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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band.

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seinen bisherigen Holzfcchrzeugen den französischen Kriegsschiffen gegenüber nicht
mehr sicher, und begann nun aus allen Kräften auch seinerseits Panzerschiffe
zu bauen. Als erstes lies die mächtige Panzerfregatte "Warrior" vom Stapel,
gleich der französischen "Gloirt" ein Schiff nach dem Breitseitensystem, aber
ganz aus Eisen und von solchen Dimensionen, daß es eine bis dahin unerreichte
Schnelligkeit erzielte, während allerdings die Steuerfähigkcit und der Schutz der
Panzerung weniger vollkommen war als bei der "Gloire." In rascher Folge
wurden nun sowohl in Frankreich wie in England weitere Panzerschiffe gebaut,
und zwar in Frankreich meist wesentlich nach dem Muster der "Gloire", das
nur in Einzelheiten modificirt wurde; in England dagegen baute man nach
gänzlich verschiedenen, immer neuen Systemen, da man hier auf Erreichung
eines absolut guten Modells mehr Werth legte als auf Erzielung möglichster
Gleichmäßigkeit der Eigenschaften der einzelnen Schiffe.

Während so England und Frankreich in stetem Weiteifer die Zahl und die
Vollkommenheit ihrer Panzerschisse vergrößerten und fast alle anderen Seemächte
ihnen hierin nachzufolgen begannen, bildete sich auf der andern Seite ein Factor
aus, welcher der gefährlichste Gegner der Panzerschiffe zu werden versprach.

Wie die Erfahrungen von Kinburn zeigten, waren die gewöhnlichen Kaliber
der Positionsbaltericn, die 24> und 30Pfünder, der Panzerung gegenüber gänzlich
ohnmächtig; weitere Versuche machten klar, daß auch das allerschwerste damals
in der Marine gebräuchliche Kaliber, der glatte 68Pfünder (95 Ctr. Rohrgewicht)
nicht blos mit seinem Hohlgeschoß, sondern sogar mit seinen Vollkugeln aus
ganz nahe Distanzen die Panzerung der Schiffe nicht zu schädigen vermochte.
Die umfassendsten Experimente in dieser Beziehung stellte England an, diejenige
Macht, deren Bedeutung am meisten von ihrer Flotte abhängt; von den frau.
zösischen Versuchen drang einmal, wie ja überhaupt in Frankreich alles Unkunde
nach Möglichkeit mit dem Schleier des Geheimnisses umgeben wird, weniger in
die Oeffentlichkeit, und dann hat sich auch in der Folge praktisch gezeigt, daß
die französischen Versuche nicht gründlich und umfassend genug gewesen waren,
da man ihr Resultat, die Beibehaltung kleiner Kaliber, nach dem Kampfe der
Unionsschraubcnsloop "Kearsarge" mit der Conföderirten "Alabama" gänzlich
zu verwerfen genöthigt wurde. Die englischen Versuche dagegen, die seit Jahren
in Shoeburyneß nahe der Themscmündung im Gange sind, wurden einerseits
in kolossalen Umfange in allen nur erdenklichen Formen angestellt, und andrer¬
seits wurde über ihre Resultate das Publikum durch genaue Berichte in den
Zeitungen stets auf das ausführlichste unterrichtet -- auf die in der englischen
Presse (z. B. ^rmx ara Mo? v-ri-ete", limos, IIIustratLÜ Konclon News)
angegebenen Zahlen kann man sich meist unbedingt verlassen, wenn auch die
Gruppirung der Ziffern oft so gestellt wird, daß die Tüchtigkeit der Fabrikation
möglichst in den Vordergrund tritt, daß man also in gewisser Beziehung doch


seinen bisherigen Holzfcchrzeugen den französischen Kriegsschiffen gegenüber nicht
mehr sicher, und begann nun aus allen Kräften auch seinerseits Panzerschiffe
zu bauen. Als erstes lies die mächtige Panzerfregatte „Warrior" vom Stapel,
gleich der französischen „Gloirt" ein Schiff nach dem Breitseitensystem, aber
ganz aus Eisen und von solchen Dimensionen, daß es eine bis dahin unerreichte
Schnelligkeit erzielte, während allerdings die Steuerfähigkcit und der Schutz der
Panzerung weniger vollkommen war als bei der „Gloire." In rascher Folge
wurden nun sowohl in Frankreich wie in England weitere Panzerschiffe gebaut,
und zwar in Frankreich meist wesentlich nach dem Muster der „Gloire", das
nur in Einzelheiten modificirt wurde; in England dagegen baute man nach
gänzlich verschiedenen, immer neuen Systemen, da man hier auf Erreichung
eines absolut guten Modells mehr Werth legte als auf Erzielung möglichster
Gleichmäßigkeit der Eigenschaften der einzelnen Schiffe.

Während so England und Frankreich in stetem Weiteifer die Zahl und die
Vollkommenheit ihrer Panzerschisse vergrößerten und fast alle anderen Seemächte
ihnen hierin nachzufolgen begannen, bildete sich auf der andern Seite ein Factor
aus, welcher der gefährlichste Gegner der Panzerschiffe zu werden versprach.

