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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band.

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dieses Machwerk des Konsistoriums fallen muß. Dürfen wir doch jetzt hoffen,
daß auch unsere innerste Ueberzeugung von dem Unwerth des Gesangbuchs,
unsere Anhänglichkeit an das von unsern Vätern überkommene osnabrücker
Landgesangbuch von Ew. Majestät berücksichtigt werden wird. Sprechen wir
es daher offen aus: unsere Gewissen sind bedrückt durch das Schulgesangbuch,
wir erachten durch dasselbe unsern evangelischen Glauben bedroht, wir nehmen
an vielen Sätzen Anstoß und finden die Ausdrucksweise veraltet, stellenweise
unpassend und lächerlich; unsere Schulen werden nicht eher den Frieden be¬
kommen, als das Schulgesangbuch daraus beseitigt ist. zumal neben demselben
für Leichenversingungen und die Kirche das Landgesangbuch von den Schülern
gebraucht werden muß und somit der Streit zwischen beiden Büchern in unsern
Schulen gewissermaßen in Permanenz ist. Und auch wir Eltern werden nickt
eher ruhig werden, ehe das Schulgesangbuch nicht ganz beseitigt ist, denn so
lange dies nicht geschehen ist. werden wir in steter Besorgnis; leben, das uns
verhaßte Schulgesangbuch vom Konsistorium auch in die Kirchen eingebracht
zu sehen; zwar fürchten wir nicht den Versuch der offenen Einführung
desselben in die Kirchen und sind bei unserer dem Consistorium bekannten
einmüthigen Anhänglichkeit an das osnabrücker Landgesangbuch, vor einer
offenen Verdrängung desselben sicher. Allein wir fürchten eine Einbrin¬
gung des Schulgesangbuchs in die Kirchen nach Art der Einführung des Kate,
chismus. Und ist uns recht berichtet, so ist derartiges bereits im Werke.
Darnach soll nämlich bei der jetzigen neuen Auflage des Landgesangbuchs statt
des jetzt dem Landgesangbuche nachgedruckten Anhangs das Schulgesangbuch
als Anhang dem Landgesangbuche nachgefügt werden. Damit wäre das Schul¬
gesangbuch in die Kirchen eingebracht und wir fürchten, es würde dann nicht
lange dauern, daß thatsächlich in den Kirchen nur das Schulgesangbuch benutzt
würde. Dieser Gefahr gehen wir nur sicher aus dem Wege durch gänzliche
Beseitigung des Schulgesangbuchs."'

Die Unterzeichner schließen diese Vorstellung mit der Bitte, der König
"wolle geneigtest geruhen zu befehlen, daß das Schulgesangbuch beseitigt und
das osnabrücker Landgesangbuch wieder in unsern Schulen gebraucht werde."
und fahren hierauf fort:

"Die Herstellung des hannoverschen Landeskatechismus und des osnabrücker
Landgesangbuchs in unsern Schulen hilft nur unserm augenblicklichen Gewissens-
bedruck ab. Soll uns dauernd geholfen werden, so muß die Synodal¬
verfassung eingeführt werden. Es ist unsere feste Ueberzeugung,
daß uns die kirchlichen Kämpfe der letzten Jahre mit ihren unseligen Folgen,
ihrem Unfrieden zwischen Lehrern und Gemeinden, ihrem Hader zwischen Geist¬
lichen und Gemeinden, ihrem verderblichen Einfluß auf das in diesen Kämpfen
den Schulen entwachsene jüngere Geschlecht erspart wären, wenn wir die, uns


dieses Machwerk des Konsistoriums fallen muß. Dürfen wir doch jetzt hoffen,
daß auch unsere innerste Ueberzeugung von dem Unwerth des Gesangbuchs,
unsere Anhänglichkeit an das von unsern Vätern überkommene osnabrücker
Landgesangbuch von Ew. Majestät berücksichtigt werden wird. Sprechen wir
es daher offen aus: unsere Gewissen sind bedrückt durch das Schulgesangbuch,
wir erachten durch dasselbe unsern evangelischen Glauben bedroht, wir nehmen
an vielen Sätzen Anstoß und finden die Ausdrucksweise veraltet, stellenweise
unpassend und lächerlich; unsere Schulen werden nicht eher den Frieden be¬
kommen, als das Schulgesangbuch daraus beseitigt ist. zumal neben demselben
für Leichenversingungen und die Kirche das Landgesangbuch von den Schülern
gebraucht werden muß und somit der Streit zwischen beiden Büchern in unsern
Schulen gewissermaßen in Permanenz ist. Und auch wir Eltern werden nickt
eher ruhig werden, ehe das Schulgesangbuch nicht ganz beseitigt ist, denn so
lange dies nicht geschehen ist. werden wir in steter Besorgnis; leben, das uns
verhaßte Schulgesangbuch vom Konsistorium auch in die Kirchen eingebracht
zu sehen; zwar fürchten wir nicht den Versuch der offenen Einführung
desselben in die Kirchen und sind bei unserer dem Consistorium bekannten
einmüthigen Anhänglichkeit an das osnabrücker Landgesangbuch, vor einer
offenen Verdrängung desselben sicher. Allein wir fürchten eine Einbrin¬
gung des Schulgesangbuchs in die Kirchen nach Art der Einführung des Kate,
chismus. Und ist uns recht berichtet, so ist derartiges bereits im Werke.
Darnach soll nämlich bei der jetzigen neuen Auflage des Landgesangbuchs statt
des jetzt dem Landgesangbuche nachgedruckten Anhangs das Schulgesangbuch
als Anhang dem Landgesangbuche nachgefügt werden. Damit wäre das Schul¬
gesangbuch in die Kirchen eingebracht und wir fürchten, es würde dann nicht
lange dauern, daß thatsächlich in den Kirchen nur das Schulgesangbuch benutzt
würde. Dieser Gefahr gehen wir nur sicher aus dem Wege durch gänzliche
Beseitigung des Schulgesangbuchs."'

Die Unterzeichner schließen diese Vorstellung mit der Bitte, der König
„wolle geneigtest geruhen zu befehlen, daß das Schulgesangbuch beseitigt und
das osnabrücker Landgesangbuch wieder in unsern Schulen gebraucht werde."
und fahren hierauf fort:

„Die Herstellung des hannoverschen Landeskatechismus und des osnabrücker
Landgesangbuchs in unsern Schulen hilft nur unserm augenblicklichen Gewissens-
bedruck ab. Soll uns dauernd geholfen werden, so muß die Synodal¬
verfassung eingeführt werden. Es ist unsere feste Ueberzeugung,
daß uns die kirchlichen Kämpfe der letzten Jahre mit ihren unseligen Folgen,
ihrem Unfrieden zwischen Lehrern und Gemeinden, ihrem Hader zwischen Geist¬
lichen und Gemeinden, ihrem verderblichen Einfluß auf das in diesen Kämpfen
den Schulen entwachsene jüngere Geschlecht erspart wären, wenn wir die, uns


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114855/31>, abgerufen am 13.05.2024.