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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band.

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Literatur.

Sophia von No se n b er g, gehör alte M arkg räfinvon B rant cnburg.
Aus böhmischen Quellen von v,'. T. Mürcker, tgi. prß. Archivrath und Hausarchi¬
var S. M. Berlin, 1804. (Decker.)

Eine Gcdächtuißfestschrift, welche an das vor 300 Jahren, am 14. December
1,561, vollzogene Beilager der damals gerade 21jnhrigen Markgräfin von Branden¬
burg (Tochter des Kurfürsten Joachim des Zweiten und der Prinzessin Hedwig von
Polen) mit Wilhelm von Rosenberg, Obcrstlandkämmercr von Böhmen erinnert. Die Wit-
kowice, das Haus des Bräutigams, sind bekanntlich eins der berühmtesten böhmischen
Adelsgeschlechter und haben seit dem dreizehnten Jahrhundert fortwährend eine her¬
vorragende Rolle in der Geschichte Böhmens gespielt. Wir erinnern nur an den
berüchtigten glänzenden Zawis, den Buhlen der Wittwe König Ottokar Premisls,
an Ulrich, den aristokratischen Parteiführer in der Hussitenzcit, an die Brü¬
der Johann und Jodokus von Rosenberg, welcher letztere als Bischof von Breslau
mit König Georg von Podiebrad kämpfte, während der Bruder treu zu diesem stand.
In allen den schweren Zeitläuften der böhmischen Geschichte gelang es diesem Hause,
sich nicht nur zu fristen, sondern auch bedeutenden Einfluß zu bewahren. Durch
jene Heirath rückte es in directe Verwandtschaft zu den Hohenzollern empor, welche
bei dem bedeutenden Besitz- und Hoheitsstande der Rvscnberge für die brandenbur-
gischen Fürsten auch politisch nicht ohne Werth war. Die Ehe Sophias hat nur kurze
Zeit gewährt, da die junge Fürstin bereits uach dritthalb Jahren starb. Bei der
Schilderung ihrer Inauguration lau" es dem Verfasser der Jubelschrift ausschließlich
auf den Bericht über die Feier als solche, die Festlichkeiten, Ceremonien u. s. w. an,
und hier konnte er zumeist dem Wenzel Brczan folgen, der als letzter Archivar des
roscnbergischcn Hauses im Jahre 1608 seine RoLonborslQr Xrouilc" schloß, die im <Ü!rsox.
"xol. >ol.'^t. Nuscmin 1828 abgedruckt wurde. Sie ist eine rein nach äußerlichen Ge¬
sichtspunkten zusammengestellte knappe Negistrirung der interessantesten Begebenheiten,
die das Haus Rosenberg betreffen und verweilt, ohne auf politische Dinge irgendwie
naher einzugehen, fast ausschließlich bei Beschreibungen von Festen, Solcmnitäten
und allerhand Kleinkram, der wenig allgemeinen Werth hat und der es bedauern
läßt, daß der Mann, welchem gewiß auch cmderartigcs Material in Fülle zu Gebote
stand, keinen politischen Sinn hatte. Märckcrs Jnbclschrift sieht es nun ebenfalls
nur auf diese Seite ab, und wenn sie daher auch in der historischen Literatur eine
untergeordnete Stelle beansprucht, so ist es dennoch zu danken, daß uns ein anschau¬
liches und detailirtcs Genrebild der damaligen Bräuche und Sitten am brandenbur-
gischen Hofe gegeben wird, das, mit Liebe und Sorgfalt entworfen und stellenweise
nicht ohne Anmuth vorgetragen, eine hübsche Ergänzung unsrer culturgcschichtlichen
Kunde jener Zeit bildet.




Verantwortlicher Redacteur: Dr. Moritz Busch.
Verlag von F. L. Herbig. -- Druck von C. E. Elbert in Leipzig.
Literatur.

Sophia von No se n b er g, gehör alte M arkg räfinvon B rant cnburg.
Aus böhmischen Quellen von v,'. T. Mürcker, tgi. prß. Archivrath und Hausarchi¬
var S. M. Berlin, 1804. (Decker.)

