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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band.

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Zweifel unrichtig. Denn der gut unterrichtete Nicolai, der das Gerücht kennt,
daß jener, von ihm Vonneville genannte Offizier die Natinöes geschrieben habe,
erwähnt/daß nach der Erzählung einer angesehenen Militävpcrson jener Bonne-
ville dem Könige Papiere aus der Verlassenschaft des Marschalls von Sachsen
verkauft, ihn dabei betrogen habe und deshalb ins Gefängniß gekommen sei.
daß aber seine Autorschaft der N^ZnvöL und die ihm gleichfalls Schuld gegebene
Entwertung der ?vo8ich äiverses von Einigen bezweifelt werde. Nicolai ver¬
muthet, daß dieses derselbe Vonneville sei. der 1792 in der französischen Na¬
tionalversammlung saß. Als er nach Spandau kam, war er schon preußischer
Offizier ^ ig, fünf.

Der letzte Umstand, die Thatsache der Existenz von Zweifeln gegenüber
einem leicht'erklärbaren Gerüchte und die nunmehr offen vorliegende Richtigkeit
dieser Zweifel in Betreff der Entwertung der Poesien des Königs läßt die
ganze Verbindung des Namens Vonneville mit den NativLes als Erfindung
erscheinen.

Auch andere Versasser derselben sind genannt worden, von Denina der
Picmvntese Patono. von Jvuyneau des Loges selbst Voltaire. Was Deninas
Ansicht betrifft, so ist uns kein Umstand bekannt, der dieselbe unterstützte. Pa-
tonos uns bekannte Schriften geben für diese Autorschaft keinen Anhalt. An¬
ders ist es allerdings mit Voltaire.

Wenn man in den Na,t,w<.'hö liest, daß der König ihn von sich entfernt
habe, weil er nicht habe schmeicheln können, so ist man sehr versucht, Vol¬
taire für den Verfasser der Schrift zu halten. Voltaires Haß gegen Friedrich
stand im Jahre 1764 in voller Blüthe, die Korrespondenz zwischen ihnen war
seit Jahren unterbrochen, und Voltaire hat gegen den König viel Schlimmeres
gethan, als die Abfassung der Na,t!n6es sein würde.

Indessen geben die UMn6es als einen ferneren Grund für den Bruch
Voltaires mit Friedrich an. daß Letzterer nicht sicher gewesen sei, "ob er Vol¬
tauen immer dasselbe Gute zu erweisen im Stande sein werde; und er sei voll¬
kommen sicher gewesen, daß Ein Thaler weniger ihm zwei Krallen¬
hiebe zugezogen haben würde."

Diese treffende Bemerkung über Voltaires schmutzige Geldgier kann nicht
aus Voltaires eigener Feder geflossen sein. Seine Eitelkeit war so groß, daß
er hierzu selbst dann nicht im Stande war, wenn er seine Autorschaft durch
diese Stelle zu verdecken hoffen durfte.

Wir sahen von TlMault die Hypothese aufgestellt, daß der Verfasser der
Uatmöes einzelne mündliche Aeußerungen des Königs benutzt habe. Auch
Grimm hat Aehnliches nicht für unmöglich gehalten. Er fährt nach jener oben
mitgetheilten Stelle über die sechste und siebente Nlttin6e in seinem Briefe vom
7. Juni 176L fort:


Zweifel unrichtig. Denn der gut unterrichtete Nicolai, der das Gerücht kennt,
daß jener, von ihm Vonneville genannte Offizier die Natinöes geschrieben habe,
erwähnt/daß nach der Erzählung einer angesehenen Militävpcrson jener Bonne-
ville dem Könige Papiere aus der Verlassenschaft des Marschalls von Sachsen
verkauft, ihn dabei betrogen habe und deshalb ins Gefängniß gekommen sei.
daß aber seine Autorschaft der N^ZnvöL und die ihm gleichfalls Schuld gegebene
Entwertung der ?vo8ich äiverses von Einigen bezweifelt werde. Nicolai ver¬
muthet, daß dieses derselbe Vonneville sei. der 1792 in der französischen Na¬
tionalversammlung saß. Als er nach Spandau kam, war er schon preußischer
Offizier ^ ig, fünf.

Der letzte Umstand, die Thatsache der Existenz von Zweifeln gegenüber
einem leicht'erklärbaren Gerüchte und die nunmehr offen vorliegende Richtigkeit
dieser Zweifel in Betreff der Entwertung der Poesien des Königs läßt die
ganze Verbindung des Namens Vonneville mit den NativLes als Erfindung
erscheinen.

Auch andere Versasser derselben sind genannt worden, von Denina der
Picmvntese Patono. von Jvuyneau des Loges selbst Voltaire. Was Deninas
Ansicht betrifft, so ist uns kein Umstand bekannt, der dieselbe unterstützte. Pa-
tonos uns bekannte Schriften geben für diese Autorschaft keinen Anhalt. An¬
ders ist es allerdings mit Voltaire.

