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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band.

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die Erschütterung, welche er durch die Schlacht erlitten, so groß gewesen. >daß
er es nicht für gerathen hielt, uns in der immer stärker werdenden Stellung
anzugreifen.

Der Tag von Duwenstädt hatte ihm gezeigt, daß wir trotz des unglück¬
lichen Auffli?gens des Laboratoriums in Rendsburg nicht gemeint waren, einer
zweiten Schlacht auszuweichen, wenn er sie ernsthaft suchte. Zu einer solchen
war man aber fest entschlossen und zwar zu einer eben solchen, wie die bei
Idstedt. d. h. zu einer Schlacht mit einem offensiven Gegenstoß in den Angriff
hinein, nur nach den veränderten Umständen anders gemodelt. Für eine solche
Absicht waren die Verschanzungen bei Sorgbrück und Krummcndorf an der
Stender Mühle und zwischen den Seen bei Bunge angelegt: geschlossene Re¬
douten mit pallisadirter verdeckter Grabenverthcidigung und mit schwerem eiser¬
nem Festungsgeschütz besetzt. Hinter diesen sollte der Angriff abgewartet und
im günstig scheinenden Augenblick dem Angriff in die Parade gestoßen werden.
In zweiter Linie war dicht vor Rendsburg eine noch viel stärkere Stellung vor¬
bereitet, welche ich selbst im Hinblick auf die Ueberlegenheit. wie sie der Feind
gegen uns entwickeln konnte, zuletzt, als die kleine Armee in Zahl und Hal¬
tung sich sehr gebessert hatte, für völlig unüberwindlich hielt. Nach allen Sei¬
ten hin konnte eine starke Front geboten werden, und das Hervorbrechen war
überall gesichert. Rendsburg war zu einem vollkommenen Centralpunkt für
eine offensive Vertheidigung hergerichtet und bot nach jedem etwa verfehlten
Angriff eine sichere Zuflucht. Die Dänen allein, wie ich sie nun hatte kennen
lernen, hätten gegen diese Anstalten nie einen Angriff gewagt, oder doch sicher
keinen Erfolg gehabt.

Den großen Vortheil dieser Lage wollte ich um so weniger aufgeben, als
mir ein reiner Angriff auf den überlegenen Feind, der sich noch dazu überall
bis an die Zähne heran verschanzt hatte, durchaus keinen Erfolg zu versprechen
schien, wogegen mir ein solcher auf dem Wege, den ich mir vorgezeichnet hatte,
sicher in Aussicht stand. Wenn ich mich also nicht darauf einließ, den Feind in sei¬
ner starken Stellung anzugreifen, bevor mir nicht die dazu nöthige numerische
Stärke eine Aussicht auf Sieg bot, fo geschah dies nicht, wie fälschlich gesagt
worden, weil ich durch die unglückliche Schlacht das Vertrauen zu meinen
Truppen verloren hatte. Dazu hätte ich nur theilweise Veranlassung gehabt,
wenn ich nicht gewußt, wie wunderlich es sich oft mit Truppen verhält; daß
heldenmüthiges und ganz schwaches Betragen häufig dicht neben einander liegen
und daß ein erster Mißerfolg nichts gegen ihre Brauchbarkeit beweist, besonders
wenn, wie hier, die Ursachen davon so offen zu. Tage liegen. Ich wollte mich viel¬
mehr auch später aus einen solchen Angriff nicht einlassen, weil ich es für un¬
gerechtfertigt hielt, das Leben so vieler Tapferen an ein Unternehmen zu setzen,
bei dem ich kaum möglicher Weise einen Erfolg sah. Es schien mir die äußerste


die Erschütterung, welche er durch die Schlacht erlitten, so groß gewesen. >daß
er es nicht für gerathen hielt, uns in der immer stärker werdenden Stellung
anzugreifen.

Der Tag von Duwenstädt hatte ihm gezeigt, daß wir trotz des unglück¬
lichen Auffli?gens des Laboratoriums in Rendsburg nicht gemeint waren, einer
zweiten Schlacht auszuweichen, wenn er sie ernsthaft suchte. Zu einer solchen
war man aber fest entschlossen und zwar zu einer eben solchen, wie die bei
Idstedt. d. h. zu einer Schlacht mit einem offensiven Gegenstoß in den Angriff
hinein, nur nach den veränderten Umständen anders gemodelt. Für eine solche
Absicht waren die Verschanzungen bei Sorgbrück und Krummcndorf an der
Stender Mühle und zwischen den Seen bei Bunge angelegt: geschlossene Re¬
douten mit pallisadirter verdeckter Grabenverthcidigung und mit schwerem eiser¬
nem Festungsgeschütz besetzt. Hinter diesen sollte der Angriff abgewartet und
im günstig scheinenden Augenblick dem Angriff in die Parade gestoßen werden.
In zweiter Linie war dicht vor Rendsburg eine noch viel stärkere Stellung vor¬
bereitet, welche ich selbst im Hinblick auf die Ueberlegenheit. wie sie der Feind
gegen uns entwickeln konnte, zuletzt, als die kleine Armee in Zahl und Hal¬
tung sich sehr gebessert hatte, für völlig unüberwindlich hielt. Nach allen Sei¬
ten hin konnte eine starke Front geboten werden, und das Hervorbrechen war
überall gesichert. Rendsburg war zu einem vollkommenen Centralpunkt für
eine offensive Vertheidigung hergerichtet und bot nach jedem etwa verfehlten
Angriff eine sichere Zuflucht. Die Dänen allein, wie ich sie nun hatte kennen
lernen, hätten gegen diese Anstalten nie einen Angriff gewagt, oder doch sicher
keinen Erfolg gehabt.

