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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band.

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soll durch diese Gestattung der Gewerbebetrieb von Schlächtern und Bäckern
auf dem platten Lande nicht zugestanden sein. Gegen eine jährliche Entschä¬
digung von 2,500 Thlr. für die Schwerinschen und von 400 Thlr. für die
Strelitzischen Landstädte gestatten dieselben die unbeschränkt freie Einfuhr des
aus dem platten Lande fabricirten Branntweins und Spiritus und die bisher
ein Privilegium der Städte bildende Versorgung der im großherzoglichen Doma-
nium belegenen Kruge mit eben solchem Branntwein. Die Branntweinbrenner in
den Landstädten werden von der Erlegung der Mahlfixsteuer für ihr Gewerbe
befreit und dadurch den mahlsteuerfreien ländlichen Branntweinbrennern gleich¬
gestellt. Die angegebenen Entschädigungsgelder werden im Schwerinschen dem
sogenannten Industriefonds entnommen, einer Kasse, welche theils aus der Ge¬
werbesteuer auswärtiger Handlungsreisender, theils aus einer festen Zahlung
von jeder Erhebung der austerordentlichen Contribution ihre Zuflüsse erhält und
der Aushülfe städtischer Gewerbe durch Anleihen und Schenkungen zu dienen be¬
stimmt ist; im Strelitzsche" gibt dazu der Grvstherzog 80 Thlr. und die Central-
stcuerkasse 320 Thlr.

Außer diesen für den Branntwein unbeschränkten, für die übrigen hier in
Frage stehenden Fabricate beträchtlich erweiterten Markt, welchen die Ritter¬
schaft erlangte, ohne dafür einen Antheil an der Mahl- und Schlachtsteuer zu
übernehmen, zwang sie die Städte auch noch zu verschiedenen andern Conces¬
sionen hinsichtlich des Gewerbebetriebes auf dem Lande. Da die hierüber ab¬
geschlossene Vereinbarung ein vollständiges Bild von den Grenzen des auf dem
Lande statthaften Handwerksbetriebes gibt, wie dieselben sich mit dem Eintritt
der Wirksamkeit der neuen Steuereinrichtungen in Mecklenburg gestalten werden,
so wird sich eine vollständige Mittheilung derselben rechtfertigen:

1) Der Paragraph 259 des landesgrundgesetzlichen Erbvergleichs erhält
folgende abgeänderte Fassung: "Damit wegen der Handwerker auf dem Lande
künftighin Alles in klarer Maßgebung bestehe, so ist für stets verglichen und
festgesetzt: das; außer den Glashüttenmeistern, Zieglern, Kalkbrennern und
Müllern, auch Sägern, Denkern...Lementirern oder Kleinern und dergleichen
leine Handwerker gehalten oder geduldet werden sollen als bei jedem Gute:
-r) ein Grobschmied mit drei Gesellen; d) ein Grobradmacher zur alleinigen
Verfertigung der zur Landwirthschaft nöthigen Bauer- und Bauwagen, mit
einem Gesellen; e) Grobleinweber ohne Beschränkung ihrer Zahl und Taue;
ä) ein Baucrschneider mit einem Gesellen; o) ein Mauermann ohne Gesellen
und ein Zimmermann mit einem Gesellen; t) ein Tischler ohne Gesellen; ein
Schuhflicker ohne Gesellen, jedoch daß dieser nicht auch neue Schusterarbeit,
wie sie Namen haben mag, zu machen sich unterfange." 2) Die Maurer und
Zimmerleute auf dem platten Lande sind berechtigt, wenn sie sich mit einem
städtischen Meister darüber einigen, zu den von ihnen auf dem platten Lande


soll durch diese Gestattung der Gewerbebetrieb von Schlächtern und Bäckern
auf dem platten Lande nicht zugestanden sein. Gegen eine jährliche Entschä¬
digung von 2,500 Thlr. für die Schwerinschen und von 400 Thlr. für die
Strelitzischen Landstädte gestatten dieselben die unbeschränkt freie Einfuhr des
aus dem platten Lande fabricirten Branntweins und Spiritus und die bisher
ein Privilegium der Städte bildende Versorgung der im großherzoglichen Doma-
nium belegenen Kruge mit eben solchem Branntwein. Die Branntweinbrenner in
den Landstädten werden von der Erlegung der Mahlfixsteuer für ihr Gewerbe
befreit und dadurch den mahlsteuerfreien ländlichen Branntweinbrennern gleich¬
gestellt. Die angegebenen Entschädigungsgelder werden im Schwerinschen dem
sogenannten Industriefonds entnommen, einer Kasse, welche theils aus der Ge¬
werbesteuer auswärtiger Handlungsreisender, theils aus einer festen Zahlung
von jeder Erhebung der austerordentlichen Contribution ihre Zuflüsse erhält und
der Aushülfe städtischer Gewerbe durch Anleihen und Schenkungen zu dienen be¬
stimmt ist; im Strelitzsche» gibt dazu der Grvstherzog 80 Thlr. und die Central-
stcuerkasse 320 Thlr.

