Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Stellung herauszulocken, mißlungen. Ein dritter Angriff darauf konnte nur
von völliger Unkenntnis) militärischer Dinge für möglich gehalten werden. Es
gibt vielleicht" in Europa kein Terrain, welches für militärische Combinationen
weniger Raum bietet, als das, in dein man sich da befand. Eingeengt zwischen
zwei Meere, welche kaum zehn Meilen auseinanderliegen (von Schleswig nach
Husum sind's sogar nur sechs Meilen) und dieser geringe Raum mannigfach mit
Wasserlinien durchschnitten, ist kein Bewcgungsraum, und man ist überall auf
den entschiedensten directen Angriff beschränkt.

In einem solchen Terrain aber gegen eine numerische Uebermacht, die sich
ganz auf die Vertheidigung beschränkte und sich noch durch große Arbeiten ver¬
stärkt hatte, bedeutende Erfolge herbeizuführen, möchte wohl als eine ziemlich
unlösbare Ausgabe zu betrachten sein. Ich wenigstens erklärte sie ohne Rück¬
halt für eine solche, welche nur durch Uebermacht auf unserer Seite oder durch
große Fehler auf Seiten des Feindes zu lösen sei. Zu Fehlern hatte ich zwei¬
mal vergeblich den Feind zu verleiten gesucht. Daß es mir ein drittes Mal
gelingen werde, durfte ich um so weniger hoffen, als ich eine Aeußerung, welche
das Gerücht dem dänischen Oberbefehlshaber in den Mund legte, für ebenso
richtig als authentisch hielt. Er sollte, so hieß es, gesagt haben, er wolle doch
sehen, wer zuerst von uns beiden so thöricht sein werde, den Andern anzugreifen,
er oder ich. Ich hatte mir wohl dieselbe Frage gestellt. Da nun mithin auf
das eine wesentliche Element zu einem größeren Erfolge, auf einen Fehler des
Gegners, zunächst nicht zu rechnen war, so lag nur das andere vor: Ueber¬
macht, wenigstens Gleichgewicht der Kräfte, oder doch ein Verhältniß, was
einem solchen ziemlich nahe kam, und dies herbeizuführen, darauf richtete ich
nun zunächst alle Anstrengung. Ein solches aber würde ich für einigermaßen
hergestellt gehalten haben, wenn es gelang, die gleich bei meinem Eintritt be¬
absichtigte und begonnene Formation zu vollenden, nämlich aus jedem der
20 Bataillone, nach preußischer Art zu 1000 Mann in drei Gliedern, zwei zu
6 -- 700 Mann in zwei Gliedern zu bilden. Der Anfang zu dieser Umbildung
war schon vor der Schlacht von Jdstedt gemacht worden und hatte sich sehr
bewährt. Offenbar hatte der Feind jeder Abtheilung damals eines seiner Ba¬
taillone entgegengestellt; denn wie wäre es sonst gekommen, daß er nach seinem
eigenen Geständniß im kritischesten Augenblicke der Schlacht nur noch zwei Ba¬
taillone zur Verfügung hatte. Es war also nichts als Unkenntniß und Leiden¬
schaftlichkeit, wenn gesagt worden ist, eben jene Formation habe zum Verluste
der Schlacht wesentlich beigetragen. Sie war ganz im Gegentheil eine wesent¬
lich mitwirkende Ursache des ganz nahen Sieges, den zu erringen nichts fehlte
als etwas mehr Glück und etwas mehr Entschlossenheit an einer oder der andern
Stelle, und dann war es ein glänzender Sieg, gegen eine bedeutende Uebermacht
erfochten, eingeleitet durch einen richtigen Gedanken und einen kühnen Entschluß.


Stellung herauszulocken, mißlungen. Ein dritter Angriff darauf konnte nur
von völliger Unkenntnis) militärischer Dinge für möglich gehalten werden. Es
gibt vielleicht" in Europa kein Terrain, welches für militärische Combinationen
weniger Raum bietet, als das, in dein man sich da befand. Eingeengt zwischen
zwei Meere, welche kaum zehn Meilen auseinanderliegen (von Schleswig nach
Husum sind's sogar nur sechs Meilen) und dieser geringe Raum mannigfach mit
Wasserlinien durchschnitten, ist kein Bewcgungsraum, und man ist überall auf
den entschiedensten directen Angriff beschränkt.

