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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band.

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Washington wird schwerlich als Sitz des föderalistischen Gouvernements bei¬
behalten werden. Keine von beiden Städten kann durch Handel wachsen, aber
beide werden berühmt sein, als Operationsbasen für die größten Heere, welche
sich jemals im Bürgerkriege maßen.

Dieser Krieg wird, wie angedeutet, in kurzer Zeit und sehr wahrscheinlich
noch vor Ablauf dieses Jahres ein Ende nehmen. Schon äußerten sich Politiker,
die Seward und dem Präsidenten nahe stehen, wie der große "Drahtzieher" Thur-
lvw Weed und der bekannte Horace Greeley in diesem Sinn. Das Ende aber
wird sein, was wir vor einem Jahre schon voraussagten: die Trennung
des Südens von dem Norden.

Man ist, -- so lesen wir in einem sehr verständigen Artikel des "Econo-
mist" -- augenscheinlich schon jetzt im Norden in Verlegenheit über den Weg,
auf welchem man die Armee wieder vervollständigen soll, wenn nächsten Juni die
Dienstzeit für, mehr als zweimalhunderttausend Mann derselben abläuft. Das
Congreßmitglied, welches die bekannte Bill wegen Einstellung von 180,000
Negern in das Heer anregte, gab zu, dazu theilweise durch die Ueberzeugung
bewogen worden zu sein, daß nicht ein Drittel dieser Zahl von Weißen durch
Rekrutirung erlangt werden könne, und daß der nächste Feldzug, wenn über¬
haupt, mit Hülfe von Schwarzen zu siegreichem Ende geführt werden müsse.
Was für Truppen die Conscnption geliefert hat, wissen wir nicht genau;
doch läßt die Thatsache, daß in einem der letzten Treffen ein pennsylva-
nisches Regiment sich auf den Boden legte und sich zu kämpfen weigerte,
nicht viel Gutes ahnen Die Bildung von Negerregimcntern könnte über¬
dies leicht eher schaden als nützen; denn eine große Zahl der föderalistischen
Offiziere sympathisiren in diesem Punkt weit mehr mit Südcarolina als mit
Massachusetts und könnten daher die Aufforderung, mit schwarzen Soldaten zu
operiren, mit einem Entlassungsgcsuch zu beantworten geneigt sein. Die Ver¬
tretungen der Grenzstaaten serner bedrohen jeden, der sich innerhalb ihrer Gren¬
zen über der Anwerbung von solchen Truppen betreffen läßt, mit dem Tode.
Jefferson Davis endlich erklärt, daß er jeden weißen Offizier schwarzer Sol¬
daten hängen will, und Abraham Lincoln andrerseits bekennt, daß er schwarze
Offiziere nicht anstellen und daß er Neger nur bis zum Corporal aufrücken
lassen kann. Mit einem Wort, die Bildung dieser Regimenter mag insofern
ihr Gutes haben, als sie jene emancipirten Sklaven und jene freien Farbigen,
welche die Negierung jetzt so sehr in Verlegenheit setzen, bei Seite schafft, als
eine furchtbare militärische Maßregel aber kann sie bis auf Weiteres nicht be¬
trachtet werden.

Und wie es mit der Aufbringung der zur Fortführung des Krieges un¬
bedingt nöthigen Mannschaften aussieht, so auch mit der Beschaffung Vernicht
Minder nöthigen Gelder. Die Geschäftswelt beginnt Angst zu empfinden Vor


Washington wird schwerlich als Sitz des föderalistischen Gouvernements bei¬
behalten werden. Keine von beiden Städten kann durch Handel wachsen, aber
beide werden berühmt sein, als Operationsbasen für die größten Heere, welche
sich jemals im Bürgerkriege maßen.

Dieser Krieg wird, wie angedeutet, in kurzer Zeit und sehr wahrscheinlich
noch vor Ablauf dieses Jahres ein Ende nehmen. Schon äußerten sich Politiker,
die Seward und dem Präsidenten nahe stehen, wie der große „Drahtzieher" Thur-
lvw Weed und der bekannte Horace Greeley in diesem Sinn. Das Ende aber
wird sein, was wir vor einem Jahre schon voraussagten: die Trennung
des Südens von dem Norden.