Außer diesen für den Branntwein unbeschränkten, für die übrigen hier in
Frage stehenden Fabricate beträchtlich erweiterten Markt, welchen die Ritter¬
schaft erlangte, ohne dafür einen Antheil an der Mahl- und Schlachtsteuer zu
übernehmen, zwang sie die Städte auch noch zu verschiedenen andern Conces¬
sionen hinsichtlich des Gewerbebetriebes auf dem Lande. Da die hierüber ab¬
geschlossene Vereinbarung ein vollständiges Bild von den Grenzen des auf dem
Lande statthaften Handwerksbetriebes gibt, wie dieselben sich mit dem Eintritt
der Wirksamkeit der neuen Steuereinrichtungen in Mecklenburg gestalten werden,
so wird sich eine vollständige Mittheilung derselben rechtfertigen:

1) Der Paragraph 259 des landesgrundgesetzlichen Erbvergleichs erhält
folgende abgeänderte Fassung: „Damit wegen der Handwerker auf dem Lande
künftighin Alles in klarer Maßgebung bestehe, so ist für stets verglichen und
festgesetzt: das; außer den Glashüttenmeistern, Zieglern, Kalkbrennern und
Müllern, auch Sägern, Denkern...Lementirern oder Kleinern und dergleichen
leine Handwerker gehalten oder geduldet werden sollen als bei jedem Gute:
-r) ein Grobschmied mit drei Gesellen; d) ein Grobradmacher zur alleinigen
Verfertigung der zur Landwirthschaft nöthigen Bauer- und Bauwagen, mit
einem Gesellen; e) Grobleinweber ohne Beschränkung ihrer Zahl und Taue;
ä) ein Baucrschneider mit einem Gesellen; o) ein Mauermann ohne Gesellen
und ein Zimmermann mit einem Gesellen; t) ein Tischler ohne Gesellen; ein
Schuhflicker ohne Gesellen, jedoch daß dieser nicht auch neue Schusterarbeit,
wie sie Namen haben mag, zu machen sich unterfange." 2) Die Maurer und
Zimmerleute auf dem platten Lande sind berechtigt, wenn sie sich mit einem
städtischen Meister darüber einigen, zu den von ihnen auf dem platten Lande


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[0190] soll durch diese Gestattung der Gewerbebetrieb von Schlächtern und Bäckern auf dem platten Lande nicht zugestanden sein. Gegen eine jährliche Entschä¬ digung von 2,500 Thlr. für die Schwerinschen und von 400 Thlr. für die Strelitzischen Landstädte gestatten dieselben die unbeschränkt freie Einfuhr des aus dem platten Lande fabricirten Branntweins und Spiritus und die bisher ein Privilegium der Städte bildende Versorgung der im großherzoglichen Doma- nium belegenen Kruge mit eben solchem Branntwein. Die Branntweinbrenner in den Landstädten werden von der Erlegung der Mahlfixsteuer für ihr Gewerbe befreit und dadurch den mahlsteuerfreien ländlichen Branntweinbrennern gleich¬ gestellt. Die angegebenen Entschädigungsgelder werden im Schwerinschen dem sogenannten Industriefonds entnommen, einer Kasse, welche theils aus der Ge¬ werbesteuer auswärtiger Handlungsreisender, theils aus einer festen Zahlung von jeder Erhebung der austerordentlichen Contribution ihre Zuflüsse erhält und der Aushülfe städtischer Gewerbe durch Anleihen und Schenkungen zu dienen be¬ stimmt ist; im Strelitzsche» gibt dazu der Grvstherzog 80 Thlr. und die Central- stcuerkasse 320 Thlr. Außer diesen für den Branntwein unbeschränkten, für die übrigen hier in Frage stehenden Fabricate beträchtlich erweiterten Markt, welchen die Ritter¬ schaft erlangte, ohne dafür einen Antheil an der Mahl- und Schlachtsteuer zu übernehmen, zwang sie die Städte auch noch zu verschiedenen andern Conces¬ sionen hinsichtlich des Gewerbebetriebes auf dem Lande. Da die hierüber ab¬ geschlossene Vereinbarung ein vollständiges Bild von den Grenzen des auf dem Lande statthaften Handwerksbetriebes gibt, wie dieselben sich mit dem Eintritt der Wirksamkeit der neuen Steuereinrichtungen in Mecklenburg gestalten werden, so wird sich eine vollständige Mittheilung derselben rechtfertigen: 1) Der Paragraph 259 des landesgrundgesetzlichen Erbvergleichs erhält folgende abgeänderte Fassung: „Damit wegen der Handwerker auf dem Lande künftighin Alles in klarer Maßgebung bestehe, so ist für stets verglichen und festgesetzt: das; außer den Glashüttenmeistern, Zieglern, Kalkbrennern und Müllern, auch Sägern, Denkern...Lementirern oder Kleinern und dergleichen leine Handwerker gehalten oder geduldet werden sollen als bei jedem Gute: -r) ein Grobschmied mit drei Gesellen; d) ein Grobradmacher zur alleinigen Verfertigung der zur Landwirthschaft nöthigen Bauer- und Bauwagen, mit einem Gesellen; e) Grobleinweber ohne Beschränkung ihrer Zahl und Taue; ä) ein Baucrschneider mit einem Gesellen; o) ein Mauermann ohne Gesellen und ein Zimmermann mit einem Gesellen; t) ein Tischler ohne Gesellen; ein Schuhflicker ohne Gesellen, jedoch daß dieser nicht auch neue Schusterarbeit, wie sie Namen haben mag, zu machen sich unterfange." 2) Die Maurer und Zimmerleute auf dem platten Lande sind berechtigt, wenn sie sich mit einem städtischen Meister darüber einigen, zu den von ihnen auf dem platten Lande

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_187493/190>, abgerufen am 15.05.2024.