In einem solchen Terrain aber gegen eine numerische Uebermacht, die sich
ganz auf die Vertheidigung beschränkte und sich noch durch große Arbeiten ver¬
stärkt hatte, bedeutende Erfolge herbeizuführen, möchte wohl als eine ziemlich
unlösbare Ausgabe zu betrachten sein. Ich wenigstens erklärte sie ohne Rück¬
halt für eine solche, welche nur durch Uebermacht auf unserer Seite oder durch
große Fehler auf Seiten des Feindes zu lösen sei. Zu Fehlern hatte ich zwei¬
mal vergeblich den Feind zu verleiten gesucht. Daß es mir ein drittes Mal
gelingen werde, durfte ich um so weniger hoffen, als ich eine Aeußerung, welche
das Gerücht dem dänischen Oberbefehlshaber in den Mund legte, für ebenso
richtig als authentisch hielt. Er sollte, so hieß es, gesagt haben, er wolle doch
sehen, wer zuerst von uns beiden so thöricht sein werde, den Andern anzugreifen,
er oder ich. Ich hatte mir wohl dieselbe Frage gestellt. Da nun mithin auf
das eine wesentliche Element zu einem größeren Erfolge, auf einen Fehler des
Gegners, zunächst nicht zu rechnen war, so lag nur das andere vor: Ueber¬
macht, wenigstens Gleichgewicht der Kräfte, oder doch ein Verhältniß, was
einem solchen ziemlich nahe kam, und dies herbeizuführen, darauf richtete ich
nun zunächst alle Anstrengung. Ein solches aber würde ich für einigermaßen
hergestellt gehalten haben, wenn es gelang, die gleich bei meinem Eintritt be¬
absichtigte und begonnene Formation zu vollenden, nämlich aus jedem der
20 Bataillone, nach preußischer Art zu 1000 Mann in drei Gliedern, zwei zu
6 — 700 Mann in zwei Gliedern zu bilden. Der Anfang zu dieser Umbildung
war schon vor der Schlacht von Jdstedt gemacht worden und hatte sich sehr
bewährt. Offenbar hatte der Feind jeder Abtheilung damals eines seiner Ba¬
taillone entgegengestellt; denn wie wäre es sonst gekommen, daß er nach seinem
eigenen Geständniß im kritischesten Augenblicke der Schlacht nur noch zwei Ba¬
taillone zur Verfügung hatte. Es war also nichts als Unkenntniß und Leiden¬
schaftlichkeit, wenn gesagt worden ist, eben jene Formation habe zum Verluste
der Schlacht wesentlich beigetragen. Sie war ganz im Gegentheil eine wesent¬
lich mitwirkende Ursache des ganz nahen Sieges, den zu erringen nichts fehlte
als etwas mehr Glück und etwas mehr Entschlossenheit an einer oder der andern
Stelle, und dann war es ein glänzender Sieg, gegen eine bedeutende Uebermacht
erfochten, eingeleitet durch einen richtigen Gedanken und einen kühnen Entschluß.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0410" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/115262"/>
          <p xml:id="ID_1313" prev="#ID_1312"> Stellung herauszulocken, mißlungen. Ein dritter Angriff darauf konnte nur<lb/>
von völliger Unkenntnis) militärischer Dinge für möglich gehalten werden. Es<lb/>
gibt vielleicht" in Europa kein Terrain, welches für militärische Combinationen<lb/>
weniger Raum bietet, als das, in dein man sich da befand. Eingeengt zwischen<lb/>
zwei Meere, welche kaum zehn Meilen auseinanderliegen (von Schleswig nach<lb/>
Husum sind's sogar nur sechs Meilen) und dieser geringe Raum mannigfach mit<lb/>
Wasserlinien durchschnitten, ist kein Bewcgungsraum, und man ist überall auf<lb/>
den entschiedensten directen Angriff beschränkt.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1314"> In einem solchen Terrain aber gegen eine numerische Uebermacht, die sich<lb/>
ganz auf die Vertheidigung beschränkte und sich noch durch große Arbeiten ver¬<lb/>
stärkt hatte, bedeutende Erfolge herbeizuführen, möchte wohl als eine ziemlich<lb/>
unlösbare Ausgabe zu betrachten sein. Ich wenigstens erklärte sie ohne Rück¬<lb/>
halt für eine solche, welche nur durch Uebermacht auf unserer Seite oder durch<lb/>
große Fehler auf Seiten des Feindes zu lösen sei. Zu Fehlern hatte ich zwei¬<lb/>
mal vergeblich den Feind zu verleiten gesucht. Daß es mir ein drittes Mal<lb/>
gelingen werde, durfte ich um so weniger hoffen, als ich eine Aeußerung, welche<lb/>
das Gerücht dem dänischen Oberbefehlshaber in den Mund legte, für ebenso<lb/>
richtig als authentisch hielt. Er sollte, so hieß es, gesagt haben, er wolle doch<lb/>
sehen, wer zuerst von uns beiden so thöricht sein werde, den Andern anzugreifen,<lb/>
er oder ich. Ich hatte mir wohl dieselbe Frage gestellt. Da nun mithin auf<lb/>
das eine wesentliche Element zu einem größeren Erfolge, auf einen Fehler des<lb/>
Gegners, zunächst nicht zu rechnen war, so lag nur das andere vor: Ueber¬<lb/>
macht, wenigstens Gleichgewicht der Kräfte, oder doch ein Verhältniß, was<lb/>
einem solchen ziemlich nahe kam, und dies herbeizuführen, darauf richtete ich<lb/>
