Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Sinn, oder als wirklich erschöpfende monumentale Darstellungen der betreffenden
Herrschergestalten zu gelten. Es gab in der Reihe mannen recht wackligen
und zweifelhaften Herrn, einige der daran arbeitenden Bildhauer hatten sich die
Sache möglichst leicht gemacht, Vorhandenes copirt, auf drapirte Leiber be¬
kannter Feldherrnstatuen hohenzollersche Königsköpfe gesetzt u> tgi. Aber ein
paar recht charaktervolle und tüchtige Werke fanden sich doch mit darunter, um
welche es schabe ist, daß sie nur zu so vorübergehender Existenz geschaffen
waren und nicht zu längerem, dauerndem Leben. -- Eine der glücklichsten und
geistreichsten architektonischen Schöpfungen jener Tage war die Umwandelung
der Turnhalle in der Prinzenstraße zu dem weiten Festsaal, in welchem die
städtischen Behörden den König und die Deputationen der Armee bewirtheten.
Was Professor Lucä hier innerhalb acht Tagen aus dem Nichts hervorgerufen,
erschien wie einer wahrhaft poetischen Phantasie erblüht. Besonders die Ein-
trittshalle, die er im Hof des Gebäudes errichtet hatte, mit den luftigen Kreuz¬
gewölben ihrer Decke aus goldenem Netzwerk mit Gurten von Blumenguirlanden
gebildet, war das Originellste und Anmuthigste. was diese Veranlassung über¬
haupt von künstlerischen Dingen entstehen ließ. Zum Schmuck dieses glänzenden
Raumes trug übrigens ein über dem Thürbogen in einem Halbrund gemaltes
Wandbild von A. v. Heyden nicht wenig bei : eine "Berolinia", auf der Qua¬
driga von Bären gezogen, die von Genien gelenkt werden. Die Vereinigung
von bedeutsamer Wirkung, festlicher Würde und heiterem phantasiereichen Spiel,
welche den Bau charakterisirte, war auch diesem originellen Bilde in vollem
Maße eigen. -- Von den Transparentgemäldcn, welche der Festilluminalions-
abend erzeugte, von den kühnen Zeichnungen, welche tausend Gasröhren und
Flämmchen in feurigen Zügen über die Front großer Gebäude hinwarfen,
schweige ich.

Diese Tage liegen nun seit bald drei Monaten hinter uns. Man kann
nicht sagen, daß die bildende Kunst seitdem müßig darin gewesen ist, die aus
der eignen Anschauung oder der Schilderung anderer gewonnenen Eindrücke
von den historischen Thaten dieses großen Sommers zu verarbeiten. Von Seiten
der Regierung sind die Preisbewegungen um die gi oßen Aufträge von Bildern
derselben bereits ausgeschrieben. Durch welche Künstler und wie dieser Ein¬
ladung entsprochen werden wird, läßt sich noch nicht feststellen. Jedenfalls
arbeitet man in mancher Werkstatt bereits an den Skizzen dazu. Die Zeichner
haben inzwischen fortgefahren, ihre kürzer gefaßten Schilderungen frischweg in
die Welt zu senden. Freilich kann ich bei der besten Absicht und Aufmerksamkeit
auf das in dieser Art Erschienene nichts darunter finden, welches dem, was die
französischen Zeichner bei ähnlichen Veranlassungen in Massen zu Tage fördern,
auch nur entfernt gleich käme, oder gar der wirklichen Größe der zu schildernden
Ereignisse einigermaßen entspräche. Es scheint, daß die besten Kräfte für solche


Sinn, oder als wirklich erschöpfende monumentale Darstellungen der betreffenden
Herrschergestalten zu gelten. Es gab in der Reihe mannen recht wackligen
und zweifelhaften Herrn, einige der daran arbeitenden Bildhauer hatten sich die
Sache möglichst leicht gemacht, Vorhandenes copirt, auf drapirte Leiber be¬
kannter Feldherrnstatuen hohenzollersche Königsköpfe gesetzt u> tgi. Aber ein
paar recht charaktervolle und tüchtige Werke fanden sich doch mit darunter, um
welche es schabe ist, daß sie nur zu so vorübergehender Existenz geschaffen
waren und nicht zu längerem, dauerndem Leben. — Eine der glücklichsten und
geistreichsten architektonischen Schöpfungen jener Tage war die Umwandelung
der Turnhalle in der Prinzenstraße zu dem weiten Festsaal, in welchem die
städtischen Behörden den König und die Deputationen der Armee bewirtheten.
Was Professor Lucä hier innerhalb acht Tagen aus dem Nichts hervorgerufen,
erschien wie einer wahrhaft poetischen Phantasie erblüht. Besonders die Ein-
trittshalle, die er im Hof des Gebäudes errichtet hatte, mit den luftigen Kreuz¬
gewölben ihrer Decke aus goldenem Netzwerk mit Gurten von Blumenguirlanden
gebildet, war das Originellste und Anmuthigste. was diese Veranlassung über¬
haupt von künstlerischen Dingen entstehen ließ. Zum Schmuck dieses glänzenden
Raumes trug übrigens ein über dem Thürbogen in einem Halbrund gemaltes
Wandbild von A. v. Heyden nicht wenig bei : eine „Berolinia", auf der Qua¬
driga von Bären gezogen, die von Genien gelenkt werden. Die Vereinigung
von bedeutsamer Wirkung, festlicher Würde und heiterem phantasiereichen Spiel,
welche den Bau charakterisirte, war auch diesem originellen Bilde in vollem
Maße eigen. — Von den Transparentgemäldcn, welche der Festilluminalions-
abend erzeugte, von den kühnen Zeichnungen, welche tausend Gasröhren und
Flämmchen in feurigen Zügen über die Front großer Gebäude hinwarfen,
schweige ich.

