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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band.

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die Geschichte der letzten Zeiten lehrt uns. im Unglück nicht zu viel aus die
Ausdauer des Kaiser Alexander zu rechnen. Man muß ihn in seinen gro߬
müthigen Absichten bestärken und ihm helfen sein Versprechen zu halten, keinen
Frieden zu schließen, selbst wenn er an das Uralgebirge gedrängt wäre. Glück¬
licherweise hat sich ein kühner Mann in einer hohen Stellung gefunden, wel¬
cher brennt. Deutschland von seinem Unterdrücker zu befreien und der. von einem
eingewurzelten tiefen Hasse gegen Napoleon belebt, sein ganzes Dasein an den
Kampf gegen ihn setzen will. Es ist der Kronprinz von Schweden. Kind der
französischen Revolution, kennt er alle deren Springfedern und alle Triebräder,
welche geeignet sind, die Menschen zu regieren und an sich zu fesseln."

"Unter dem militärischen Gesichtspunkt würde Bernadotte die von ihm
beabsichtigte Landung in Deutschland nicht machen können, ohne sich gegen
Dänemark zu sichern." Er muß es erobern. -- "Nach Beendigung dieser
Eroberung wird der Kronprinz von Schweden seine Landung aus dem Fest¬
lande bewerkstelligen."

"Es leidet keinen Zweifel, daß er. sowie er im Innern von Deutschland
erscheint, sehr viele Menschen an sich ziehen wird, besonders wenn das Gerücht
eines glücklichen Kampfes ihm vorausgeht, da er sich übrigens vornimmt, schnei¬
dende Maßregeln anzuwenden, um der Unentschlossenheit keine Wahl zu lassen,
und bei der Erbitterung der Völker werden sich seine Massen schnell vermeh¬
ren, für deren Bewaffnung und Ausrüstung die englische Regierung zu
sorgen hätte."

"Dem Kronprinzen kann Napoleon fast nur neu ausgehöhlte Truppen ent¬
gegenstellen. Im Ganzen sind die französischen Truppen sichtlich herabgekom¬
men. Erzherzog Karl sagte mir vor einigen Monaten, wie er sowohl als seine
Generale bemerkt, daß die Franzosen nicht mehr so bissig seien als in den
vorigen Kriegen. Diese sittliche Entartung ist durch den Krieg in Spanien und
durch den Zug nach Rußland gewachsen."

"Truge der Kronprinz Erfolge davon, sie würden den französischen Kaiser
Zwingen, Rußland zu verlassen."

"Das welfische Haus hat große Erinnerungen in Deutschland. Könnte
sich die britische Negierung entschließen, einige Corps englischer Truppen und die
deutschen Legion zu senden, um den Kern eines Heeres zu bilden, so könnte
man leicht ein Armeecorps von 20,000 Mann bilden. Das hannoversche Volk
Würde sich glücklich schätzen, unter die Herrschaft seines alten Fürsten zurückzu¬
kehren und die angrenzenden Landschaften nichts Besseres wünschen, als die¬
selbe Herrschaft zu theilen. Es ist kein Zweifel, daß man im Fall des Ge¬
lingens im Norden Deutschlands und selbst im größern Theil dieses Landes
und mit Holland einen mächtigen Staat bilden könnte, der ein furchtbares
Seitenbollwerk gegen alle Angriffe Frankreichs bildete. Um Hannover neu zu


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die Geschichte der letzten Zeiten lehrt uns. im Unglück nicht zu viel aus die
Ausdauer des Kaiser Alexander zu rechnen. Man muß ihn in seinen gro߬
müthigen Absichten bestärken und ihm helfen sein Versprechen zu halten, keinen
Frieden zu schließen, selbst wenn er an das Uralgebirge gedrängt wäre. Glück¬
licherweise hat sich ein kühner Mann in einer hohen Stellung gefunden, wel¬
cher brennt. Deutschland von seinem Unterdrücker zu befreien und der. von einem
eingewurzelten tiefen Hasse gegen Napoleon belebt, sein ganzes Dasein an den
Kampf gegen ihn setzen will. Es ist der Kronprinz von Schweden. Kind der
französischen Revolution, kennt er alle deren Springfedern und alle Triebräder,
welche geeignet sind, die Menschen zu regieren und an sich zu fesseln."

„Unter dem militärischen Gesichtspunkt würde Bernadotte die von ihm
beabsichtigte Landung in Deutschland nicht machen können, ohne sich gegen
Dänemark zu sichern." Er muß es erobern. — „Nach Beendigung dieser
Eroberung wird der Kronprinz von Schweden seine Landung aus dem Fest¬
lande bewerkstelligen."

„Es leidet keinen Zweifel, daß er. sowie er im Innern von Deutschland
erscheint, sehr viele Menschen an sich ziehen wird, besonders wenn das Gerücht
eines glücklichen Kampfes ihm vorausgeht, da er sich übrigens vornimmt, schnei¬
dende Maßregeln anzuwenden, um der Unentschlossenheit keine Wahl zu lassen,
und bei der Erbitterung der Völker werden sich seine Massen schnell vermeh¬
ren, für deren Bewaffnung und Ausrüstung die englische Regierung zu
sorgen hätte."

„Dem Kronprinzen kann Napoleon fast nur neu ausgehöhlte Truppen ent¬
gegenstellen. Im Ganzen sind die französischen Truppen sichtlich herabgekom¬
men. Erzherzog Karl sagte mir vor einigen Monaten, wie er sowohl als seine
Generale bemerkt, daß die Franzosen nicht mehr so bissig seien als in den
vorigen Kriegen. Diese sittliche Entartung ist durch den Krieg in Spanien und
durch den Zug nach Rußland gewachsen."

„Truge der Kronprinz Erfolge davon, sie würden den französischen Kaiser
Zwingen, Rußland zu verlassen."

„Das welfische Haus hat große Erinnerungen in Deutschland. Könnte
sich die britische Negierung entschließen, einige Corps englischer Truppen und die
deutschen Legion zu senden, um den Kern eines Heeres zu bilden, so könnte
man leicht ein Armeecorps von 20,000 Mann bilden. Das hannoversche Volk
Würde sich glücklich schätzen, unter die Herrschaft seines alten Fürsten zurückzu¬
kehren und die angrenzenden Landschaften nichts Besseres wünschen, als die¬
selbe Herrschaft zu theilen. Es ist kein Zweifel, daß man im Fall des Ge¬
lingens im Norden Deutschlands und selbst im größern Theil dieses Landes
und mit Holland einen mächtigen Staat bilden könnte, der ein furchtbares
Seitenbollwerk gegen alle Angriffe Frankreichs bildete. Um Hannover neu zu


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285025/289>, abgerufen am 13.06.2024.