Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

von dem Patriarchen Konstantins abgesandt wurde, um den Band von der
Antigonusinsel nach dem Sinai zu bringen, war Germanuü. Der Band wurde,
während er in meinem Besitz war, von vielen Personen gesehen, und er wurde
mit Aufmerksamkeit von Hadschi Johannes Prvdrvmos. Sohn des Pappa Prv-
dromos durchgegangen, welcher ein Geistlicher der griechischen Kirche in Trape-
zunt war. Johannes Prvdromvs hielt ein Kaffeehaus zu Galata bei Konstantino-
pel und hält es wahrscheinlich jetzt noch. Der Brief vom Patriarchen Konstantins,
welcher den Empfang des Manuscripts bestätigte, und ebenso die 25.000 Piaster,
die Konstantins mir als Ausdruck. des Dankes sandte, wurden mir von dem
Diakon Hilarion überbracht. Alle die hier genannten Personen sind, wie ich
glaube, noch am Leben und könnten Zeugniß ablegen für die Wahrheit meiner
Angaben.

Von der innern Evidenz des Manuscripts will ich für jetzt nicht sprechen.
Jeder in der Paläographie Bewanderte muß auf den ersten Blick sagen können,
daß es eine Handschrift der Gegenwart ist. Aber ich will doch erwähnen, daß
mein Oheim es an vielen Stellen corrigirte und, da es nochmals abgeschrieben
werden sollte, viele Buchstaben markirte, welche er illuminiren zu lassen beab¬
sichtigte. Die Correcturen in der Handschrift meines Oheims kann ich natür¬
lich aufzeigen und ebenso jene des Kalligraphen Dionysius. An verschiedenen
Stellen merkte ich am Rande die Initialen der verschiedenen Manuscripte an,
aus welchen ich gewisse Abschnitte und Lesarten entnommen hatte. Diese
Initialen scheinen Professor Tischendorf sehr in Verlegenheit gesetzt zu haben,
da er verschiedene höchst ingeniöse Methoden erfunden hat, um sie zu erklären.
Endlich behaupte ich im Stande zu sein, obwohl ich die Handschrift Jahre
lang nicht gesehen, zwei bestimmte Stellenin derselben aufzuzeigen, in welchen
der über allem Zweifel erhabene Beweis liegt, daß es meine Schrift ist." --

"Zum Schluß gestatten Sie mir meine aufrichtige Betrübniß auszusprechen,
daß, während die vielen werthvollen Neste des Alterthums in meinem Besitz
häusig meinen eignen Händen zugeschrieben werden, das eine arme Werk meiner
Jugend von einem Herrn, der sich des Rufs großer Gelehrsamkeit erfreut,
für das älteste Exemplar der heiligen Schrift ausgegeben wird."

Tischendorf antwortete auf diesen Angriff in der "Allgemeinen Zeitung"
mit einigen kurz abweisender Worten, und die deutsche Gelehrtenwelt schien
dies in der Ordnung zu finden. Wenigstens schwieg sie unseres Wissens.-
Anders die englischen Theologen. Unter Anderm brachte am 11. September
v. I. das "Llörieal Journal" eine gutgeschriebene Verurtheilung der Aussagen
des Simonides, und einige Monate später, am 17. Jan. d. I., erschien in
Ur. 38 der Zeitschrift ,Ms ?art,IrLiwii^ ein Aufsatz, welcher mit Oausielicus
unterzeichnet war und -- anfänglich zu unserer nicht geringen Ueberraschung --,
in gleichem Grade sowohl dem Konstantin Simonides als dem Konstantin


?7
Grenzboten I. 186". ^

von dem Patriarchen Konstantins abgesandt wurde, um den Band von der
Antigonusinsel nach dem Sinai zu bringen, war Germanuü. Der Band wurde,
während er in meinem Besitz war, von vielen Personen gesehen, und er wurde
mit Aufmerksamkeit von Hadschi Johannes Prvdrvmos. Sohn des Pappa Prv-
dromos durchgegangen, welcher ein Geistlicher der griechischen Kirche in Trape-
zunt war. Johannes Prvdromvs hielt ein Kaffeehaus zu Galata bei Konstantino-
pel und hält es wahrscheinlich jetzt noch. Der Brief vom Patriarchen Konstantins,
welcher den Empfang des Manuscripts bestätigte, und ebenso die 25.000 Piaster,
die Konstantins mir als Ausdruck. des Dankes sandte, wurden mir von dem
Diakon Hilarion überbracht. Alle die hier genannten Personen sind, wie ich
glaube, noch am Leben und könnten Zeugniß ablegen für die Wahrheit meiner
Angaben.