Den großen Vortheil dieser Lage wollte ich um so weniger aufgeben, als
mir ein reiner Angriff auf den überlegenen Feind, der sich noch dazu überall
bis an die Zähne heran verschanzt hatte, durchaus keinen Erfolg zu versprechen
schien, wogegen mir ein solcher auf dem Wege, den ich mir vorgezeichnet hatte,
sicher in Aussicht stand. Wenn ich mich also nicht darauf einließ, den Feind in sei¬
ner starken Stellung anzugreifen, bevor mir nicht die dazu nöthige numerische
Stärke eine Aussicht auf Sieg bot, fo geschah dies nicht, wie fälschlich gesagt
worden, weil ich durch die unglückliche Schlacht das Vertrauen zu meinen
Truppen verloren hatte. Dazu hätte ich nur theilweise Veranlassung gehabt,
wenn ich nicht gewußt, wie wunderlich es sich oft mit Truppen verhält; daß
heldenmüthiges und ganz schwaches Betragen häufig dicht neben einander liegen
und daß ein erster Mißerfolg nichts gegen ihre Brauchbarkeit beweist, besonders
wenn, wie hier, die Ursachen davon so offen zu. Tage liegen. Ich wollte mich viel¬
mehr auch später aus einen solchen Angriff nicht einlassen, weil ich es für un¬
gerechtfertigt hielt, das Leben so vieler Tapferen an ein Unternehmen zu setzen,
bei dem ich kaum möglicher Weise einen Erfolg sah. Es schien mir die äußerste


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[0405] die Erschütterung, welche er durch die Schlacht erlitten, so groß gewesen. >daß er es nicht für gerathen hielt, uns in der immer stärker werdenden Stellung anzugreifen. Der Tag von Duwenstädt hatte ihm gezeigt, daß wir trotz des unglück¬ lichen Auffli?gens des Laboratoriums in Rendsburg nicht gemeint waren, einer zweiten Schlacht auszuweichen, wenn er sie ernsthaft suchte. Zu einer solchen war man aber fest entschlossen und zwar zu einer eben solchen, wie die bei Idstedt. d. h. zu einer Schlacht mit einem offensiven Gegenstoß in den Angriff hinein, nur nach den veränderten Umständen anders gemodelt. Für eine solche Absicht waren die Verschanzungen bei Sorgbrück und Krummcndorf an der Stender Mühle und zwischen den Seen bei Bunge angelegt: geschlossene Re¬ douten mit pallisadirter verdeckter Grabenverthcidigung und mit schwerem eiser¬ nem Festungsgeschütz besetzt. Hinter diesen sollte der Angriff abgewartet und im günstig scheinenden Augenblick dem Angriff in die Parade gestoßen werden. In zweiter Linie war dicht vor Rendsburg eine noch viel stärkere Stellung vor¬ bereitet, welche ich selbst im Hinblick auf die Ueberlegenheit. wie sie der Feind gegen uns entwickeln konnte, zuletzt, als die kleine Armee in Zahl und Hal¬ tung sich sehr gebessert hatte, für völlig unüberwindlich hielt. Nach allen Sei¬ ten hin konnte eine starke Front geboten werden, und das Hervorbrechen war überall gesichert. Rendsburg war zu einem vollkommenen Centralpunkt für eine offensive Vertheidigung hergerichtet und bot nach jedem etwa verfehlten Angriff eine sichere Zuflucht. Die Dänen allein, wie ich sie nun hatte kennen lernen, hätten gegen diese Anstalten nie einen Angriff gewagt, oder doch sicher keinen Erfolg gehabt. Den großen Vortheil dieser Lage wollte ich um so weniger aufgeben, als mir ein reiner Angriff auf den überlegenen Feind, der sich noch dazu überall bis an die Zähne heran verschanzt hatte, durchaus keinen Erfolg zu versprechen schien, wogegen mir ein solcher auf dem Wege, den ich mir vorgezeichnet hatte, sicher in Aussicht stand. Wenn ich mich also nicht darauf einließ, den Feind in sei¬ ner starken Stellung anzugreifen, bevor mir nicht die dazu nöthige numerische Stärke eine Aussicht auf Sieg bot, fo geschah dies nicht, wie fälschlich gesagt worden, weil ich durch die unglückliche Schlacht das Vertrauen zu meinen Truppen verloren hatte. Dazu hätte ich nur theilweise Veranlassung gehabt, wenn ich nicht gewußt, wie wunderlich es sich oft mit Truppen verhält; daß heldenmüthiges und ganz schwaches Betragen häufig dicht neben einander liegen und daß ein erster Mißerfolg nichts gegen ihre Brauchbarkeit beweist, besonders wenn, wie hier, die Ursachen davon so offen zu. Tage liegen. Ich wollte mich viel¬ mehr auch später aus einen solchen Angriff nicht einlassen, weil ich es für un¬ gerechtfertigt hielt, das Leben so vieler Tapferen an ein Unternehmen zu setzen, bei dem ich kaum möglicher Weise einen Erfolg sah. Es schien mir die äußerste

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114855/405>, abgerufen am 29.05.2024.