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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band.

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trachte sie als Rebellen, als Verschworene und habe ihm befohlen, ihnen zu
bedeuten: 1) daß sie aller ihrer Güter verlustig seien, zu deren Beschlagnahme
die Befehle schon ertheilt seien; 2) daß Se. Majestät l die dreizehn nicht
mehr als Cardinäle ansehe und ihnen verbiete, irgend ein Abzeichen dieser
Würde zu tragen; 3) daß Se. Majestät sick das Recht vorbehalte, weitere die
Widerspenstige" betreffende Verfügungen bekannt zu machen. Der Minister
schloß mit der Andeutung, daß gegen die schuldigster ein Criminalproceß an¬
hängig gemacht werden solle.

"Als er geendigt hatte," schreibt Consalvi, "nahm ich das Wort und er¬
wiederte, daß man uns mit Unrecht eines Complottes und der Rebellion an¬
klage, Verbrechen, die des Purpurs wie unserer persönlichen Charaktere un¬
würdig seien; daß unser Betragen sehr einfach und freimüthig gewesen; daß
es falsch sei, wir hätten unseren College" ein Geheimniß aus unserer Mei¬
nung gemacht, wir hätten mit ihnen über den Gegenstand vielmehr > ge¬
sprochen, daß wir es aber mit jener Mäßigung gethan hätten, die nothwendig
schien, um uns gegen die Anklage zu sichern, als suchten wir Proselyten zu
machen und die Zahl der Fernbleibenden zu vergrößern; daß. wenn man uns
jetzt ob dieser Zurückhaltung ladete, man uns noch mehr getadelt haben würde,
wenn wir auch diejenigen unserer Kollegen überführt hätten, welche unsere
Meinung nicht theilten; daß wir allerdings dem Kultusminister keine Eröffnung
gemacht hätten, wohl aber dem Cardinal Fesch, dem wir in seiner Eigenschaft
eines Cardinals und als Onkel des Kaisers offen unsere Meinung bekannt
hätten, gerade um alle Oeffentlichkeit zu vermeiden; daß der Aelteste von uns
ihm ein Mittel angegeben habe, alles Aussehen zu verhüten, indem er den
Kaiser gebeten, blos diejenigen Cardinäle einzuladen, die nicht unserer Ansicht
gewesen wären. Ich fügte hinzu, daß die Mittheilung eines Complottes an
den Onkel mit der Bitte, es dem Neffen bekannt zu machen, eine ganz neue
Art von Verschwörung sei."

Die Cardinäle Litla und Tomaglia sprachen sich ungefähr in demselben
Sinne aus, die anderen schwiegen, weil sie der Sprache nicht mächtig waren.
Die Minister schienen erschüttert und gestanden, daß sie glaubten, der Kaiser
Würde sich langmüthig bezeigen, wenn er diese Entschuldigung mit angehört
hätte. Die Cardinäle ermächtigten die Minister, Sr. Majestät die Worte mit¬
zutheilen, worauf letztere meinten, Napoleon würde ihnen keinen Glauben
schenken; wir thäten besser daran, ihm zu schreiben.

Als die Cardinäle einwilligten, gaben die Minister den Rath, im Briefe
a" den Kaiser zu erklären, sie halten kein Komplott gemacht, doch sollten sie
durchaus vermeiden, von der Uebergehung des Papstes zu sprechen und irgend¬
einen gleichgültigen Grund angeben wie z. B. Krankheit, oder daß man zu
spät gekommen sei oder sonst eine unbedeutende Entschuldigung. Die Cardinäle


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trachte sie als Rebellen, als Verschworene und habe ihm befohlen, ihnen zu
bedeuten: 1) daß sie aller ihrer Güter verlustig seien, zu deren Beschlagnahme
die Befehle schon ertheilt seien; 2) daß Se. Majestät l die dreizehn nicht
mehr als Cardinäle ansehe und ihnen verbiete, irgend ein Abzeichen dieser
Würde zu tragen; 3) daß Se. Majestät sick das Recht vorbehalte, weitere die
Widerspenstige» betreffende Verfügungen bekannt zu machen. Der Minister
schloß mit der Andeutung, daß gegen die schuldigster ein Criminalproceß an¬
hängig gemacht werden solle.

„Als er geendigt hatte," schreibt Consalvi, „nahm ich das Wort und er¬
wiederte, daß man uns mit Unrecht eines Complottes und der Rebellion an¬
klage, Verbrechen, die des Purpurs wie unserer persönlichen Charaktere un¬
würdig seien; daß unser Betragen sehr einfach und freimüthig gewesen; daß
es falsch sei, wir hätten unseren College» ein Geheimniß aus unserer Mei¬
nung gemacht, wir hätten mit ihnen über den Gegenstand vielmehr > ge¬
sprochen, daß wir es aber mit jener Mäßigung gethan hätten, die nothwendig
schien, um uns gegen die Anklage zu sichern, als suchten wir Proselyten zu
machen und die Zahl der Fernbleibenden zu vergrößern; daß. wenn man uns
jetzt ob dieser Zurückhaltung ladete, man uns noch mehr getadelt haben würde,
wenn wir auch diejenigen unserer Kollegen überführt hätten, welche unsere
Meinung nicht theilten; daß wir allerdings dem Kultusminister keine Eröffnung
gemacht hätten, wohl aber dem Cardinal Fesch, dem wir in seiner Eigenschaft
eines Cardinals und als Onkel des Kaisers offen unsere Meinung bekannt
hätten, gerade um alle Oeffentlichkeit zu vermeiden; daß der Aelteste von uns
ihm ein Mittel angegeben habe, alles Aussehen zu verhüten, indem er den
Kaiser gebeten, blos diejenigen Cardinäle einzuladen, die nicht unserer Ansicht
gewesen wären. Ich fügte hinzu, daß die Mittheilung eines Complottes an
den Onkel mit der Bitte, es dem Neffen bekannt zu machen, eine ganz neue
Art von Verschwörung sei."

