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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band.

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erinnerten sich dabei des Sprichworts, nach welchem, wo ein Rauch ist. auch ein
Feuer sein muß. " >,

Anders die. welche von der Maßregel, wenn sie begründet Ware, zunächst
und unmittelbar bedroht sein würden, die deutschen Grenzbewohner von Saar¬
brücken und Umgegend selbst. Diesen, welchen die Abtretung directe Annexion
an einen Staatskörp-r. dem sie in keiner Weise angehören wollen, der Ver¬
pachtungen stille allmälige Verschmelzung mit einwandernden französischen
Elementen und dadurch sich vorbereitende Einverleibung androht, können steh
begreiflicherweise nicht zu so objectiver Betrachtung der Angelegenheit erheben,
nicht ans halbamtlicher Quelle Beruhigung schöpfen. Sie kennen die Lüstern¬
heit ihrer westlichen Nachbarn aus dem täglichen Verkehr und erhalten für ihre
Besorgnis, durch Privatnachrichten fortwährend neue Nahrung. Uns nicht v.el
mehr als eine Zeitungsente, die man mit Heiterkeit immer wieder auftauchen
W)t. ist ihnen das Gerücht ein bedenklicher Krebs, der trotz jener ofMosen
Operationen wiederkommt und nicht anders wegzuschaffen ist. als durch eine
vollkommen rückhaltslose und unumwundene Erklärung von Seiten der ^ochsten
Autoritäten. Wie wir durch eine Zuschrift aus Saarbrücken und Se. ^ohann.
datirt vom 25. März d. I.. erfahren, sehen sie die Sache so ernst an. daß sie
sich bereits an diese Autoritäten gewendet haben. Die Handelskammer des
Kreises hat den Handelsminister um Beruhigung ersucht und ist bis ;etzt ohne
Antwort geblieben. Die Gemeindevertretungen der genannten beiden Orte
entsenden eine Deputation an König Wilhelm. ,

Mit aller Zuversicht erwarten wir - aus welchen allgemeinen Gründen ist
überflüssig zu sagen -- daß der Bescheid ein vollkommen befriedigender sein
Werde. Dringend wünschen wir. daß Schleswig-Holstein preußisch werde, gleich¬
viel ob es den Particularisten dort beliebt oder nicht; aber kaum weniger dringend
wünschen wir, daß es weder durch ein Opfer preußischen Gebiets im Osten noch
durch ein solches im Westen, sei es auch scheinbar noch so klein, erworben
werde, und wir erklären uns um so lebhafter gegen jede etwaige Transacuon
mit Frankreich in Betreff Saarbrückens, als das Gebiet, um das es sich hier
handelt, einerseits trotz seiner wenigen Quadratmeilen höchst werthvoll und
andrerseits nur durch eifrige Bemühung deutscher Patrioten unter der dortigen
Bevölkerung, nicht durch die Initiative der preußischen Diplomatie, an Deutsch-
land gelangt ist. Betrachten wir das letztere Motiv als das für uns wichtigere
Werst.

Sehr ungern war die Mehrzahl der Bevölkerung in der alten Grafschait
Nassau-Saarbrücken im lüneviller Frieden französisch geworden. und mit Jubel
begrüßte sie die 1814 einrückenden alliirten und insbesondere die preußischen
Truppen als Befreier und Wiederhersteller des Zusammenhangs der Land,abäst
Mit Deutschland. Ties und fast allgemein war die Bestürzung, als man sich


erinnerten sich dabei des Sprichworts, nach welchem, wo ein Rauch ist. auch ein
Feuer sein muß. „ >,

Anders die. welche von der Maßregel, wenn sie begründet Ware, zunächst
und unmittelbar bedroht sein würden, die deutschen Grenzbewohner von Saar¬
brücken und Umgegend selbst. Diesen, welchen die Abtretung directe Annexion
an einen Staatskörp-r. dem sie in keiner Weise angehören wollen, der Ver¬
pachtungen stille allmälige Verschmelzung mit einwandernden französischen
Elementen und dadurch sich vorbereitende Einverleibung androht, können steh
begreiflicherweise nicht zu so objectiver Betrachtung der Angelegenheit erheben,
nicht ans halbamtlicher Quelle Beruhigung schöpfen. Sie kennen die Lüstern¬
heit ihrer westlichen Nachbarn aus dem täglichen Verkehr und erhalten für ihre
Besorgnis, durch Privatnachrichten fortwährend neue Nahrung. Uns nicht v.el
mehr als eine Zeitungsente, die man mit Heiterkeit immer wieder auftauchen
W)t. ist ihnen das Gerücht ein bedenklicher Krebs, der trotz jener ofMosen
Operationen wiederkommt und nicht anders wegzuschaffen ist. als durch eine
vollkommen rückhaltslose und unumwundene Erklärung von Seiten der ^ochsten
Autoritäten. Wie wir durch eine Zuschrift aus Saarbrücken und Se. ^ohann.
datirt vom 25. März d. I.. erfahren, sehen sie die Sache so ernst an. daß sie
sich bereits an diese Autoritäten gewendet haben. Die Handelskammer des
Kreises hat den Handelsminister um Beruhigung ersucht und ist bis ;etzt ohne
Antwort geblieben. Die Gemeindevertretungen der genannten beiden Orte
entsenden eine Deputation an König Wilhelm. ,

Mit aller Zuversicht erwarten wir - aus welchen allgemeinen Gründen ist
überflüssig zu sagen — daß der Bescheid ein vollkommen befriedigender sein
Werde. Dringend wünschen wir. daß Schleswig-Holstein preußisch werde, gleich¬
viel ob es den Particularisten dort beliebt oder nicht; aber kaum weniger dringend
wünschen wir, daß es weder durch ein Opfer preußischen Gebiets im Osten noch
durch ein solches im Westen, sei es auch scheinbar noch so klein, erworben
werde, und wir erklären uns um so lebhafter gegen jede etwaige Transacuon
mit Frankreich in Betreff Saarbrückens, als das Gebiet, um das es sich hier
handelt, einerseits trotz seiner wenigen Quadratmeilen höchst werthvoll und
andrerseits nur durch eifrige Bemühung deutscher Patrioten unter der dortigen
Bevölkerung, nicht durch die Initiative der preußischen Diplomatie, an Deutsch-
land gelangt ist. Betrachten wir das letztere Motiv als das für uns wichtigere
Werst.

Sehr ungern war die Mehrzahl der Bevölkerung in der alten Grafschait
Nassau-Saarbrücken im lüneviller Frieden französisch geworden. und mit Jubel
begrüßte sie die 1814 einrückenden alliirten und insbesondere die preußischen
Truppen als Befreier und Wiederhersteller des Zusammenhangs der Land,abäst
Mit Deutschland. Ties und fast allgemein war die Bestürzung, als man sich


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285025/65>, abgerufen am 15.05.2024.