Diese Tage liegen nun seit bald drei Monaten hinter uns. Man kann
nicht sagen, daß die bildende Kunst seitdem müßig darin gewesen ist, die aus
der eignen Anschauung oder der Schilderung anderer gewonnenen Eindrücke
von den historischen Thaten dieses großen Sommers zu verarbeiten. Von Seiten
der Regierung sind die Preisbewegungen um die gi oßen Aufträge von Bildern
derselben bereits ausgeschrieben. Durch welche Künstler und wie dieser Ein¬
ladung entsprochen werden wird, läßt sich noch nicht feststellen. Jedenfalls
arbeitet man in mancher Werkstatt bereits an den Skizzen dazu. Die Zeichner
haben inzwischen fortgefahren, ihre kürzer gefaßten Schilderungen frischweg in
die Welt zu senden. Freilich kann ich bei der besten Absicht und Aufmerksamkeit
auf das in dieser Art Erschienene nichts darunter finden, welches dem, was die
französischen Zeichner bei ähnlichen Veranlassungen in Massen zu Tage fördern,
auch nur entfernt gleich käme, oder gar der wirklichen Größe der zu schildernden
Ereignisse einigermaßen entspräche. Es scheint, daß die besten Kräfte für solche


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0534" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/286682"/>
          <p xml:id="ID_1573" prev="#ID_1572"> Sinn, oder als wirklich erschöpfende monumentale Darstellungen der betreffenden<lb/>
Herrschergestalten zu gelten. Es gab in der Reihe mannen recht wackligen<lb/>
und zweifelhaften Herrn, einige der daran arbeitenden Bildhauer hatten sich die<lb/>
Sache möglichst leicht gemacht, Vorhandenes copirt, auf drapirte Leiber be¬<lb/>
kannter Feldherrnstatuen hohenzollersche Königsköpfe gesetzt u&gt; tgi. Aber ein<lb/>
paar recht charaktervolle und tüchtige Werke fanden sich doch mit darunter, um<lb/>
welche es schabe ist, daß sie nur zu so vorübergehender Existenz geschaffen<lb/>
waren und nicht zu längerem, dauerndem Leben. &#x2014; Eine der glücklichsten und<lb/>
geistreichsten architektonischen Schöpfungen jener Tage war die Umwandelung<lb/>
der Turnhalle in der Prinzenstraße zu dem weiten Festsaal, in welchem die<lb/>
städtischen Behörden den König und die Deputationen der Armee bewirtheten.<lb/>
Was Professor Lucä hier innerhalb acht Tagen aus dem Nichts hervorgerufen,<lb/>
erschien wie einer wahrhaft poetischen Phantasie erblüht. Besonders die Ein-<lb/>
trittshalle, die er im Hof des Gebäudes errichtet hatte, mit den luftigen Kreuz¬<lb/>
gewölben ihrer Decke aus goldenem Netzwerk mit Gurten von Blumenguirlanden<lb/>
gebildet, war das Originellste und Anmuthigste. was diese Veranlassung über¬<lb/>
haupt von künstlerischen Dingen entstehen ließ. Zum Schmuck dieses glänzenden<lb/>
Raumes trug übrigens ein über dem Thürbogen in einem Halbrund gemaltes<lb/>
Wandbild von A. v. Heyden nicht wenig bei : eine &#x201E;Berolinia", auf der Qua¬<lb/>
driga von Bären gezogen, die von Genien gelenkt werden. Die Vereinigung<lb/>
von bedeutsamer Wirkung, festlicher Würde und heiterem phantasiereichen Spiel,<lb/>
welche den Bau charakterisirte, war auch diesem originellen Bilde in vollem<lb/>
Maße eigen. &#x2014; Von den Transparentgemäldcn, welche der Festilluminalions-<lb/>
abend erzeugte, von den kühnen Zeichnungen, welche tausend Gasröhren und<lb/>
Flämmchen in feurigen Zügen über die Front großer Gebäude hinwarfen,<lb/>
schweige ich.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1574" next="#ID_1575"> Diese Tage liegen nun seit bald drei Monaten hinter uns. Man kann<lb/>
nicht sagen, daß die bildende Kunst seitdem müßig darin gewesen ist, die aus<lb/>
der eignen Anschauung oder der Schilderung anderer gewonnenen Eindrücke<lb/>
von den historischen Thaten dieses großen Sommers zu verarbeiten. Von Seiten<lb/>
der Regierung sind die Preisbewegungen um die gi oßen Aufträge von Bildern<lb/>
derselben bereits ausgeschrieben. Durch welche Künstler und wie dieser Ein¬<lb/>
