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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band.

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Vom Innern des Schiffes ist wenig mehr zu sagen, als daß die Kajüte
für den Capitän im Hinterschiff und die Cabinen der Officiere (3 zu jeder
Seite der Officiersmeß, in deren Mitte der Mast aus dem Centrum eines run-
den Tisches aufsteigt) im Verhältniß zur Kleinheit des Fahrzeugs noch immer
recht hübsch und bequem sind. Im Maschinenraume findet man ferner nicht
eine, sondern rechts und links von der Mittellinie zwei vollständig getrennte
Maschinen ganz gleicher Art von je 150 Pferdekraft, die jede ihre besondere
Schraube treiben und gerade durch die Unabhängigkeit von einander ihren
Hauptwerth erhalten, namentlich für den Fall, wenn man schnell oder auf be¬
schränktem Raume wenden will; denn je nach Bedürfniß kann man die eine
Schraube arbeiten, die andre stehen lassen, und falls eine Maschine oder Schraube
beschädigt wird, garantirt die andre eine sichere Fortsetzung der Reise. Ucbri>
gens werden die Maschinen, die in Brest gebaut sind, in vieler Beziehung ge¬
lobt, wenn auch das Schiff gelegentlich der Proben vor der Uebernahme viel
vergebliche Versuche gemacht hat, die contractlich stipulirte Schnelligkeit von 11
Knoten zu erweisen. --

Die Geschichte des "Prinz Adalbert", der im Ganzen 620,857 Thlr. ge-
kostet hat, ist bis jetzt äußerst einfach. Gebaut wurde er in den Jahren 1863
bis 1865 zu Bordeaux auf der bekannten Werft von Armand, unter dem
altägyptischen Königsnamen Cheops. Zur Zeit des großen amerikanischen
Krieges nämlich dursten die für die Conföderirten bestimmten Kriegsschiffe auf
den Werften neutraler europäischer Staaten nicht als solche gebaut werden.
Man fingirte daher meist Bestellung für orientalische oder ostasiatische Regie-
gierungen. Laird in Birkenhead (am Clyde gegenüber Liverpool) baute so z. B.
unter ägyptischen Namen die Kuppelschiffe "ElTousson" und "El Monassir", die
später von der englischen Regierung angekauft wurden und jetzt "Scorpion"
und "Wyvern" heißen; und Armand baute unter dem japanesischen Namen
"Ueddo" und Osakka" unsere jetzigen Holzschiffc "Augusta" und "Victoria",
unter den altägyptischen Namen "Cheops" und "Sphinx" aber zwei ganz gleich
als Schwesterschiffe construirte Panzerfahrzeuge. Die "Sphinx", später als
"Olinda" für Brasilien bestimmt, ward unter dem Namen "Stärkkodder" nach
Dänemark verkauft, dort aber (nach einer sehr schlecht bestandenen Ueberfahrt
von Bordeaux nach Kopenhagen), vor der Uebernahme angeblich wegen zu gro¬
ßen Tiefgangs und auch wohl wegen schlechter Panzerung zurückgewiesen.
Schließlich kam sie als "Stonewall Jackson" doch noch in die Hände der Con-
föderirten, denen sie 6 Monate als Kaper diente, wobei sie sogar zwei Unions¬
schiffe, die berühmte Fregatte "Niagara" und die Corvette "Sacramento" vor
Corunna und im Tejo wiederholt im Schach hielt, sodaß diese nicht anzugreifen
wagten; indessen mußte sie sich später dennoch der Union ergeben. Der
"Cheops" wald während des Baues von Preußen übernommen und durch eine


Vom Innern des Schiffes ist wenig mehr zu sagen, als daß die Kajüte
für den Capitän im Hinterschiff und die Cabinen der Officiere (3 zu jeder
Seite der Officiersmeß, in deren Mitte der Mast aus dem Centrum eines run-
den Tisches aufsteigt) im Verhältniß zur Kleinheit des Fahrzeugs noch immer
recht hübsch und bequem sind. Im Maschinenraume findet man ferner nicht
eine, sondern rechts und links von der Mittellinie zwei vollständig getrennte
Maschinen ganz gleicher Art von je 150 Pferdekraft, die jede ihre besondere
Schraube treiben und gerade durch die Unabhängigkeit von einander ihren
Hauptwerth erhalten, namentlich für den Fall, wenn man schnell oder auf be¬
schränktem Raume wenden will; denn je nach Bedürfniß kann man die eine
Schraube arbeiten, die andre stehen lassen, und falls eine Maschine oder Schraube
beschädigt wird, garantirt die andre eine sichere Fortsetzung der Reise. Ucbri>
gens werden die Maschinen, die in Brest gebaut sind, in vieler Beziehung ge¬
lobt, wenn auch das Schiff gelegentlich der Proben vor der Uebernahme viel
vergebliche Versuche gemacht hat, die contractlich stipulirte Schnelligkeit von 11
Knoten zu erweisen. —

