau diente, befanden. Alles trug den Stempel demokratischer
Einfachheit; auch unser Empfang contrastirte wohlthuend mit der eisenfresserischen
Grobheit, durch welche in Deutschland manche Militärbureautraten sich auszeichnen
und Subalterne sich für die Taxationen ihrer Obern am Publicum zu rächen suchen.
Wir wurden sogleich beim General angemeldet und durch den Adjutanten
Capitain Pelouze eingeführt. Die Morgenstimmung war verraucht, und wir



Sie hatten den Namen nie anders als mit diesem schmeichelhaften Epitheton gehört.

auf; der Gatte ließ seine großen weißen Augäpfel rollen und zeigte grinsend
die schneeweißen Zähne; seine zartere Hälfte begrüßte uns mit einem koketten
Lächeln, welches jeder Weltdame Ehre gemacht haben würde.

Wir traten heran, und es entspann sich folgende Unterhaltung zwischen
uns, die ich hier wörtlich wieder gebe. „Was machst Du da?" — Nach den
gewöhnlichen Grimassen, Kichern, Augenverdrehen ze. antwortete der Gefragte,
mit dem Finger auf seine Brust zeigend: „Dieser hier Nigger waschen sür
Soldaten." — „Bist Du Sklave gewesen?", — „?of Sarr." — „Aber
Du bist jetzt doch ein freier Mann?" — „Weiß nicht." — „Warum nicht? die
Uankees (der stereotype Ausdruck für die Nördlichen im Süden, obwohl darunter
eigentlich nur die Einwohner der Oststaaten zu Verstehen sind) haben keine
Sklaven." — „Xo, Uantees nicht Sklaven, aber Massa vielleicht kommen zu¬
rück." — „Massa nicht wieder kommen; wir mit Aankees gehen, wir Nigger
jetzt frei," warf die Frau dazwischen, welche der Unterhaltung aufmerksam folgte,
ohne jedoch dabei ihren Pudel zu vernachlässigen. Nun fingen sie in ihrer
komischen und kindischen Weise, immer über sich selbst lachend, kichernd, Gesichter
schneidend, Augen verdrehend zu erzählen an, was ich nachher hundertmal wieder
gehört habe und worauf ich noch bei anderer Gelegenheit speciell zurückkommen
werde. Sie waren wie tausend andere ihrem Herrn bei Ankunft der nördlichen
Truppen entlaufen, als dieselben sich aufs Festland (on dir<z main) in der
Richtung von Charleston und Savannah flüchteten und nährten sich jetzt als
freie Menschen von ihrer Hände Arbeit. - Dies gefiel ihnen viel besser, und zum
Schluß fügten sie in ihrer Unschuld hinzu: (Zlocl bloss tNL Zock cllurmsä*) lankoes.
I wislr rrmssg, irever eoirrs dg.et.

Wir überließen das glückliche Paar seiner Beschäftigung, nachdem wir dem
Manne ein geringfügiges Geschenk an Tabak gemacht, über welches er große
Freude bezeigte, und begaben uns ins Hauptquartier, um uns General Sherman
vorzustellen und ein Creditiv für unsere Thätigkeit in seinem Departement zu
erlangen.

Das Hauptquartier bestand aus einem eingefriedigten Platze, in welchem
sich die Zelte der höheren Stabsoffiziere und eine etwas größere Breterhütte,
die zum Bureau diente, befanden. Alles trug den Stempel demokratischer
Einfachheit; auch unser Empfang contrastirte wohlthuend mit der eisenfresserischen
Grobheit, durch welche in Deutschland manche Militärbureautraten sich auszeichnen
und Subalterne sich für die Taxationen ihrer Obern am Publicum zu rächen suchen.
Wir wurden sogleich beim General angemeldet und durch den Adjutanten
Capitain Pelouze eingeführt. Die Morgenstimmung war verraucht, und wir



Sie hatten den Namen nie anders als mit diesem schmeichelhaften Epitheton gehört.
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[0218] auf; der Gatte ließ seine großen weißen Augäpfel rollen und zeigte grinsend die schneeweißen Zähne; seine zartere Hälfte begrüßte uns mit einem koketten Lächeln, welches jeder Weltdame Ehre gemacht haben würde. Wir traten heran, und es entspann sich folgende Unterhaltung zwischen uns, die ich hier wörtlich wieder gebe. „Was machst Du da?" — Nach den gewöhnlichen Grimassen, Kichern, Augenverdrehen ze. antwortete der Gefragte, mit dem Finger auf seine Brust zeigend: „Dieser hier Nigger waschen sür Soldaten." — „Bist Du Sklave gewesen?", — „?of Sarr." — „Aber Du bist jetzt doch ein freier Mann?" — „Weiß nicht." — „Warum nicht? die Uankees (der stereotype Ausdruck für die Nördlichen im Süden, obwohl darunter eigentlich nur die Einwohner der Oststaaten zu Verstehen sind) haben keine Sklaven." — „Xo, Uantees nicht Sklaven, aber Massa vielleicht kommen zu¬ rück." — „Massa nicht wieder kommen; wir mit Aankees gehen, wir Nigger jetzt frei," warf die Frau dazwischen, welche der Unterhaltung aufmerksam folgte, ohne jedoch dabei ihren Pudel zu vernachlässigen. Nun fingen sie in ihrer komischen und kindischen Weise, immer über sich selbst lachend, kichernd, Gesichter schneidend, Augen verdrehend zu erzählen an, was ich nachher hundertmal wieder gehört habe und worauf ich noch bei anderer Gelegenheit speciell zurückkommen werde. Sie waren wie tausend andere ihrem Herrn bei Ankunft der nördlichen Truppen entlaufen, als dieselben sich aufs Festland (on dir<z main) in der Richtung von Charleston und Savannah flüchteten und nährten sich jetzt als freie Menschen von ihrer Hände Arbeit. - Dies gefiel ihnen viel besser, und zum Schluß fügten sie in ihrer Unschuld hinzu: (Zlocl bloss tNL Zock cllurmsä*) lankoes. I wislr rrmssg, irever eoirrs dg.et. Wir überließen das glückliche Paar seiner Beschäftigung, nachdem wir dem Manne ein geringfügiges Geschenk an Tabak gemacht, über welches er große Freude bezeigte, und begaben uns ins Hauptquartier, um uns General Sherman vorzustellen und ein Creditiv für unsere Thätigkeit in seinem Departement zu erlangen. Das Hauptquartier bestand aus einem eingefriedigten Platze, in welchem sich die Zelte der höheren Stabsoffiziere und eine etwas größere Breterhütte, die zum Bureau diente, befanden. Alles trug den Stempel demokratischer Einfachheit; auch unser Empfang contrastirte wohlthuend mit der eisenfresserischen Grobheit, durch welche in Deutschland manche Militärbureautraten sich auszeichnen und Subalterne sich für die Taxationen ihrer Obern am Publicum zu rächen suchen. Wir wurden sogleich beim General angemeldet und durch den Adjutanten Capitain Pelouze eingeführt. Die Morgenstimmung war verraucht, und wir Sie hatten den Namen nie anders als mit diesem schmeichelhaften Epitheton gehört.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114855/218>, abgerufen am 14.05.2024.