Wenn man in den Na,t,w<.'hö liest, daß der König ihn von sich entfernt
habe, weil er nicht habe schmeicheln können, so ist man sehr versucht, Vol¬
taire für den Verfasser der Schrift zu halten. Voltaires Haß gegen Friedrich
stand im Jahre 1764 in voller Blüthe, die Korrespondenz zwischen ihnen war
seit Jahren unterbrochen, und Voltaire hat gegen den König viel Schlimmeres
gethan, als die Abfassung der Na,t!n6es sein würde.

Indessen geben die UMn6es als einen ferneren Grund für den Bruch
Voltaires mit Friedrich an. daß Letzterer nicht sicher gewesen sei, „ob er Vol¬
tauen immer dasselbe Gute zu erweisen im Stande sein werde; und er sei voll¬
kommen sicher gewesen, daß Ein Thaler weniger ihm zwei Krallen¬
hiebe zugezogen haben würde."

Diese treffende Bemerkung über Voltaires schmutzige Geldgier kann nicht
aus Voltaires eigener Feder geflossen sein. Seine Eitelkeit war so groß, daß
er hierzu selbst dann nicht im Stande war, wenn er seine Autorschaft durch
diese Stelle zu verdecken hoffen durfte.

Wir sahen von TlMault die Hypothese aufgestellt, daß der Verfasser der
Uatmöes einzelne mündliche Aeußerungen des Königs benutzt habe. Auch
Grimm hat Aehnliches nicht für unmöglich gehalten. Er fährt nach jener oben
mitgetheilten Stelle über die sechste und siebente Nlttin6e in seinem Briefe vom
7. Juni 176L fort:


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[0521] Zweifel unrichtig. Denn der gut unterrichtete Nicolai, der das Gerücht kennt, daß jener, von ihm Vonneville genannte Offizier die Natinöes geschrieben habe, erwähnt/daß nach der Erzählung einer angesehenen Militävpcrson jener Bonne- ville dem Könige Papiere aus der Verlassenschaft des Marschalls von Sachsen verkauft, ihn dabei betrogen habe und deshalb ins Gefängniß gekommen sei. daß aber seine Autorschaft der N^ZnvöL und die ihm gleichfalls Schuld gegebene Entwertung der ?vo8ich äiverses von Einigen bezweifelt werde. Nicolai ver¬ muthet, daß dieses derselbe Vonneville sei. der 1792 in der französischen Na¬ tionalversammlung saß. Als er nach Spandau kam, war er schon preußischer Offizier ^ ig, fünf. Der letzte Umstand, die Thatsache der Existenz von Zweifeln gegenüber einem leicht'erklärbaren Gerüchte und die nunmehr offen vorliegende Richtigkeit dieser Zweifel in Betreff der Entwertung der Poesien des Königs läßt die ganze Verbindung des Namens Vonneville mit den NativLes als Erfindung erscheinen. Auch andere Versasser derselben sind genannt worden, von Denina der Picmvntese Patono. von Jvuyneau des Loges selbst Voltaire. Was Deninas Ansicht betrifft, so ist uns kein Umstand bekannt, der dieselbe unterstützte. Pa- tonos uns bekannte Schriften geben für diese Autorschaft keinen Anhalt. An¬ ders ist es allerdings mit Voltaire. Wenn man in den Na,t,w<.'hö liest, daß der König ihn von sich entfernt habe, weil er nicht habe schmeicheln können, so ist man sehr versucht, Vol¬ taire für den Verfasser der Schrift zu halten. Voltaires Haß gegen Friedrich stand im Jahre 1764 in voller Blüthe, die Korrespondenz zwischen ihnen war seit Jahren unterbrochen, und Voltaire hat gegen den König viel Schlimmeres gethan, als die Abfassung der Na,t!n6es sein würde. Indessen geben die UMn6es als einen ferneren Grund für den Bruch Voltaires mit Friedrich an. daß Letzterer nicht sicher gewesen sei, „ob er Vol¬ tauen immer dasselbe Gute zu erweisen im Stande sein werde; und er sei voll¬ kommen sicher gewesen, daß Ein Thaler weniger ihm zwei Krallen¬ hiebe zugezogen haben würde." Diese treffende Bemerkung über Voltaires schmutzige Geldgier kann nicht aus Voltaires eigener Feder geflossen sein. Seine Eitelkeit war so groß, daß er hierzu selbst dann nicht im Stande war, wenn er seine Autorschaft durch diese Stelle zu verdecken hoffen durfte. Wir sahen von TlMault die Hypothese aufgestellt, daß der Verfasser der Uatmöes einzelne mündliche Aeußerungen des Königs benutzt habe. Auch Grimm hat Aehnliches nicht für unmöglich gehalten. Er fährt nach jener oben mitgetheilten Stelle über die sechste und siebente Nlttin6e in seinem Briefe vom 7. Juni 176L fort:

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_187493/521>, abgerufen am 14.05.2024.