Die Geschichte des „Prinz Adalbert", der im Ganzen 620,857 Thlr. ge-
kostet hat, ist bis jetzt äußerst einfach. Gebaut wurde er in den Jahren 1863
bis 1865 zu Bordeaux auf der bekannten Werft von Armand, unter dem
altägyptischen Königsnamen Cheops. Zur Zeit des großen amerikanischen
Krieges nämlich dursten die für die Conföderirten bestimmten Kriegsschiffe auf
den Werften neutraler europäischer Staaten nicht als solche gebaut werden.
Man fingirte daher meist Bestellung für orientalische oder ostasiatische Regie-
gierungen. Laird in Birkenhead (am Clyde gegenüber Liverpool) baute so z. B.
unter ägyptischen Namen die Kuppelschiffe „ElTousson" und „El Monassir", die
später von der englischen Regierung angekauft wurden und jetzt „Scorpion"
und „Wyvern" heißen; und Armand baute unter dem japanesischen Namen
„Ueddo" und Osakka" unsere jetzigen Holzschiffc „Augusta" und „Victoria",
unter den altägyptischen Namen „Cheops" und „Sphinx" aber zwei ganz gleich
als Schwesterschiffe construirte Panzerfahrzeuge. Die „Sphinx", später als
„Olinda" für Brasilien bestimmt, ward unter dem Namen „Stärkkodder" nach
Dänemark verkauft, dort aber (nach einer sehr schlecht bestandenen Ueberfahrt
von Bordeaux nach Kopenhagen), vor der Uebernahme angeblich wegen zu gro¬
ßen Tiefgangs und auch wohl wegen schlechter Panzerung zurückgewiesen.
Schließlich kam sie als „Stonewall Jackson" doch noch in die Hände der Con-
föderirten, denen sie 6 Monate als Kaper diente, wobei sie sogar zwei Unions¬
schiffe, die berühmte Fregatte „Niagara" und die Corvette „Sacramento" vor
Corunna und im Tejo wiederholt im Schach hielt, sodaß diese nicht anzugreifen
wagten; indessen mußte sie sich später dennoch der Union ergeben. Der
„Cheops" wald während des Baues von Preußen übernommen und durch eine


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[0389] Vom Innern des Schiffes ist wenig mehr zu sagen, als daß die Kajüte für den Capitän im Hinterschiff und die Cabinen der Officiere (3 zu jeder Seite der Officiersmeß, in deren Mitte der Mast aus dem Centrum eines run- den Tisches aufsteigt) im Verhältniß zur Kleinheit des Fahrzeugs noch immer recht hübsch und bequem sind. Im Maschinenraume findet man ferner nicht eine, sondern rechts und links von der Mittellinie zwei vollständig getrennte Maschinen ganz gleicher Art von je 150 Pferdekraft, die jede ihre besondere Schraube treiben und gerade durch die Unabhängigkeit von einander ihren Hauptwerth erhalten, namentlich für den Fall, wenn man schnell oder auf be¬ schränktem Raume wenden will; denn je nach Bedürfniß kann man die eine Schraube arbeiten, die andre stehen lassen, und falls eine Maschine oder Schraube beschädigt wird, garantirt die andre eine sichere Fortsetzung der Reise. Ucbri> gens werden die Maschinen, die in Brest gebaut sind, in vieler Beziehung ge¬ lobt, wenn auch das Schiff gelegentlich der Proben vor der Uebernahme viel vergebliche Versuche gemacht hat, die contractlich stipulirte Schnelligkeit von 11 Knoten zu erweisen. — Die Geschichte des „Prinz Adalbert", der im Ganzen 620,857 Thlr. ge- kostet hat, ist bis jetzt äußerst einfach. Gebaut wurde er in den Jahren 1863 bis 1865 zu Bordeaux auf der bekannten Werft von Armand, unter dem altägyptischen Königsnamen Cheops. Zur Zeit des großen amerikanischen Krieges nämlich dursten die für die Conföderirten bestimmten Kriegsschiffe auf den Werften neutraler europäischer Staaten nicht als solche gebaut werden. Man fingirte daher meist Bestellung für orientalische oder ostasiatische Regie- gierungen. Laird in Birkenhead (am Clyde gegenüber Liverpool) baute so z. B. unter ägyptischen Namen die Kuppelschiffe „ElTousson" und „El Monassir", die später von der englischen Regierung angekauft wurden und jetzt „Scorpion" und „Wyvern" heißen; und Armand baute unter dem japanesischen Namen „Ueddo" und Osakka" unsere jetzigen Holzschiffc „Augusta" und „Victoria", unter den altägyptischen Namen „Cheops" und „Sphinx" aber zwei ganz gleich als Schwesterschiffe construirte Panzerfahrzeuge. Die „Sphinx", später als „Olinda" für Brasilien bestimmt, ward unter dem Namen „Stärkkodder" nach Dänemark verkauft, dort aber (nach einer sehr schlecht bestandenen Ueberfahrt von Bordeaux nach Kopenhagen), vor der Uebernahme angeblich wegen zu gro¬ ßen Tiefgangs und auch wohl wegen schlechter Panzerung zurückgewiesen. Schließlich kam sie als „Stonewall Jackson" doch noch in die Hände der Con- föderirten, denen sie 6 Monate als Kaper diente, wobei sie sogar zwei Unions¬ schiffe, die berühmte Fregatte „Niagara" und die Corvette „Sacramento" vor Corunna und im Tejo wiederholt im Schach hielt, sodaß diese nicht anzugreifen wagten; indessen mußte sie sich später dennoch der Union ergeben. Der „Cheops" wald während des Baues von Preußen übernommen und durch eine

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349919/389>, abgerufen am 22.05.2024.