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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band.

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Bauten aus Marmor auch der Ziegelrohbau, als der eigentlich nationale, noch
immer fleißig cultivirt worden ist. Daß die Formgebung im Ziegelbau viel¬
fach verschieden von den Bauten in Marmor, daß im erstem, besonders bei
Grabesbauten, sich noch mancherlei alterthümliche Formen bis in die spätesten
Zeiten erhalten haben, liegt in der Natur der Sache.

- Die nicht sehr zahlreichen uns noch heute erhaltenen Reste von künstlerisch
durchgebildeten Ziegelrohbauten -- das bekannteste und schönste Beispiel ist
ein Grabmal, der sogenannte ^ompio äst vio Keäioulo im Thal der Cafarella,
ferner die Kirche S. Albano in der Nähe der Via ^.xM, einige Gräber an
der Via I.g,lag, u. f. w. -- sind, wie schon angedeutet, bisher wenig beachtet
worden. Man hielt sie, die hohe Bedeutung des römischen Ziegelbaues ver¬
kennend, für Werke geringern Ranges. Die Beschreibungen Roms von Kugler,
Nibby, Carina und Ueber besprechen dieselben nur ganz vorübergehend, ohne
besondern Hinweis auf die abweichende Technik. Nur Guattani und Uggerö
sind näher daraus eingegangen. Bei genauerer Betrachtung wird man aber
finden, daß ein decorativ so reich ausgestatteter Bau wie z. B. der sogenannte
?empio <l<zi I)lo Rsclieulo nicht billiger sein konnte als ein Bau in Marmor.
Es scheint vielmehr, daß der hieratisch-alterthümliche Ziegelrohbau für Grabbauten,
besonders bei einigen altrömischen Geschlechtern sehr beliebt gewesen. Auf diese
Weise erklärt sich auch leicht, daß ein so außerordentlich reicher Mann, wie
Herodes Atticus, bei Einrichtung eines Grabtempels für seine Gemahlin Annia
Negilla, aus dem erlauchten Geschlecht der Julier, fo nahe dem prächtigen Grab-
mal der Caecilia Metella, den Ziegelrohbau wählen konnte.

Ueber die Zeit der Errichtung dieser Bauten sind die Gelehrten sehr ver¬
schiedener Ansicht. Nibby setzt sie -- es ist dabei stets besonders von dem
tempio äst vio lieäieulo die Rede -- in das erste, de Rossi in das zweite,
Kugler und Burgeß in das dritte Jahrhundert nach Christus. Es dürfte dem¬
nach ein Fortschritt sein, daß es mir gelang, den ursprünglichen Zweck eines
der besterhc"leeren dieser fraglichen Bauten, die heutige (verlassene) Kirche S.
Urbano, zwei Miglien vor Porta S. Sebastians zu bestimmen und damit zu¬
gleich eine genauere Datirung zu gewinnen. Ich glaube in meinem Aussatz
"'über das Grabmal der Annia Negilla" lMIoloZus Lei. XXIV. Heft 3) näm-
lich nachgewiesen zu haben, daß diese Kirche im siebenten Jahrzehnt des zweiten
Jahrhunderts nach Christus von Herodes Atticus als Grabtempel für seine Ge¬
mahlin erbaut worden ist.*) Mit der sichern Datirung dieses Gebäudes erbat-



") In Deutschland ist, obgleich de Rossi (BuIIetino <Zi "rob.le.1. ekrist. 1863 Ur. 3.)
auf anderm Wege zu ganz ähnlichem Resultate gelangte, meine Ansicht bei ausgezeichneten
Forschern wie v, Quast und F. Aolcr (bis jetzt allerdings nur brieflich) auf Widerspruch
gestoßen. Genannte Herren halten die Kirche S. Urbano aus stilischen Gründen für jünger,

Bauten aus Marmor auch der Ziegelrohbau, als der eigentlich nationale, noch
immer fleißig cultivirt worden ist. Daß die Formgebung im Ziegelbau viel¬
fach verschieden von den Bauten in Marmor, daß im erstem, besonders bei
Grabesbauten, sich noch mancherlei alterthümliche Formen bis in die spätesten
Zeiten erhalten haben, liegt in der Natur der Sache.

- Die nicht sehr zahlreichen uns noch heute erhaltenen Reste von künstlerisch
durchgebildeten Ziegelrohbauten — das bekannteste und schönste Beispiel ist
ein Grabmal, der sogenannte ^ompio äst vio Keäioulo im Thal der Cafarella,
ferner die Kirche S. Albano in der Nähe der Via ^.xM, einige Gräber an
der Via I.g,lag, u. f. w. — sind, wie schon angedeutet, bisher wenig beachtet
worden. Man hielt sie, die hohe Bedeutung des römischen Ziegelbaues ver¬
kennend, für Werke geringern Ranges. Die Beschreibungen Roms von Kugler,
Nibby, Carina und Ueber besprechen dieselben nur ganz vorübergehend, ohne
besondern Hinweis auf die abweichende Technik. Nur Guattani und Uggerö
sind näher daraus eingegangen. Bei genauerer Betrachtung wird man aber
finden, daß ein decorativ so reich ausgestatteter Bau wie z. B. der sogenannte
?empio <l<zi I)lo Rsclieulo nicht billiger sein konnte als ein Bau in Marmor.
Es scheint vielmehr, daß der hieratisch-alterthümliche Ziegelrohbau für Grabbauten,
besonders bei einigen altrömischen Geschlechtern sehr beliebt gewesen. Auf diese
Weise erklärt sich auch leicht, daß ein so außerordentlich reicher Mann, wie
Herodes Atticus, bei Einrichtung eines Grabtempels für seine Gemahlin Annia
Negilla, aus dem erlauchten Geschlecht der Julier, fo nahe dem prächtigen Grab-
mal der Caecilia Metella, den Ziegelrohbau wählen konnte.

Ueber die Zeit der Errichtung dieser Bauten sind die Gelehrten sehr ver¬
schiedener Ansicht. Nibby setzt sie — es ist dabei stets besonders von dem
tempio äst vio lieäieulo die Rede — in das erste, de Rossi in das zweite,
Kugler und Burgeß in das dritte Jahrhundert nach Christus. Es dürfte dem¬
nach ein Fortschritt sein, daß es mir gelang, den ursprünglichen Zweck eines
der besterhc«leeren dieser fraglichen Bauten, die heutige (verlassene) Kirche S.
Urbano, zwei Miglien vor Porta S. Sebastians zu bestimmen und damit zu¬
gleich eine genauere Datirung zu gewinnen. Ich glaube in meinem Aussatz
„'über das Grabmal der Annia Negilla" lMIoloZus Lei. XXIV. Heft 3) näm-
lich nachgewiesen zu haben, daß diese Kirche im siebenten Jahrzehnt des zweiten
Jahrhunderts nach Christus von Herodes Atticus als Grabtempel für seine Ge¬
mahlin erbaut worden ist.*) Mit der sichern Datirung dieses Gebäudes erbat-



") In Deutschland ist, obgleich de Rossi (BuIIetino <Zi »rob.le.1. ekrist. 1863 Ur. 3.)
auf anderm Wege zu ganz ähnlichem Resultate gelangte, meine Ansicht bei ausgezeichneten
Forschern wie v, Quast und F. Aolcr (bis jetzt allerdings nur brieflich) auf Widerspruch
gestoßen. Genannte Herren halten die Kirche S. Urbano aus stilischen Gründen für jünger,
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349919/24>, abgerufen am 29.04.2024.