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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band.

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gen früh ans Land und fanden uns durch eine Reihe von stattlichen Gebäuden
nach der Wasserfront zu aufs Angenehmste überrascht. Beaufort liegt auf einem
hohen Dreieck, das an beiden Katheten von fließendem Wasser umspült und
an der Hypotenuse von dichtem Walde begrenzt wird. Nach dem Flusse zu
dacht sich das Land terrassenförmig ab, so daß die Häuser amphitheatralisch über¬
einander stehen und sich nicht einander die Aussicht aufs Wasser und die nahe¬
liegenden schönen Inseln benehmen. -- Vor allen Häusern befanden sich Gärten,
welche trotz der nicht zu verkennenden Vernachlässigung in neuerer Zeit noch
Spuren genug einer geschmackvollen Anlage und einstiger sorgfältiger Pflege
zeigten. An der Front führten Treppen zu der geräumigen Veranda hinauf,
von wo aus man mit einem Blick eine der lieblichsten Landschaften be¬
herrschte, auf welchen das Auge ruhen kann. Hinter jedem Hause befand
sich ein geräumiger Hof, der wieder von den Sklavenquartieren begrenzt wurde,
welche durch Glockenzuge mit jedem besonderen Zimmer des Herrenhauses in
Verbindung standen. Das Innere der Häuser war ebenfalls, obgleich nicht so
comfortabel und luxuriös, wie in den Prachtpalästen des Nordens, doch wirklich
geschmackvoll und aristokratisch eingerichtet.

Man fühlte, daß man sich in dem Dunstkreise der Creme der südlichen
Ritterschaft bewegte, und-dies war auch, der höchste Stolz aller in Beaufort
ansässigen Südcaroliner. Sie waren exclusiv, vollständig exclusiv; sie waren
die reichsten, die ältesten, die einflußreichsten Familien des Landes, zu gleicher
Zeit die rabiatsten Feuerfresser und die Hauptvertreter der südlichen Interessen.
"Du sollst keine andern Götter Kaden neben mir" war ihr sittlicher Hauptgrund¬
satz. Arme Weiße, der "xoor >verite ers-öd", wurden in Beaufort nicht geduldet;
der Handel wurde auf einen einzigen Laden für die Nigger beschränkt, in
welchem nur eine beschränkte Anzahl von Artikeln gehalten werden durfte.
Kirchen gab es zwei; in der einen wurde den Reichen von dem göttlichen
Institut der Sklaverei, von ihrer Vortrefflichkeit im Allgemeinen und Beson¬
deren gepredigt; in der andern wurden die Nigger und armen Weißen belehrt,
daß die Sklavenhalter ihre natürlichen Herren seien, die mit ihnen machen
könnten, was sie wollten, und von denen sie jeden Fußtritt als besondere
Fügung des Himmels zu betrachten hätten. In diesem exclusiver Absolutismus
war Beaufort glücklich. Da waren'die Haywoods, die Smiths, die Garde-
ncrs. Wer kennt die Völker, nennt die Namen! Jede Familie, welche sich
in der Vertheidigung der heiligen Rechte des Südens besonders hervorgethan
hat, fand gewiß in Beaufort ihren Vertreter, und wie mußte es schmerzen, daß
dieses Allerheiligste der Cavaliere von der Peitsche den plebejischen Horden der
Aankees anheimfallen mußte. Doch leider war es so. Die Schildwachen,
welche hier und da vor den Häusern paradirten; die Kanonen, welche von Zeit
zu Zeit aufgepflanzt waren und vor allen Dingen die Sterne und Streifen,


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gen früh ans Land und fanden uns durch eine Reihe von stattlichen Gebäuden
nach der Wasserfront zu aufs Angenehmste überrascht. Beaufort liegt auf einem
hohen Dreieck, das an beiden Katheten von fließendem Wasser umspült und
an der Hypotenuse von dichtem Walde begrenzt wird. Nach dem Flusse zu
dacht sich das Land terrassenförmig ab, so daß die Häuser amphitheatralisch über¬
einander stehen und sich nicht einander die Aussicht aufs Wasser und die nahe¬
liegenden schönen Inseln benehmen. — Vor allen Häusern befanden sich Gärten,
welche trotz der nicht zu verkennenden Vernachlässigung in neuerer Zeit noch
Spuren genug einer geschmackvollen Anlage und einstiger sorgfältiger Pflege
zeigten. An der Front führten Treppen zu der geräumigen Veranda hinauf,
von wo aus man mit einem Blick eine der lieblichsten Landschaften be¬
herrschte, auf welchen das Auge ruhen kann. Hinter jedem Hause befand
sich ein geräumiger Hof, der wieder von den Sklavenquartieren begrenzt wurde,
welche durch Glockenzuge mit jedem besonderen Zimmer des Herrenhauses in
Verbindung standen. Das Innere der Häuser war ebenfalls, obgleich nicht so
comfortabel und luxuriös, wie in den Prachtpalästen des Nordens, doch wirklich
geschmackvoll und aristokratisch eingerichtet.

Man fühlte, daß man sich in dem Dunstkreise der Creme der südlichen
Ritterschaft bewegte, und-dies war auch, der höchste Stolz aller in Beaufort
ansässigen Südcaroliner. Sie waren exclusiv, vollständig exclusiv; sie waren
die reichsten, die ältesten, die einflußreichsten Familien des Landes, zu gleicher
Zeit die rabiatsten Feuerfresser und die Hauptvertreter der südlichen Interessen.
„Du sollst keine andern Götter Kaden neben mir" war ihr sittlicher Hauptgrund¬
satz. Arme Weiße, der „xoor >verite ers-öd", wurden in Beaufort nicht geduldet;
der Handel wurde auf einen einzigen Laden für die Nigger beschränkt, in
welchem nur eine beschränkte Anzahl von Artikeln gehalten werden durfte.
Kirchen gab es zwei; in der einen wurde den Reichen von dem göttlichen
Institut der Sklaverei, von ihrer Vortrefflichkeit im Allgemeinen und Beson¬
deren gepredigt; in der andern wurden die Nigger und armen Weißen belehrt,
daß die Sklavenhalter ihre natürlichen Herren seien, die mit ihnen machen
könnten, was sie wollten, und von denen sie jeden Fußtritt als besondere
Fügung des Himmels zu betrachten hätten. In diesem exclusiver Absolutismus
war Beaufort glücklich. Da waren'die Haywoods, die Smiths, die Garde-
ncrs. Wer kennt die Völker, nennt die Namen! Jede Familie, welche sich
in der Vertheidigung der heiligen Rechte des Südens besonders hervorgethan
hat, fand gewiß in Beaufort ihren Vertreter, und wie mußte es schmerzen, daß
dieses Allerheiligste der Cavaliere von der Peitsche den plebejischen Horden der
Aankees anheimfallen mußte. Doch leider war es so. Die Schildwachen,
welche hier und da vor den Häusern paradirten; die Kanonen, welche von Zeit
zu Zeit aufgepflanzt waren und vor allen Dingen die Sterne und Streifen,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114855/227>, abgerufen am 14.05.2024.