Eine Gcdächtuißfestschrift, welche an das vor 300 Jahren, am 14. December
1,561, vollzogene Beilager der damals gerade 21jnhrigen Markgräfin von Branden¬
burg (Tochter des Kurfürsten Joachim des Zweiten und der Prinzessin Hedwig von
Polen) mit Wilhelm von Rosenberg, Obcrstlandkämmercr von Böhmen erinnert. Die Wit-
kowice, das Haus des Bräutigams, sind bekanntlich eins der berühmtesten böhmischen
Adelsgeschlechter und haben seit dem dreizehnten Jahrhundert fortwährend eine her¬
vorragende Rolle in der Geschichte Böhmens gespielt. Wir erinnern nur an den
berüchtigten glänzenden Zawis, den Buhlen der Wittwe König Ottokar Premisls,
an Ulrich, den aristokratischen Parteiführer in der Hussitenzcit, an die Brü¬
der Johann und Jodokus von Rosenberg, welcher letztere als Bischof von Breslau
mit König Georg von Podiebrad kämpfte, während der Bruder treu zu diesem stand.
In allen den schweren Zeitläuften der böhmischen Geschichte gelang es diesem Hause,
sich nicht nur zu fristen, sondern auch bedeutenden Einfluß zu bewahren. Durch
jene Heirath rückte es in directe Verwandtschaft zu den Hohenzollern empor, welche
bei dem bedeutenden Besitz- und Hoheitsstande der Rvscnberge für die brandenbur-
gischen Fürsten auch politisch nicht ohne Werth war. Die Ehe Sophias hat nur kurze
Zeit gewährt, da die junge Fürstin bereits uach dritthalb Jahren starb. Bei der
Schilderung ihrer Inauguration lau» es dem Verfasser der Jubelschrift ausschließlich
auf den Bericht über die Feier als solche, die Festlichkeiten, Ceremonien u. s. w. an,
und hier konnte er zumeist dem Wenzel Brczan folgen, der als letzter Archivar des
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sichtspunkten zusammengestellte knappe Negistrirung der interessantesten Begebenheiten,
die das Haus Rosenberg betreffen und verweilt, ohne auf politische Dinge irgendwie
naher einzugehen, fast ausschließlich bei Beschreibungen von Festen, Solcmnitäten
und allerhand Kleinkram, der wenig allgemeinen Werth hat und der es bedauern
läßt, daß der Mann, welchem gewiß auch cmderartigcs Material in Fülle zu Gebote
stand, keinen politischen Sinn hatte. Märckcrs Jnbclschrift sieht es nun ebenfalls
nur auf diese Seite ab, und wenn sie daher auch in der historischen Literatur eine
untergeordnete Stelle beansprucht, so ist es dennoch zu danken, daß uns ein anschau¬
liches und detailirtcs Genrebild der damaligen Bräuche und Sitten am brandenbur-
gischen Hofe gegeben wird, das, mit Liebe und Sorgfalt entworfen und stellenweise
nicht ohne Anmuth vorgetragen, eine hübsche Ergänzung unsrer culturgcschichtlichen
Kunde jener Zeit bildet.




Verantwortlicher Redacteur: Dr. Moritz Busch.
Verlag von F. L. Herbig. — Druck von C. E. Elbert in Leipzig.
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[0404] Literatur. Sophia von No se n b er g, gehör alte M arkg räfinvon B rant cnburg. Aus böhmischen Quellen von v,'. T. Mürcker, tgi. prß. Archivrath und Hausarchi¬ var S. M. Berlin, 1804. (Decker.) Eine Gcdächtuißfestschrift, welche an das vor 300 Jahren, am 14. December 1,561, vollzogene Beilager der damals gerade 21jnhrigen Markgräfin von Branden¬ burg (Tochter des Kurfürsten Joachim des Zweiten und der Prinzessin Hedwig von Polen) mit Wilhelm von Rosenberg, Obcrstlandkämmercr von Böhmen erinnert. Die Wit- kowice, das Haus des Bräutigams, sind bekanntlich eins der berühmtesten böhmischen Adelsgeschlechter und haben seit dem dreizehnten Jahrhundert fortwährend eine her¬ vorragende Rolle in der Geschichte Böhmens gespielt. Wir erinnern nur an den berüchtigten glänzenden Zawis, den Buhlen der Wittwe König Ottokar Premisls, an Ulrich, den aristokratischen Parteiführer in der Hussitenzcit, an die Brü¬ der Johann und Jodokus von Rosenberg, welcher letztere als Bischof von Breslau mit König Georg von Podiebrad kämpfte, während der Bruder treu zu diesem stand. In allen den schweren Zeitläuften der böhmischen Geschichte gelang es diesem Hause, sich nicht nur zu fristen, sondern auch bedeutenden Einfluß zu bewahren. Durch jene Heirath rückte es in directe Verwandtschaft zu den Hohenzollern empor, welche bei dem bedeutenden Besitz- und Hoheitsstande der Rvscnberge für die brandenbur- gischen Fürsten auch politisch nicht ohne Werth war. Die Ehe Sophias hat nur kurze Zeit gewährt, da die junge Fürstin bereits uach dritthalb Jahren starb. Bei der Schilderung ihrer Inauguration lau» es dem Verfasser der Jubelschrift ausschließlich auf den Bericht über die Feier als solche, die Festlichkeiten, Ceremonien u. s. w. an, und hier konnte er zumeist dem Wenzel Brczan folgen, der als letzter Archivar des roscnbergischcn Hauses im Jahre 1608 seine RoLonborslQr Xrouilc» schloß, die im <Ü!rsox. »xol. >ol.'^t. Nuscmin 1828 abgedruckt wurde. Sie ist eine rein nach äußerlichen Ge¬ sichtspunkten zusammengestellte knappe Negistrirung der interessantesten Begebenheiten, die das Haus Rosenberg betreffen und verweilt, ohne auf politische Dinge irgendwie naher einzugehen, fast ausschließlich bei Beschreibungen von Festen, Solcmnitäten und allerhand Kleinkram, der wenig allgemeinen Werth hat und der es bedauern läßt, daß der Mann, welchem gewiß auch cmderartigcs Material in Fülle zu Gebote stand, keinen politischen Sinn hatte. Märckcrs Jnbclschrift sieht es nun ebenfalls nur auf diese Seite ab, und wenn sie daher auch in der historischen Literatur eine untergeordnete Stelle beansprucht, so ist es dennoch zu danken, daß uns ein anschau¬ liches und detailirtcs Genrebild der damaligen Bräuche und Sitten am brandenbur- gischen Hofe gegeben wird, das, mit Liebe und Sorgfalt entworfen und stellenweise nicht ohne Anmuth vorgetragen, eine hübsche Ergänzung unsrer culturgcschichtlichen Kunde jener Zeit bildet. Verantwortlicher Redacteur: Dr. Moritz Busch. Verlag von F. L. Herbig. — Druck von C. E. Elbert in Leipzig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_360480/404>, abgerufen am 24.05.2024.