Von der innern Evidenz des Manuscripts will ich für jetzt nicht sprechen.
Jeder in der Paläographie Bewanderte muß auf den ersten Blick sagen können,
daß es eine Handschrift der Gegenwart ist. Aber ich will doch erwähnen, daß
mein Oheim es an vielen Stellen corrigirte und, da es nochmals abgeschrieben
werden sollte, viele Buchstaben markirte, welche er illuminiren zu lassen beab¬
sichtigte. Die Correcturen in der Handschrift meines Oheims kann ich natür¬
lich aufzeigen und ebenso jene des Kalligraphen Dionysius. An verschiedenen
Stellen merkte ich am Rande die Initialen der verschiedenen Manuscripte an,
aus welchen ich gewisse Abschnitte und Lesarten entnommen hatte. Diese
Initialen scheinen Professor Tischendorf sehr in Verlegenheit gesetzt zu haben,
da er verschiedene höchst ingeniöse Methoden erfunden hat, um sie zu erklären.
Endlich behaupte ich im Stande zu sein, obwohl ich die Handschrift Jahre
lang nicht gesehen, zwei bestimmte Stellenin derselben aufzuzeigen, in welchen
der über allem Zweifel erhabene Beweis liegt, daß es meine Schrift ist." —

„Zum Schluß gestatten Sie mir meine aufrichtige Betrübniß auszusprechen,
daß, während die vielen werthvollen Neste des Alterthums in meinem Besitz
häusig meinen eignen Händen zugeschrieben werden, das eine arme Werk meiner
Jugend von einem Herrn, der sich des Rufs großer Gelehrsamkeit erfreut,
für das älteste Exemplar der heiligen Schrift ausgegeben wird."

Tischendorf antwortete auf diesen Angriff in der „Allgemeinen Zeitung"
mit einigen kurz abweisender Worten, und die deutsche Gelehrtenwelt schien
dies in der Ordnung zu finden. Wenigstens schwieg sie unseres Wissens.-
Anders die englischen Theologen. Unter Anderm brachte am 11. September
v. I. das „Llörieal Journal" eine gutgeschriebene Verurtheilung der Aussagen
des Simonides, und einige Monate später, am 17. Jan. d. I., erschien in
Ur. 38 der Zeitschrift ,Ms ?art,IrLiwii^ ein Aufsatz, welcher mit Oausielicus
unterzeichnet war und — anfänglich zu unserer nicht geringen Ueberraschung —,
in gleichem Grade sowohl dem Konstantin Simonides als dem Konstantin