nun zunächst alle Anstrengung. Ein solches aber würde ich für einigermaßen<lb/>
hergestellt gehalten haben, wenn es gelang, die gleich bei meinem Eintritt be¬<lb/>
absichtigte und begonnene Formation zu vollenden, nämlich aus jedem der<lb/>
20 Bataillone, nach preußischer Art zu 1000 Mann in drei Gliedern, zwei zu<lb/>
6 &#x2014; 700 Mann in zwei Gliedern zu bilden. Der Anfang zu dieser Umbildung<lb/>
war schon vor der Schlacht von Jdstedt gemacht worden und hatte sich sehr<lb/>
bewährt. Offenbar hatte der Feind jeder Abtheilung damals eines seiner Ba¬<lb/>
taillone entgegengestellt; denn wie wäre es sonst gekommen, daß er nach seinem<lb/>
eigenen Geständniß im kritischesten Augenblicke der Schlacht nur noch zwei Ba¬<lb/>
taillone zur Verfügung hatte. Es war also nichts als Unkenntniß und Leiden¬<lb/>
schaftlichkeit, wenn gesagt worden ist, eben jene Formation habe zum Verluste<lb/>
der Schlacht wesentlich beigetragen. Sie war ganz im Gegentheil eine wesent¬<lb/>
lich mitwirkende Ursache des ganz nahen Sieges, den zu erringen nichts fehlte<lb/>
als etwas mehr Glück und etwas mehr Entschlossenheit an einer oder der andern<lb/>
Stelle, und dann war es ein glänzender Sieg, gegen eine bedeutende Uebermacht<lb/>
erfochten, eingeleitet durch einen richtigen Gedanken und einen kühnen Entschluß.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0410] Stellung herauszulocken, mißlungen. Ein dritter Angriff darauf konnte nur von völliger Unkenntnis) militärischer Dinge für möglich gehalten werden. Es gibt vielleicht" in Europa kein Terrain, welches für militärische Combinationen weniger Raum bietet, als das, in dein man sich da befand. Eingeengt zwischen zwei Meere, welche kaum zehn Meilen auseinanderliegen (von Schleswig nach Husum sind's sogar nur sechs Meilen) und dieser geringe Raum mannigfach mit Wasserlinien durchschnitten, ist kein Bewcgungsraum, und man ist überall auf den entschiedensten directen Angriff beschränkt. In einem solchen Terrain aber gegen eine numerische Uebermacht, die sich ganz auf die Vertheidigung beschränkte und sich noch durch große Arbeiten ver¬ stärkt hatte, bedeutende Erfolge herbeizuführen, möchte wohl als eine ziemlich unlösbare Ausgabe zu betrachten sein. Ich wenigstens erklärte sie ohne Rück¬ halt für eine solche, welche nur durch Uebermacht auf unserer Seite oder durch große Fehler auf Seiten des Feindes zu lösen sei. Zu Fehlern hatte ich zwei¬ mal vergeblich den Feind zu verleiten gesucht. Daß es mir ein drittes Mal gelingen werde, durfte ich um so weniger hoffen, als ich eine Aeußerung, welche das Gerücht dem dänischen Oberbefehlshaber in den Mund legte, für ebenso richtig als authentisch hielt. Er sollte, so hieß es, gesagt haben, er wolle doch sehen, wer zuerst von uns beiden so thöricht sein werde, den Andern anzugreifen, er oder ich. Ich hatte mir wohl dieselbe Frage gestellt. Da nun mithin auf das eine wesentliche Element zu einem größeren Erfolge, auf einen Fehler des Gegners, zunächst nicht zu rechnen war, so lag nur das andere vor: Ueber¬ macht, wenigstens Gleichgewicht der Kräfte, oder doch ein Verhältniß, was einem solchen ziemlich nahe kam, und dies herbeizuführen, darauf richtete ich nun zunächst alle Anstrengung. Ein solches aber würde ich für einigermaßen hergestellt gehalten haben, wenn es gelang, die gleich bei meinem Eintritt be¬ absichtigte und begonnene Formation zu vollenden, nämlich aus jedem der 20 Bataillone, nach preußischer Art zu 1000 Mann in drei Gliedern, zwei zu 6 — 700 Mann in zwei Gliedern zu bilden. Der Anfang zu dieser Umbildung war schon vor der Schlacht von Jdstedt gemacht worden und hatte sich sehr bewährt. Offenbar hatte der Feind jeder Abtheilung damals eines seiner Ba¬ taillone entgegengestellt; denn wie wäre es sonst gekommen, daß er nach seinem eigenen Geständniß im kritischesten Augenblicke der Schlacht nur noch zwei Ba¬ taillone zur Verfügung hatte. Es war also nichts als Unkenntniß und Leiden¬ schaftlichkeit, wenn gesagt worden ist, eben jene Formation habe zum Verluste der Schlacht wesentlich beigetragen. Sie war ganz im Gegentheil eine wesent¬ lich mitwirkende Ursache des ganz nahen Sieges, den zu erringen nichts fehlte als etwas mehr Glück und etwas mehr Entschlossenheit an einer oder der andern Stelle, und dann war es ein glänzender Sieg, gegen eine bedeutende Uebermacht erfochten, eingeleitet durch einen richtigen Gedanken und einen kühnen Entschluß.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114855
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114855/410
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114855/410>, abgerufen am 15.05.2024.