Die Cardinäle Litla und Tomaglia sprachen sich ungefähr in demselben
Sinne aus, die anderen schwiegen, weil sie der Sprache nicht mächtig waren.
Die Minister schienen erschüttert und gestanden, daß sie glaubten, der Kaiser
Würde sich langmüthig bezeigen, wenn er diese Entschuldigung mit angehört
hätte. Die Cardinäle ermächtigten die Minister, Sr. Majestät die Worte mit¬
zutheilen, worauf letztere meinten, Napoleon würde ihnen keinen Glauben
schenken; wir thäten besser daran, ihm zu schreiben.

Als die Cardinäle einwilligten, gaben die Minister den Rath, im Briefe
a» den Kaiser zu erklären, sie halten kein Komplott gemacht, doch sollten sie
durchaus vermeiden, von der Uebergehung des Papstes zu sprechen und irgend¬
einen gleichgültigen Grund angeben wie z. B. Krankheit, oder daß man zu
spät gekommen sei oder sonst eine unbedeutende Entschuldigung. Die Cardinäle


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[0199] trachte sie als Rebellen, als Verschworene und habe ihm befohlen, ihnen zu bedeuten: 1) daß sie aller ihrer Güter verlustig seien, zu deren Beschlagnahme die Befehle schon ertheilt seien; 2) daß Se. Majestät l die dreizehn nicht mehr als Cardinäle ansehe und ihnen verbiete, irgend ein Abzeichen dieser Würde zu tragen; 3) daß Se. Majestät sick das Recht vorbehalte, weitere die Widerspenstige» betreffende Verfügungen bekannt zu machen. Der Minister schloß mit der Andeutung, daß gegen die schuldigster ein Criminalproceß an¬ hängig gemacht werden solle. „Als er geendigt hatte," schreibt Consalvi, „nahm ich das Wort und er¬ wiederte, daß man uns mit Unrecht eines Complottes und der Rebellion an¬ klage, Verbrechen, die des Purpurs wie unserer persönlichen Charaktere un¬ würdig seien; daß unser Betragen sehr einfach und freimüthig gewesen; daß es falsch sei, wir hätten unseren College» ein Geheimniß aus unserer Mei¬ nung gemacht, wir hätten mit ihnen über den Gegenstand vielmehr > ge¬ sprochen, daß wir es aber mit jener Mäßigung gethan hätten, die nothwendig schien, um uns gegen die Anklage zu sichern, als suchten wir Proselyten zu machen und die Zahl der Fernbleibenden zu vergrößern; daß. wenn man uns jetzt ob dieser Zurückhaltung ladete, man uns noch mehr getadelt haben würde, wenn wir auch diejenigen unserer Kollegen überführt hätten, welche unsere Meinung nicht theilten; daß wir allerdings dem Kultusminister keine Eröffnung gemacht hätten, wohl aber dem Cardinal Fesch, dem wir in seiner Eigenschaft eines Cardinals und als Onkel des Kaisers offen unsere Meinung bekannt hätten, gerade um alle Oeffentlichkeit zu vermeiden; daß der Aelteste von uns ihm ein Mittel angegeben habe, alles Aussehen zu verhüten, indem er den Kaiser gebeten, blos diejenigen Cardinäle einzuladen, die nicht unserer Ansicht gewesen wären. Ich fügte hinzu, daß die Mittheilung eines Complottes an den Onkel mit der Bitte, es dem Neffen bekannt zu machen, eine ganz neue Art von Verschwörung sei." Die Cardinäle Litla und Tomaglia sprachen sich ungefähr in demselben Sinne aus, die anderen schwiegen, weil sie der Sprache nicht mächtig waren. Die Minister schienen erschüttert und gestanden, daß sie glaubten, der Kaiser Würde sich langmüthig bezeigen, wenn er diese Entschuldigung mit angehört hätte. Die Cardinäle ermächtigten die Minister, Sr. Majestät die Worte mit¬ zutheilen, worauf letztere meinten, Napoleon würde ihnen keinen Glauben schenken; wir thäten besser daran, ihm zu schreiben. Als die Cardinäle einwilligten, gaben die Minister den Rath, im Briefe a» den Kaiser zu erklären, sie halten kein Komplott gemacht, doch sollten sie durchaus vermeiden, von der Uebergehung des Papstes zu sprechen und irgend¬ einen gleichgültigen Grund angeben wie z. B. Krankheit, oder daß man zu spät gekommen sei oder sonst eine unbedeutende Entschuldigung. Die Cardinäle Gre»jhe>den I. 18t!ü. 24

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282240/199>, abgerufen am 11.06.2024.