?7
Grenzboten I. 186». ^
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0217" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/187711"/>
          <p xml:id="ID_854" prev="#ID_853"> von dem Patriarchen Konstantins abgesandt wurde, um den Band von der<lb/>
Antigonusinsel nach dem Sinai zu bringen, war Germanuü. Der Band wurde,<lb/>
während er in meinem Besitz war, von vielen Personen gesehen, und er wurde<lb/>
mit Aufmerksamkeit von Hadschi Johannes Prvdrvmos. Sohn des Pappa Prv-<lb/>
dromos durchgegangen, welcher ein Geistlicher der griechischen Kirche in Trape-<lb/>
zunt war. Johannes Prvdromvs hielt ein Kaffeehaus zu Galata bei Konstantino-<lb/>
pel und hält es wahrscheinlich jetzt noch. Der Brief vom Patriarchen Konstantins,<lb/>
welcher den Empfang des Manuscripts bestätigte, und ebenso die 25.000 Piaster,<lb/>
die Konstantins mir als Ausdruck. des Dankes sandte, wurden mir von dem<lb/>
Diakon Hilarion überbracht. Alle die hier genannten Personen sind, wie ich<lb/>
glaube, noch am Leben und könnten Zeugniß ablegen für die Wahrheit meiner<lb/>
Angaben.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_855"> Von der innern Evidenz des Manuscripts will ich für jetzt nicht sprechen.<lb/>
Jeder in der Paläographie Bewanderte muß auf den ersten Blick sagen können,<lb/>
daß es eine Handschrift der Gegenwart ist. Aber ich will doch erwähnen, daß<lb/>
mein Oheim es an vielen Stellen corrigirte und, da es nochmals abgeschrieben<lb/>
werden sollte, viele Buchstaben markirte, welche er illuminiren zu lassen beab¬<lb/>
sichtigte. Die Correcturen in der Handschrift meines Oheims kann ich natür¬<lb/>
lich aufzeigen und ebenso jene des Kalligraphen Dionysius. An verschiedenen<lb/>
Stellen merkte ich am Rande die Initialen der verschiedenen Manuscripte an,<lb/>
aus welchen ich gewisse Abschnitte und Lesarten entnommen hatte. Diese<lb/>
Initialen scheinen Professor Tischendorf sehr in Verlegenheit gesetzt zu haben,<lb/>
da er verschiedene höchst ingeniöse Methoden erfunden hat, um sie zu erklären.<lb/>
Endlich behaupte ich im Stande zu sein, obwohl ich die Handschrift Jahre<lb/>
lang nicht gesehen, zwei bestimmte Stellenin derselben aufzuzeigen, in welchen<lb/>
der über allem Zweifel erhabene Beweis liegt, daß es meine Schrift ist." &#x2014;</p><lb/>
          <p xml:id="ID_856"> &#x201E;Zum Schluß gestatten Sie mir meine aufrichtige Betrübniß auszusprechen,<lb/>
daß, während die vielen werthvollen Neste des Alterthums in meinem Besitz<lb/>
häusig meinen eignen Händen zugeschrieben werden, das eine arme Werk meiner<lb/>
Jugend von einem Herrn, der sich des Rufs großer Gelehrsamkeit erfreut,<lb/>
für das älteste Exemplar der heiligen Schrift ausgegeben wird."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_857" next="#ID_858"> Tischendorf antwortete auf diesen Angriff in der &#x201E;Allgemeinen Zeitung"<lb/>
mit einigen kurz abweisender Worten, und die deutsche Gelehrtenwelt schien<lb/>
dies in der Ordnung zu finden. Wenigstens schwieg sie unseres Wissens.-<lb/>
Anders die englischen Theologen. Unter Anderm brachte am 11. September<lb/>
v. I. das &#x201E;Llörieal Journal" eine gutgeschriebene Verurtheilung der Aussagen<lb/>
des Simonides, und einige Monate später, am 17. Jan. d. I., erschien in<lb/>
Ur. 38 der Zeitschrift ,Ms ?art,IrLiwii^ ein Aufsatz, welcher mit Oausielicus<lb/>
unterzeichnet war und &#x2014; anfänglich zu unserer nicht geringen Ueberraschung &#x2014;,<lb/>
in gleichem Grade sowohl dem Konstantin Simonides als dem Konstantin</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> ?7<lb/>
Grenzboten I. 186». ^</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0217] von dem Patriarchen Konstantins abgesandt wurde, um den Band von der Antigonusinsel nach dem Sinai zu bringen, war Germanuü. Der Band wurde, während er in meinem Besitz war, von vielen Personen gesehen, und er wurde mit Aufmerksamkeit von Hadschi Johannes Prvdrvmos. Sohn des Pappa Prv- dromos durchgegangen, welcher ein Geistlicher der griechischen Kirche in Trape- zunt war. Johannes Prvdromvs hielt ein Kaffeehaus zu Galata bei Konstantino- pel und hält es wahrscheinlich jetzt noch. Der Brief vom Patriarchen Konstantins, welcher den Empfang des Manuscripts bestätigte, und ebenso die 25.000 Piaster, die Konstantins mir als Ausdruck. des Dankes sandte, wurden mir von dem Diakon Hilarion überbracht. Alle die hier genannten Personen sind, wie ich glaube, noch am Leben und könnten Zeugniß ablegen für die Wahrheit meiner Angaben. Von der innern Evidenz des Manuscripts will ich für jetzt nicht sprechen. Jeder in der Paläographie Bewanderte muß auf den ersten Blick sagen können, daß es eine Handschrift der Gegenwart ist. Aber ich will doch erwähnen, daß mein Oheim es an vielen Stellen corrigirte und, da es nochmals abgeschrieben werden sollte, viele Buchstaben markirte, welche er illuminiren zu lassen beab¬ sichtigte. Die Correcturen in der Handschrift meines Oheims kann ich natür¬ lich aufzeigen und ebenso jene des Kalligraphen Dionysius. An verschiedenen Stellen merkte ich am Rande die Initialen der verschiedenen Manuscripte an, aus welchen ich gewisse Abschnitte und Lesarten entnommen hatte. Diese Initialen scheinen Professor Tischendorf sehr in Verlegenheit gesetzt zu haben, da er verschiedene höchst ingeniöse Methoden erfunden hat, um sie zu erklären. Endlich behaupte ich im Stande zu sein, obwohl ich die Handschrift Jahre lang nicht gesehen, zwei bestimmte Stellenin derselben aufzuzeigen, in welchen der über allem Zweifel erhabene Beweis liegt, daß es meine Schrift ist." — „Zum Schluß gestatten Sie mir meine aufrichtige Betrübniß auszusprechen, daß, während die vielen werthvollen Neste des Alterthums in meinem Besitz häusig meinen eignen Händen zugeschrieben werden, das eine arme Werk meiner Jugend von einem Herrn, der sich des Rufs großer Gelehrsamkeit erfreut, für das älteste Exemplar der heiligen Schrift ausgegeben wird." Tischendorf antwortete auf diesen Angriff in der „Allgemeinen Zeitung" mit einigen kurz abweisender Worten, und die deutsche Gelehrtenwelt schien dies in der Ordnung zu finden. Wenigstens schwieg sie unseres Wissens.- Anders die englischen Theologen. Unter Anderm brachte am 11. September v. I. das „Llörieal Journal" eine gutgeschriebene Verurtheilung der Aussagen des Simonides, und einige Monate später, am 17. Jan. d. I., erschien in Ur. 38 der Zeitschrift ,Ms ?art,IrLiwii^ ein Aufsatz, welcher mit Oausielicus unterzeichnet war und — anfänglich zu unserer nicht geringen Ueberraschung —, in gleichem Grade sowohl dem Konstantin Simonides als dem Konstantin ?7 Grenzboten I. 186». ^

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_187493
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_187493/217
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_187493/217>, abgerufen am 14.05.2024.