Man ist, — so lesen wir in einem sehr verständigen Artikel des „Econo-
mist" — augenscheinlich schon jetzt im Norden in Verlegenheit über den Weg,
auf welchem man die Armee wieder vervollständigen soll, wenn nächsten Juni die
Dienstzeit für, mehr als zweimalhunderttausend Mann derselben abläuft. Das
Congreßmitglied, welches die bekannte Bill wegen Einstellung von 180,000
Negern in das Heer anregte, gab zu, dazu theilweise durch die Ueberzeugung
bewogen worden zu sein, daß nicht ein Drittel dieser Zahl von Weißen durch
Rekrutirung erlangt werden könne, und daß der nächste Feldzug, wenn über¬
haupt, mit Hülfe von Schwarzen zu siegreichem Ende geführt werden müsse.
Was für Truppen die Conscnption geliefert hat, wissen wir nicht genau;
doch läßt die Thatsache, daß in einem der letzten Treffen ein pennsylva-
nisches Regiment sich auf den Boden legte und sich zu kämpfen weigerte,
nicht viel Gutes ahnen Die Bildung von Negerregimcntern könnte über¬
dies leicht eher schaden als nützen; denn eine große Zahl der föderalistischen
Offiziere sympathisiren in diesem Punkt weit mehr mit Südcarolina als mit
Massachusetts und könnten daher die Aufforderung, mit schwarzen Soldaten zu
operiren, mit einem Entlassungsgcsuch zu beantworten geneigt sein. Die Ver¬
tretungen der Grenzstaaten serner bedrohen jeden, der sich innerhalb ihrer Gren¬
zen über der Anwerbung von solchen Truppen betreffen läßt, mit dem Tode.
Jefferson Davis endlich erklärt, daß er jeden weißen Offizier schwarzer Sol¬
daten hängen will, und Abraham Lincoln andrerseits bekennt, daß er schwarze
Offiziere nicht anstellen und daß er Neger nur bis zum Corporal aufrücken
lassen kann. Mit einem Wort, die Bildung dieser Regimenter mag insofern
ihr Gutes haben, als sie jene emancipirten Sklaven und jene freien Farbigen,
welche die Negierung jetzt so sehr in Verlegenheit setzen, bei Seite schafft, als
eine furchtbare militärische Maßregel aber kann sie bis auf Weiteres nicht be¬
trachtet werden.

Und wie es mit der Aufbringung der zur Fortführung des Krieges un¬
bedingt nöthigen Mannschaften aussieht, so auch mit der Beschaffung Vernicht
Minder nöthigen Gelder. Die Geschäftswelt beginnt Angst zu empfinden Vor


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[0505] Washington wird schwerlich als Sitz des föderalistischen Gouvernements bei¬ behalten werden. Keine von beiden Städten kann durch Handel wachsen, aber beide werden berühmt sein, als Operationsbasen für die größten Heere, welche sich jemals im Bürgerkriege maßen. Dieser Krieg wird, wie angedeutet, in kurzer Zeit und sehr wahrscheinlich noch vor Ablauf dieses Jahres ein Ende nehmen. Schon äußerten sich Politiker, die Seward und dem Präsidenten nahe stehen, wie der große „Drahtzieher" Thur- lvw Weed und der bekannte Horace Greeley in diesem Sinn. Das Ende aber wird sein, was wir vor einem Jahre schon voraussagten: die Trennung des Südens von dem Norden. Man ist, — so lesen wir in einem sehr verständigen Artikel des „Econo- mist" — augenscheinlich schon jetzt im Norden in Verlegenheit über den Weg, auf welchem man die Armee wieder vervollständigen soll, wenn nächsten Juni die Dienstzeit für, mehr als zweimalhunderttausend Mann derselben abläuft. Das Congreßmitglied, welches die bekannte Bill wegen Einstellung von 180,000 Negern in das Heer anregte, gab zu, dazu theilweise durch die Ueberzeugung bewogen worden zu sein, daß nicht ein Drittel dieser Zahl von Weißen durch Rekrutirung erlangt werden könne, und daß der nächste Feldzug, wenn über¬ haupt, mit Hülfe von Schwarzen zu siegreichem Ende geführt werden müsse. Was für Truppen die Conscnption geliefert hat, wissen wir nicht genau; doch läßt die Thatsache, daß in einem der letzten Treffen ein pennsylva- nisches Regiment sich auf den Boden legte und sich zu kämpfen weigerte, nicht viel Gutes ahnen Die Bildung von Negerregimcntern könnte über¬ dies leicht eher schaden als nützen; denn eine große Zahl der föderalistischen Offiziere sympathisiren in diesem Punkt weit mehr mit Südcarolina als mit Massachusetts und könnten daher die Aufforderung, mit schwarzen Soldaten zu operiren, mit einem Entlassungsgcsuch zu beantworten geneigt sein. Die Ver¬ tretungen der Grenzstaaten serner bedrohen jeden, der sich innerhalb ihrer Gren¬ zen über der Anwerbung von solchen Truppen betreffen läßt, mit dem Tode. Jefferson Davis endlich erklärt, daß er jeden weißen Offizier schwarzer Sol¬ daten hängen will, und Abraham Lincoln andrerseits bekennt, daß er schwarze Offiziere nicht anstellen und daß er Neger nur bis zum Corporal aufrücken lassen kann. Mit einem Wort, die Bildung dieser Regimenter mag insofern ihr Gutes haben, als sie jene emancipirten Sklaven und jene freien Farbigen, welche die Negierung jetzt so sehr in Verlegenheit setzen, bei Seite schafft, als eine furchtbare militärische Maßregel aber kann sie bis auf Weiteres nicht be¬ trachtet werden. Und wie es mit der Aufbringung der zur Fortführung des Krieges un¬ bedingt nöthigen Mannschaften aussieht, so auch mit der Beschaffung Vernicht Minder nöthigen Gelder. Die Geschäftswelt beginnt Angst zu empfinden Vor

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_187493/505>, abgerufen am 14.05.2024.