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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band.

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Thon unscheinlich, kann mit der Pracht des carrarischen weißen und den fremden
farbigen Marmorarten sich nicht messen, aber die Ziegel sind ein höchst bedeu-
tender Factor der ganzen architektonischen Entwickelung Roms, sowohl in con-
structiver als ästhetischer Beziehung.

Die Anwendung des gebrannten Thon für Zwecke der Bau- und
Bildkunst war im alten Etrurien allgemein verbreitet und zu hoher Vollendung
ausgebildet. Von den Etruskern lernten die Römer diese Technik. Thon findet
sich in der nächsten Umgebung Roms in sehr vorzüglicher Qualität und in
großen Massen. Gute gebrannte Ziegel waren daher leicht herzustellen und in
allen Fällen brauchbar, während alle anderen Baumaterialien Roms nur mit
Auswahl verwendbar sind. Der Tuff, aus welchem die Hügel Roms bestehen,
ist nicht hart genug, um tectonische Formen aus demselben herzustellen. Er
wird meist um für Unterbauten, Futtermauern und dergleichen verwendet. Pe-
perin, welcher schon zu den Zeiten der Könige für Staatsbauten (Agger des
Servius Tullius), und später sehr oft verwendet wurde, mußte erst von Albano
oder Gabii herbeigeschafft werden und war für feinere decorative Ausbildung
doch nicht genügend. (Sarkophag des Scipio Barbatus im Vatican.) Den
Travertin. ein sehr vorzügliches Baumaterial, mußte man erst von Tivoli
herbeiholen; er war deßhalb nur für Staatsbauten (Colosseum, Grabmal des
Bibulus) und für die reichsten Privatleute (Grabmal der Caecilia Mctella) zu¬
gänglich. Man war daher vorzugsweise auf gebrannte Ziegel angewiesen.
Sie bildeten in Rom zu allen Zeiten das am leichtesten zu erlangende und
deßhalb billigste Material. Dazu kam noch die nahe Verwandtschaft der Römer
mit den Etruskern, welche in Arbeiten in gebranntem Thon in hohem Grade
geschickt waren. Der Backsteinrohbau war nicht nur bei Privatbauten und kleinen
Staatsbauten im Gebrauch, sondern kam sogar bei den Haupttempeln Roms
zur Anwendung, war daher wohl die eigentliche national-römische Bau¬
weise. Vitruv (II, 3) spricht ausführlich von ihm.

Als seit den Zeiten Augusts Marmor in größerer Menge nach Rom kam,
wurden die äußerlich sichtbaren Kunstformen, namentlich Capitelle, Gesimse.
Wandbekleidungen :c. aus Marmor gemacht. Den Kern derselben stellte man
aber nach wie vor aus Gußmauerwer? mit kleinen Tuffstücken, die Gewölbe und
alle constructiv wichtigeren Theile aber aus Ziegeln her, wie solches die Ruinen
der Kaiserpaläste auf dem Palatin, die Thermen ze. noch heute zeigen. An
ihnen sieht man deutlich, auf welcher hohen Stufe der Vollkommenheit die Be¬
reitung der Ziegel, die man in außerordentlich großen Dimensionen anwendete,
sich befand. Erst zur Zeit des Constantin wendete man in übertriebenen Luxus
ZUM Theil kolossale massive Marmorblöcke an, (5arm8 quaärjü'vns im Vela-
brum. Bogen des Constantin) während der Kern der Basilica des Constantin
noch aus Ziegeln besteht. Es kann demnach nicht befremden, daß neben den


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Thon unscheinlich, kann mit der Pracht des carrarischen weißen und den fremden
farbigen Marmorarten sich nicht messen, aber die Ziegel sind ein höchst bedeu-
tender Factor der ganzen architektonischen Entwickelung Roms, sowohl in con-
structiver als ästhetischer Beziehung.

Die Anwendung des gebrannten Thon für Zwecke der Bau- und
Bildkunst war im alten Etrurien allgemein verbreitet und zu hoher Vollendung
ausgebildet. Von den Etruskern lernten die Römer diese Technik. Thon findet
sich in der nächsten Umgebung Roms in sehr vorzüglicher Qualität und in
großen Massen. Gute gebrannte Ziegel waren daher leicht herzustellen und in
allen Fällen brauchbar, während alle anderen Baumaterialien Roms nur mit
Auswahl verwendbar sind. Der Tuff, aus welchem die Hügel Roms bestehen,
ist nicht hart genug, um tectonische Formen aus demselben herzustellen. Er
wird meist um für Unterbauten, Futtermauern und dergleichen verwendet. Pe-
perin, welcher schon zu den Zeiten der Könige für Staatsbauten (Agger des
Servius Tullius), und später sehr oft verwendet wurde, mußte erst von Albano
oder Gabii herbeigeschafft werden und war für feinere decorative Ausbildung
doch nicht genügend. (Sarkophag des Scipio Barbatus im Vatican.) Den
Travertin. ein sehr vorzügliches Baumaterial, mußte man erst von Tivoli
herbeiholen; er war deßhalb nur für Staatsbauten (Colosseum, Grabmal des
Bibulus) und für die reichsten Privatleute (Grabmal der Caecilia Mctella) zu¬
gänglich. Man war daher vorzugsweise auf gebrannte Ziegel angewiesen.
Sie bildeten in Rom zu allen Zeiten das am leichtesten zu erlangende und
deßhalb billigste Material. Dazu kam noch die nahe Verwandtschaft der Römer
mit den Etruskern, welche in Arbeiten in gebranntem Thon in hohem Grade
geschickt waren. Der Backsteinrohbau war nicht nur bei Privatbauten und kleinen
Staatsbauten im Gebrauch, sondern kam sogar bei den Haupttempeln Roms
zur Anwendung, war daher wohl die eigentliche national-römische Bau¬
weise. Vitruv (II, 3) spricht ausführlich von ihm.

