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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band.

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-Bisher bestanden in den Städten gewisse Einfuhrverbote. Denselben
unterlagen die bei der Production von der Mahl- oder Schlachtsteuer betroffenen
Erzeugnisse, wie Branntwein, Mehl. Brod. Schlachtfleisch u. s. w. Die Pro¬
hibition ließ sich nach Einführung der Veränderungen im Steuerwesen nicht
wohl aufrecht erhalten: 1) weil durch letztere eine vollständige Freiheit des innern
Verkehrs geschaffen werden soll, welche durch die fortdauernde Prohibition ge¬
wisser ländlicher Fabricate wesentlich neutralisirt werden würde; 2) weil mit
dem Wegfall der indirecten Localsteuern auch die zu ihrer Wahrnehmung und
Controlirung angestellten großherzoglichen Officianten zurückgezogen werde", die
Städte also fortan durch eigene Beamte und auf eigene Kosten die Aufrecht¬
haltung der Prohibition hätten beschaffen müssen und sie doch kaum in genügen¬
der Weise würden durchführen können. Andererseits fand die Freigebung des
bezeichneten Imports in dem Umstand ein Hinderniß, daß nach dem Project statt
der bisherigen indirecten Mahl- und Schlachtsteuer eine directe Steuer eintreten
soll, welche nicht wohl anders als durch starke Heranziehung der Branntwein¬
brenner. Müller. Bäcker und Schlächter zur Ausführung kommen kann, welche man
dann aber nur zum Ruin dieser städtischen Gewerbebetriebe der unbeschränkten Con-
currenz der unbesteuerten ländlichen Gewerbebetriebe gleicher Art aussehen würde.

In dieser schwierigen Lage mußten die Städte jede Ausgleichung annehmen,
zu welcher die Regierung und die Ritterschaft sich zu verstehen bereit waren.
Es kam schließlich über die hier angeregten Verhältnisse eine Vereinbarung zu
Stande, welche im Wesentlichen Folgendes feststellte:

Mühlenfabricate aller Art können von auswärts und namentlich auch
vom platten Lande in die Städte zum feilen Verkauf, aber nur an die zum
Mehlhandel berechtigten, nicht an sonstige städtische Einwohner, eingeführt
werden. Will ein Bewohner des Platten Landes eine Niederlage von Mühlen,
fabricaten in einer Stadt etabliren. so bedarf er dazu einer Concession des
Magistrates und hat dann für seinen Betrieb gleiche Steuern und Abgaben
mit den betreffenden städtischen Gewerbetreibenden zu entrichten. Die Bann¬
rechte der Müller, wonach der Berechtigte den Pflichtigen anhalten kann, sein
Korn nur auf der berechtigten Mühle mahlen zu lassen, werden dadurch nicht
alterirt. Den Einwohnern der Städte bleibt es unbenommen, sich Mühlen-
fabricate aller Art von auswärts, mithin auch vom platten Lande, kommen zu
lassen. Bei dem Verbot des Eindringens von Malz, Brod und frisch geschlach¬
teten Fleische von Rindvieh, Schafvieh und Schweinen zum feilen Verkaufe in
die Städte behält es nach wie vor sein Bewenden; dagegen bleibt es ferner
frei. Wild und Geflügel aller Art. ingleichen geräuchertes Fleisch. Speck und
Wurst zum unbeschränkten feilen Verkaufe in die Städte einzuführen. Die Ein¬
wohner der Städte können sich Brod und frischgeschlachtetes Fleisch zum eigenen
Gebrauche von auswärts, namentlich vom platten Lande, kommen lassen; jedoch


-Bisher bestanden in den Städten gewisse Einfuhrverbote. Denselben
unterlagen die bei der Production von der Mahl- oder Schlachtsteuer betroffenen
Erzeugnisse, wie Branntwein, Mehl. Brod. Schlachtfleisch u. s. w. Die Pro¬
hibition ließ sich nach Einführung der Veränderungen im Steuerwesen nicht
wohl aufrecht erhalten: 1) weil durch letztere eine vollständige Freiheit des innern
Verkehrs geschaffen werden soll, welche durch die fortdauernde Prohibition ge¬
wisser ländlicher Fabricate wesentlich neutralisirt werden würde; 2) weil mit
dem Wegfall der indirecten Localsteuern auch die zu ihrer Wahrnehmung und
Controlirung angestellten großherzoglichen Officianten zurückgezogen werde», die
Städte also fortan durch eigene Beamte und auf eigene Kosten die Aufrecht¬
haltung der Prohibition hätten beschaffen müssen und sie doch kaum in genügen¬
der Weise würden durchführen können. Andererseits fand die Freigebung des
bezeichneten Imports in dem Umstand ein Hinderniß, daß nach dem Project statt
der bisherigen indirecten Mahl- und Schlachtsteuer eine directe Steuer eintreten
soll, welche nicht wohl anders als durch starke Heranziehung der Branntwein¬
brenner. Müller. Bäcker und Schlächter zur Ausführung kommen kann, welche man
dann aber nur zum Ruin dieser städtischen Gewerbebetriebe der unbeschränkten Con-
currenz der unbesteuerten ländlichen Gewerbebetriebe gleicher Art aussehen würde.

In dieser schwierigen Lage mußten die Städte jede Ausgleichung annehmen,
zu welcher die Regierung und die Ritterschaft sich zu verstehen bereit waren.
Es kam schließlich über die hier angeregten Verhältnisse eine Vereinbarung zu
Stande, welche im Wesentlichen Folgendes feststellte:

Mühlenfabricate aller Art können von auswärts und namentlich auch
vom platten Lande in die Städte zum feilen Verkauf, aber nur an die zum
Mehlhandel berechtigten, nicht an sonstige städtische Einwohner, eingeführt
werden. Will ein Bewohner des Platten Landes eine Niederlage von Mühlen,
fabricaten in einer Stadt etabliren. so bedarf er dazu einer Concession des
Magistrates und hat dann für seinen Betrieb gleiche Steuern und Abgaben
mit den betreffenden städtischen Gewerbetreibenden zu entrichten. Die Bann¬
rechte der Müller, wonach der Berechtigte den Pflichtigen anhalten kann, sein
Korn nur auf der berechtigten Mühle mahlen zu lassen, werden dadurch nicht
alterirt. Den Einwohnern der Städte bleibt es unbenommen, sich Mühlen-
fabricate aller Art von auswärts, mithin auch vom platten Lande, kommen zu
lassen. Bei dem Verbot des Eindringens von Malz, Brod und frisch geschlach¬
teten Fleische von Rindvieh, Schafvieh und Schweinen zum feilen Verkaufe in
die Städte behält es nach wie vor sein Bewenden; dagegen bleibt es ferner
frei. Wild und Geflügel aller Art. ingleichen geräuchertes Fleisch. Speck und
Wurst zum unbeschränkten feilen Verkaufe in die Städte einzuführen. Die Ein¬
wohner der Städte können sich Brod und frischgeschlachtetes Fleisch zum eigenen
Gebrauche von auswärts, namentlich vom platten Lande, kommen lassen; jedoch


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_187493/189>, abgerufen am 15.05.2024.