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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band.

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verbunden war. wurde vom Vater richtig erkannt, und von der Prima des
duisburger Gymnasiums mit achtzehn Jahren abgegangen, widmete er sich dem
Baufach, seine Laufbahn in der damals vorgeschriebnen Weise mit dem Feld-
messerexamen beginnend. Zunächst praktisch an den westfälischen Eisenbahn-
bauten beschäftigt, eine für die Festigung seiner Gesundheit und die Ausarbei¬
tung seines ganzen Menschen höchst wichtige und bedeutsame Thätigkeitsperiode
seines Lebens -- kommt er 1849 nach Berlin, wo der Anblick und das Stu¬
dium der Schinkelschen Werke und Entwürfe in dem jungen Bauschüler die
künstlerische Leidenschaft und Begeisterung zur vollen Flamme anfache. Wäh¬
rend seiner Bauführerzeit führte er dann unter Zwirner den Bau eines Pro-
vinzialirrenhauses in Siegburg, und im Anschluß an die edlen "Formen der
Schinkelschen Schule" ein großes reiches, herrschaftliches Wohnhaus, das kyll-
mannsche, selbstständig nach eignem Project zu Köln aus. Nach wechselndem
Aufenthalt in Hamburg und München kehrte er nach Preußen zur Ablegung
seines Staatsbaumeisterexamens zurück, vor welchem er noch in Halle den Neu¬
bau des dortigen Provinzialirrenhauses leitete. Nach wohlbestandener Prüfung
trat er 18S8 jene Studienreise durch Belgien, Frankreich und Italien an, von
deren letzterem Theil das Tagebuch getreulich Kunde giebt. Noch in Paris
traf ihn die Nachricht von den beiden wichtigen Concurrenzen zu großartigen
monumentalen Gebäuden, welche von Berlin ausgeschrieben wurden, dem neuen
Rathhaus und der Börse. Noch von den Eindrücken der verwandten Denk¬
male einer stolzen schaffensfrohen Vergangenheit in Belgien und Frankreich er¬
füllt, machte er sich, den Beginn seiner Reise aussetzend, an den Entwurf der
Pläne für beide Bewerbungen, welche seine rastlose Thätigkeit und energische
Willenskraft ihn befähigten, neben so viel andern Arbeiten und Studien, wozu
Paris ihn anregte, dort in der Zeit weniger Monate auszuführen. Sein un¬
ermüdlicher Arbeitsdrang bekundete sich während der ganzen italienischen Reise
in eclatantestcr Art. Durch stete Uebung hatte er in Berlin schon im schnellen
Erfassen und präcisen Zeichnen der Architektur und Landschaft, die ihm die
Wirklichkeit zeigte, eine seltne Meisterschaft sich erworben, welche die Bewunde¬
rung der Fach- und Kunstgenossen nicht minder wie die der Laien erweckte.
Hier in Italien fand er Gelegenheit dies Talent vollauf zu nutzen, und keine
Unbequemlichkeit, kein äußeres Hinderniß, kein körperliches Leiden vermochte die
Energie zu lähmen, mit welcher er sich hier überall dieser Art des praktischen
Studiums hingab. Gegen 300 Einzelblätter führte er während des einen
Reisejahres in Bleistift und Farbe aus, die durch Frische der Auffassung und
Schärfe charakteristischer Darstellung hervorragen. Auf dies grade jetzt zur
schönsten Blüthe entfaltete freudige Künstlerdasein warf die Nachricht den ersten
trüben Schatten, die ihn in Rom traf. In beiden berliner Concurrenzen waren
seine Entwürfe ohne jeden Preis ausgegangen. "Diese Erfahrung mußte seine


verbunden war. wurde vom Vater richtig erkannt, und von der Prima des
duisburger Gymnasiums mit achtzehn Jahren abgegangen, widmete er sich dem
Baufach, seine Laufbahn in der damals vorgeschriebnen Weise mit dem Feld-
messerexamen beginnend. Zunächst praktisch an den westfälischen Eisenbahn-
bauten beschäftigt, eine für die Festigung seiner Gesundheit und die Ausarbei¬
tung seines ganzen Menschen höchst wichtige und bedeutsame Thätigkeitsperiode
seines Lebens — kommt er 1849 nach Berlin, wo der Anblick und das Stu¬
dium der Schinkelschen Werke und Entwürfe in dem jungen Bauschüler die
künstlerische Leidenschaft und Begeisterung zur vollen Flamme anfache. Wäh¬
rend seiner Bauführerzeit führte er dann unter Zwirner den Bau eines Pro-
vinzialirrenhauses in Siegburg, und im Anschluß an die edlen „Formen der
Schinkelschen Schule" ein großes reiches, herrschaftliches Wohnhaus, das kyll-
mannsche, selbstständig nach eignem Project zu Köln aus. Nach wechselndem
Aufenthalt in Hamburg und München kehrte er nach Preußen zur Ablegung
seines Staatsbaumeisterexamens zurück, vor welchem er noch in Halle den Neu¬
bau des dortigen Provinzialirrenhauses leitete. Nach wohlbestandener Prüfung
trat er 18S8 jene Studienreise durch Belgien, Frankreich und Italien an, von
deren letzterem Theil das Tagebuch getreulich Kunde giebt. Noch in Paris
traf ihn die Nachricht von den beiden wichtigen Concurrenzen zu großartigen
monumentalen Gebäuden, welche von Berlin ausgeschrieben wurden, dem neuen
Rathhaus und der Börse. Noch von den Eindrücken der verwandten Denk¬
male einer stolzen schaffensfrohen Vergangenheit in Belgien und Frankreich er¬
füllt, machte er sich, den Beginn seiner Reise aussetzend, an den Entwurf der
Pläne für beide Bewerbungen, welche seine rastlose Thätigkeit und energische
Willenskraft ihn befähigten, neben so viel andern Arbeiten und Studien, wozu
Paris ihn anregte, dort in der Zeit weniger Monate auszuführen. Sein un¬
ermüdlicher Arbeitsdrang bekundete sich während der ganzen italienischen Reise
in eclatantestcr Art. Durch stete Uebung hatte er in Berlin schon im schnellen
Erfassen und präcisen Zeichnen der Architektur und Landschaft, die ihm die
Wirklichkeit zeigte, eine seltne Meisterschaft sich erworben, welche die Bewunde¬
rung der Fach- und Kunstgenossen nicht minder wie die der Laien erweckte.
Hier in Italien fand er Gelegenheit dies Talent vollauf zu nutzen, und keine
Unbequemlichkeit, kein äußeres Hinderniß, kein körperliches Leiden vermochte die
Energie zu lähmen, mit welcher er sich hier überall dieser Art des praktischen
Studiums hingab. Gegen 300 Einzelblätter führte er während des einen
Reisejahres in Bleistift und Farbe aus, die durch Frische der Auffassung und
Schärfe charakteristischer Darstellung hervorragen. Auf dies grade jetzt zur
schönsten Blüthe entfaltete freudige Künstlerdasein warf die Nachricht den ersten
trüben Schatten, die ihn in Rom traf. In beiden berliner Concurrenzen waren
seine Entwürfe ohne jeden Preis ausgegangen. „Diese Erfahrung mußte seine


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285025/167>, abgerufen am 15.05.2024.