Als seit den Zeiten Augusts Marmor in größerer Menge nach Rom kam,
wurden die äußerlich sichtbaren Kunstformen, namentlich Capitelle, Gesimse.
Wandbekleidungen :c. aus Marmor gemacht. Den Kern derselben stellte man
aber nach wie vor aus Gußmauerwer? mit kleinen Tuffstücken, die Gewölbe und
alle constructiv wichtigeren Theile aber aus Ziegeln her, wie solches die Ruinen
der Kaiserpaläste auf dem Palatin, die Thermen ze. noch heute zeigen. An
ihnen sieht man deutlich, auf welcher hohen Stufe der Vollkommenheit die Be¬
reitung der Ziegel, die man in außerordentlich großen Dimensionen anwendete,
sich befand. Erst zur Zeit des Constantin wendete man in übertriebenen Luxus
ZUM Theil kolossale massive Marmorblöcke an, (5arm8 quaärjü'vns im Vela-
brum. Bogen des Constantin) während der Kern der Basilica des Constantin
noch aus Ziegeln besteht. Es kann demnach nicht befremden, daß neben den


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[0023] Thon unscheinlich, kann mit der Pracht des carrarischen weißen und den fremden farbigen Marmorarten sich nicht messen, aber die Ziegel sind ein höchst bedeu- tender Factor der ganzen architektonischen Entwickelung Roms, sowohl in con- structiver als ästhetischer Beziehung. Die Anwendung des gebrannten Thon für Zwecke der Bau- und Bildkunst war im alten Etrurien allgemein verbreitet und zu hoher Vollendung ausgebildet. Von den Etruskern lernten die Römer diese Technik. Thon findet sich in der nächsten Umgebung Roms in sehr vorzüglicher Qualität und in großen Massen. Gute gebrannte Ziegel waren daher leicht herzustellen und in allen Fällen brauchbar, während alle anderen Baumaterialien Roms nur mit Auswahl verwendbar sind. Der Tuff, aus welchem die Hügel Roms bestehen, ist nicht hart genug, um tectonische Formen aus demselben herzustellen. Er wird meist um für Unterbauten, Futtermauern und dergleichen verwendet. Pe- perin, welcher schon zu den Zeiten der Könige für Staatsbauten (Agger des Servius Tullius), und später sehr oft verwendet wurde, mußte erst von Albano oder Gabii herbeigeschafft werden und war für feinere decorative Ausbildung doch nicht genügend. (Sarkophag des Scipio Barbatus im Vatican.) Den Travertin. ein sehr vorzügliches Baumaterial, mußte man erst von Tivoli herbeiholen; er war deßhalb nur für Staatsbauten (Colosseum, Grabmal des Bibulus) und für die reichsten Privatleute (Grabmal der Caecilia Mctella) zu¬ gänglich. Man war daher vorzugsweise auf gebrannte Ziegel angewiesen. Sie bildeten in Rom zu allen Zeiten das am leichtesten zu erlangende und deßhalb billigste Material. Dazu kam noch die nahe Verwandtschaft der Römer mit den Etruskern, welche in Arbeiten in gebranntem Thon in hohem Grade geschickt waren. Der Backsteinrohbau war nicht nur bei Privatbauten und kleinen Staatsbauten im Gebrauch, sondern kam sogar bei den Haupttempeln Roms zur Anwendung, war daher wohl die eigentliche national-römische Bau¬ weise. Vitruv (II, 3) spricht ausführlich von ihm. Als seit den Zeiten Augusts Marmor in größerer Menge nach Rom kam, wurden die äußerlich sichtbaren Kunstformen, namentlich Capitelle, Gesimse. Wandbekleidungen :c. aus Marmor gemacht. Den Kern derselben stellte man aber nach wie vor aus Gußmauerwer? mit kleinen Tuffstücken, die Gewölbe und alle constructiv wichtigeren Theile aber aus Ziegeln her, wie solches die Ruinen der Kaiserpaläste auf dem Palatin, die Thermen ze. noch heute zeigen. An ihnen sieht man deutlich, auf welcher hohen Stufe der Vollkommenheit die Be¬ reitung der Ziegel, die man in außerordentlich großen Dimensionen anwendete, sich befand. Erst zur Zeit des Constantin wendete man in übertriebenen Luxus ZUM Theil kolossale massive Marmorblöcke an, (5arm8 quaärjü'vns im Vela- brum. Bogen des Constantin) während der Kern der Basilica des Constantin noch aus Ziegeln besteht. Es kann demnach nicht befremden, daß neben den 3*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349919/23>, abgerufen am 03.05.2024.