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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band.

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schenkt haben; es ist aber durch ein unzweifelhaftes Zeugniß c>n den Tag ge¬
kommen.

Aus einer flüchtigen Notiz Pouquevilles war bekannt, daß or. L.Frank,
welcher als Leibarzt Veli Paschas, des Sohnes von A!i Pascha, acht
Jahr in Janina und zwischen 1807 und 1810 mit ihm im Peloponnes war.
von demselben unter anderen Antiken eine Bronzestatue des Apollo zum Ge¬
schenk erhalten hatte. Es ist höchst wahrscheinlich, daß sie einem im Jahr 1792
in Paramythia (unmittelbar bei Janina) gemachten Funde angehörte.
Sechzehn Bronzen waren zum Vorschein gekommen, von denen vierzehn be¬
kannt wurden, zwei verschwanden. Von diesen beiden wird eine der Apollo
des or. Frank gewesen sein, von dem angegeben wird, er sei ein Viertel der
natürlichen Größe und dem Apoll von Belvedere gleich. Diese Statuette ist
nun, vom Grafen Orloff in Italien im Jahr 1813 oder 1819 angekauft,
durch Erbschaft an Fürst Dolgurucki gekommen, in die Sammlung des
Grafen Stroganoff in Petersburg übergegangen. Stephani hat sie
(1860) publicirt und die aus der Vergleichung mit dem vaticanischen Apoll sich
ergebenden wichtigen Resultate gezogen.

Die Uebereinstimmung beider Statuen ist überraschend. Nicht allein
Stellung und Haltung, Bildung und Ausdruck der Gesichts entsprechen ein¬
ander, manche Aeußerlichkeiten, wie die zierlich gearbeiteten Sandalen, die
Falten des auf der Brust liegenden Theils des Chlamys sind so zu sagen
identisch. Auch die Abweichungen sind bezeichnend, insofern sie darauf hinaus¬
kommen, der Bronzestatuette den Charakter größerer Ruhe und Einfachheit
zu geben. Dies gilt nicht blos im Allgemeinen von dem Unterschied einer mit
allem Luxus einer raffinirten Technik gearbeiteten großen Marmorstatue und
einer mit mäßiger Geschicklichkeit und Sorgfalt ausgeführten kleinen Bronze,
sondern es geht auf die Anlage zurück. Besonders auffällig zeigt es sich an
der Chlamys. Beim Apoll von Belvedere ist die über dem linken Arm
herabhängende Chlamys bekanntlich ein vielgepriesenes Wagstück der Marmor-
sculptur, welche man auch als Beweismittel gebraucht hat, daß die Statue einem
Original in Bronze nachgebildet sei, für dessen Technik eine solche Behandlung des
Gewandes angemessen sei. Und nun zeigt das Werk in Bronze gerade dies
Motiv nicht; in der größten Einfachheit fällt die Chlamys über den Rücken
hinab und läßt den linken Arm ganz frei, der dem entsprechend nicht so weit
nach links hin, sondern mehr gerade aus vorgestreckt ist. Als ein technisches Er¬
fordernis) kann man den von der Schlange umwundenen Oelbaum ansehen,
dessen der Marmor als einer Stütze bedürfte, während er neben der Bronze
überflüssig war. Für unwesentlich darf es gelten, daß der Bronzestatue der
Köcher fehlt, da das andeutende über die Brust laufende Tragband vorhanden
ist, und zwar der Bronzetechnik gemäß mit Ornamenten verziert. Bezeichnend


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schenkt haben; es ist aber durch ein unzweifelhaftes Zeugniß c>n den Tag ge¬
kommen.

Aus einer flüchtigen Notiz Pouquevilles war bekannt, daß or. L.Frank,
welcher als Leibarzt Veli Paschas, des Sohnes von A!i Pascha, acht
Jahr in Janina und zwischen 1807 und 1810 mit ihm im Peloponnes war.
von demselben unter anderen Antiken eine Bronzestatue des Apollo zum Ge¬
schenk erhalten hatte. Es ist höchst wahrscheinlich, daß sie einem im Jahr 1792
in Paramythia (unmittelbar bei Janina) gemachten Funde angehörte.
Sechzehn Bronzen waren zum Vorschein gekommen, von denen vierzehn be¬
kannt wurden, zwei verschwanden. Von diesen beiden wird eine der Apollo
des or. Frank gewesen sein, von dem angegeben wird, er sei ein Viertel der
natürlichen Größe und dem Apoll von Belvedere gleich. Diese Statuette ist
nun, vom Grafen Orloff in Italien im Jahr 1813 oder 1819 angekauft,
durch Erbschaft an Fürst Dolgurucki gekommen, in die Sammlung des
Grafen Stroganoff in Petersburg übergegangen. Stephani hat sie
(1860) publicirt und die aus der Vergleichung mit dem vaticanischen Apoll sich
ergebenden wichtigen Resultate gezogen.

Die Uebereinstimmung beider Statuen ist überraschend. Nicht allein
Stellung und Haltung, Bildung und Ausdruck der Gesichts entsprechen ein¬
ander, manche Aeußerlichkeiten, wie die zierlich gearbeiteten Sandalen, die
Falten des auf der Brust liegenden Theils des Chlamys sind so zu sagen
identisch. Auch die Abweichungen sind bezeichnend, insofern sie darauf hinaus¬
kommen, der Bronzestatuette den Charakter größerer Ruhe und Einfachheit
zu geben. Dies gilt nicht blos im Allgemeinen von dem Unterschied einer mit
allem Luxus einer raffinirten Technik gearbeiteten großen Marmorstatue und
einer mit mäßiger Geschicklichkeit und Sorgfalt ausgeführten kleinen Bronze,
sondern es geht auf die Anlage zurück. Besonders auffällig zeigt es sich an
der Chlamys. Beim Apoll von Belvedere ist die über dem linken Arm
herabhängende Chlamys bekanntlich ein vielgepriesenes Wagstück der Marmor-
sculptur, welche man auch als Beweismittel gebraucht hat, daß die Statue einem
Original in Bronze nachgebildet sei, für dessen Technik eine solche Behandlung des
Gewandes angemessen sei. Und nun zeigt das Werk in Bronze gerade dies
Motiv nicht; in der größten Einfachheit fällt die Chlamys über den Rücken
hinab und läßt den linken Arm ganz frei, der dem entsprechend nicht so weit
nach links hin, sondern mehr gerade aus vorgestreckt ist. Als ein technisches Er¬
fordernis) kann man den von der Schlange umwundenen Oelbaum ansehen,
dessen der Marmor als einer Stütze bedürfte, während er neben der Bronze
überflüssig war. Für unwesentlich darf es gelten, daß der Bronzestatue der
Köcher fehlt, da das andeutende über die Brust laufende Tragband vorhanden
ist, und zwar der Bronzetechnik gemäß mit Ornamenten verziert. Bezeichnend


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349919/47>, abgerufen am 03.05.2024.