Wie die Erfahrungen von Kinburn zeigten, waren die gewöhnlichen Kaliber
der Positionsbaltericn, die 24> und 30Pfünder, der Panzerung gegenüber gänzlich
ohnmächtig; weitere Versuche machten klar, daß auch das allerschwerste damals
in der Marine gebräuchliche Kaliber, der glatte 68Pfünder (95 Ctr. Rohrgewicht)
nicht blos mit seinem Hohlgeschoß, sondern sogar mit seinen Vollkugeln aus
ganz nahe Distanzen die Panzerung der Schiffe nicht zu schädigen vermochte.
Die umfassendsten Experimente in dieser Beziehung stellte England an, diejenige
Macht, deren Bedeutung am meisten von ihrer Flotte abhängt; von den frau.
zösischen Versuchen drang einmal, wie ja überhaupt in Frankreich alles Unkunde
nach Möglichkeit mit dem Schleier des Geheimnisses umgeben wird, weniger in
die Oeffentlichkeit, und dann hat sich auch in der Folge praktisch gezeigt, daß
die französischen Versuche nicht gründlich und umfassend genug gewesen waren,
da man ihr Resultat, die Beibehaltung kleiner Kaliber, nach dem Kampfe der
Unionsschraubcnsloop „Kearsarge" mit der Conföderirten „Alabama" gänzlich
zu verwerfen genöthigt wurde. Die englischen Versuche dagegen, die seit Jahren
in Shoeburyneß nahe der Themscmündung im Gange sind, wurden einerseits
in kolossalen Umfange in allen nur erdenklichen Formen angestellt, und andrer¬
seits wurde über ihre Resultate das Publikum durch genaue Berichte in den
Zeitungen stets auf das ausführlichste unterrichtet — auf die in der englischen
Presse (z. B. ^rmx ara Mo? v-ri-ete«, limos, IIIustratLÜ Konclon News)
angegebenen Zahlen kann man sich meist unbedingt verlassen, wenn auch die
Gruppirung der Ziffern oft so gestellt wird, daß die Tüchtigkeit der Fabrikation
möglichst in den Vordergrund tritt, daß man also in gewisser Beziehung doch


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[0253] seinen bisherigen Holzfcchrzeugen den französischen Kriegsschiffen gegenüber nicht mehr sicher, und begann nun aus allen Kräften auch seinerseits Panzerschiffe zu bauen. Als erstes lies die mächtige Panzerfregatte „Warrior" vom Stapel, gleich der französischen „Gloirt" ein Schiff nach dem Breitseitensystem, aber ganz aus Eisen und von solchen Dimensionen, daß es eine bis dahin unerreichte Schnelligkeit erzielte, während allerdings die Steuerfähigkcit und der Schutz der Panzerung weniger vollkommen war als bei der „Gloire." In rascher Folge wurden nun sowohl in Frankreich wie in England weitere Panzerschiffe gebaut, und zwar in Frankreich meist wesentlich nach dem Muster der „Gloire", das nur in Einzelheiten modificirt wurde; in England dagegen baute man nach gänzlich verschiedenen, immer neuen Systemen, da man hier auf Erreichung eines absolut guten Modells mehr Werth legte als auf Erzielung möglichster Gleichmäßigkeit der Eigenschaften der einzelnen Schiffe. Während so England und Frankreich in stetem Weiteifer die Zahl und die Vollkommenheit ihrer Panzerschisse vergrößerten und fast alle anderen Seemächte ihnen hierin nachzufolgen begannen, bildete sich auf der andern Seite ein Factor aus, welcher der gefährlichste Gegner der Panzerschiffe zu werden versprach. Wie die Erfahrungen von Kinburn zeigten, waren die gewöhnlichen Kaliber der Positionsbaltericn, die 24> und 30Pfünder, der Panzerung gegenüber gänzlich ohnmächtig; weitere Versuche machten klar, daß auch das allerschwerste damals in der Marine gebräuchliche Kaliber, der glatte 68Pfünder (95 Ctr. Rohrgewicht) nicht blos mit seinem Hohlgeschoß, sondern sogar mit seinen Vollkugeln aus ganz nahe Distanzen die Panzerung der Schiffe nicht zu schädigen vermochte. Die umfassendsten Experimente in dieser Beziehung stellte England an, diejenige Macht, deren Bedeutung am meisten von ihrer Flotte abhängt; von den frau. zösischen Versuchen drang einmal, wie ja überhaupt in Frankreich alles Unkunde nach Möglichkeit mit dem Schleier des Geheimnisses umgeben wird, weniger in die Oeffentlichkeit, und dann hat sich auch in der Folge praktisch gezeigt, daß die französischen Versuche nicht gründlich und umfassend genug gewesen waren, da man ihr Resultat, die Beibehaltung kleiner Kaliber, nach dem Kampfe der Unionsschraubcnsloop „Kearsarge" mit der Conföderirten „Alabama" gänzlich zu verwerfen genöthigt wurde. Die englischen Versuche dagegen, die seit Jahren in Shoeburyneß nahe der Themscmündung im Gange sind, wurden einerseits in kolossalen Umfange in allen nur erdenklichen Formen angestellt, und andrer¬ seits wurde über ihre Resultate das Publikum durch genaue Berichte in den Zeitungen stets auf das ausführlichste unterrichtet — auf die in der englischen Presse (z. B. ^rmx ara Mo? v-ri-ete«, limos, IIIustratLÜ Konclon News) angegebenen Zahlen kann man sich meist unbedingt verlassen, wenn auch die Gruppirung der Ziffern oft so gestellt wird, daß die Tüchtigkeit der Fabrikation möglichst in den Vordergrund tritt, daß man also in gewisser Beziehung doch

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349919/253>, abgerufen am 13.06.2024.