ladung entsprochen werden wird, läßt sich noch nicht feststellen. Jedenfalls<lb/>
arbeitet man in mancher Werkstatt bereits an den Skizzen dazu. Die Zeichner<lb/>
haben inzwischen fortgefahren, ihre kürzer gefaßten Schilderungen frischweg in<lb/>
die Welt zu senden. Freilich kann ich bei der besten Absicht und Aufmerksamkeit<lb/>
auf das in dieser Art Erschienene nichts darunter finden, welches dem, was die<lb/>
französischen Zeichner bei ähnlichen Veranlassungen in Massen zu Tage fördern,<lb/>
auch nur entfernt gleich käme, oder gar der wirklichen Größe der zu schildernden<lb/>
Ereignisse einigermaßen entspräche.  Es scheint, daß die besten Kräfte für solche</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0534] Sinn, oder als wirklich erschöpfende monumentale Darstellungen der betreffenden Herrschergestalten zu gelten. Es gab in der Reihe mannen recht wackligen und zweifelhaften Herrn, einige der daran arbeitenden Bildhauer hatten sich die Sache möglichst leicht gemacht, Vorhandenes copirt, auf drapirte Leiber be¬ kannter Feldherrnstatuen hohenzollersche Königsköpfe gesetzt u> tgi. Aber ein paar recht charaktervolle und tüchtige Werke fanden sich doch mit darunter, um welche es schabe ist, daß sie nur zu so vorübergehender Existenz geschaffen waren und nicht zu längerem, dauerndem Leben. — Eine der glücklichsten und geistreichsten architektonischen Schöpfungen jener Tage war die Umwandelung der Turnhalle in der Prinzenstraße zu dem weiten Festsaal, in welchem die städtischen Behörden den König und die Deputationen der Armee bewirtheten. Was Professor Lucä hier innerhalb acht Tagen aus dem Nichts hervorgerufen, erschien wie einer wahrhaft poetischen Phantasie erblüht. Besonders die Ein- trittshalle, die er im Hof des Gebäudes errichtet hatte, mit den luftigen Kreuz¬ gewölben ihrer Decke aus goldenem Netzwerk mit Gurten von Blumenguirlanden gebildet, war das Originellste und Anmuthigste. was diese Veranlassung über¬ haupt von künstlerischen Dingen entstehen ließ. Zum Schmuck dieses glänzenden Raumes trug übrigens ein über dem Thürbogen in einem Halbrund gemaltes Wandbild von A. v. Heyden nicht wenig bei : eine „Berolinia", auf der Qua¬ driga von Bären gezogen, die von Genien gelenkt werden. Die Vereinigung von bedeutsamer Wirkung, festlicher Würde und heiterem phantasiereichen Spiel, welche den Bau charakterisirte, war auch diesem originellen Bilde in vollem Maße eigen. — Von den Transparentgemäldcn, welche der Festilluminalions- abend erzeugte, von den kühnen Zeichnungen, welche tausend Gasröhren und Flämmchen in feurigen Zügen über die Front großer Gebäude hinwarfen, schweige ich. Diese Tage liegen nun seit bald drei Monaten hinter uns. Man kann nicht sagen, daß die bildende Kunst seitdem müßig darin gewesen ist, die aus der eignen Anschauung oder der Schilderung anderer gewonnenen Eindrücke von den historischen Thaten dieses großen Sommers zu verarbeiten. Von Seiten der Regierung sind die Preisbewegungen um die gi oßen Aufträge von Bildern derselben bereits ausgeschrieben. Durch welche Künstler und wie dieser Ein¬ ladung entsprochen werden wird, läßt sich noch nicht feststellen. Jedenfalls arbeitet man in mancher Werkstatt bereits an den Skizzen dazu. Die Zeichner haben inzwischen fortgefahren, ihre kürzer gefaßten Schilderungen frischweg in die Welt zu senden. Freilich kann ich bei der besten Absicht und Aufmerksamkeit auf das in dieser Art Erschienene nichts darunter finden, welches dem, was die französischen Zeichner bei ähnlichen Veranlassungen in Massen zu Tage fördern, auch nur entfernt gleich käme, oder gar der wirklichen Größe der zu schildernden Ereignisse einigermaßen entspräche. Es scheint, daß die besten Kräfte für solche

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_286147
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_286147/534
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_286147/534>, abgerufen am 16.06.2024.