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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. I. Band.

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den Weltfrieden wiederkehrenden Gefühls der Sicherheit und des Zuströmens
von Capitalien nach Rom. sondern auch in Folge des von August ausgehen¬
den Strebens, die Stadt nun mit dem Glanz und der Pracht auszustatten,
die der Hauptstadt einer Weltmonarchie ziemte, Rom aus einer Backstein- in
eine Marmorstadt zu verwandeln. Erfolgte diese Verschönerung zunächst auch
durch öffentliche Anlagen und Denkmäler, so kann doch kein Zweifel sein, daß
der so entschieden ausgesprochene Wunsch und Wille des Monarchen für die
Großen, die Kapitalisten, die Unternehmer von Privatbauten überhaupt ma߬
gebend war. Man darf sich nur erinnern, wie August der Starke Dresden
aus einer hölzernen Stadt in eine steinerne verwandelte, indem er 1708 vor¬
schrieb, nur steinerne Häuser zu bauen, er und seine Günstlinge mit dem
Beispiel der Prachtbauten vorangingen. Lady Montague nennt 1716 Dresden
bereits die zierlichste (nsatöst) Stadt von Deutschland und sagt, daß die meisten
Häuser neu gebaut waren. Friedrich der Große ließ in Berlin nach dem
siebenjährigen Kriege in der Leipziger und Königsstraße und unter den Linden
die ein- bis zweistöckigen Häuser abbrechen und auf seine Kosten höher und
schöner wieder aufbauen. Was der Wille dieser Monarchen in kleinen Resi¬
denzen mit relativ geringen Mitteln im Kleinen vermochte, das wird um so
eher der Wunsch und Wille Augusts sowie sein und seiner Freunde Bei¬
spiel in Rom im Großen bewirkt haben. Die Gedichte des Horatius sind
voll von den Eindrücken, die der nun in den weitesten Kreisen sich verbrei¬
tende Bauluxus auf die Freunde der früheren Einfachheit machte. Diese
Pracht hat dann aber in der Kaiserzeit noch sehr zugenommen und bis
Hadrian wohl bereits ihre größte Höhe erreicht. Vermuthlich wurden die
Anlagen noch ausgedehnter als zuvor, obwohl schon Sallust von Palästen
spricht, die nach Art ganzer Städte gebaut waren. Sodann wurden eine
Menge neuer Erfindungen gemacht und angewandt, wozu wahrscheinlich auch
die Construction der beweglichen Felderdecken gehörte, die auseinandergescho¬
ben werden konnten, um Geschenke auf die Gäste herabfallen zu lassen. Na¬
mentlich aber nahm die Verschwendung in bunten und kostbaren Steinarten
zu, die schon von Domitian in seinen Prachtbauten auf dem Palatin aufs
äußerste getrieben wurde. Wir haben die Beschreibung dieser Säle von
Statius, und die von Napoleon III. dort veranstalteten Ausgrabungen, die
zur Entdeckung des domitianischen Palasts geführt haben, zeigen, daß Statius
nicht zu viel gesagt hat: namentlich haben die Ruinen eine ganze Musterkarte
bunter Marmorarten geliefert.

Die Ausstattung der Wohnungen war im Alterthum -- und ist zum
Theil noch im Süden'-- von der gegenwärtig in Nord- und Mitteleuropa
gewöhnlichen wesentlich verschieden. Sie war nicht auf behaglichen Aufent¬
halt, nicht auf Comfort berechnet (den der Süden ebensowenig kennt als


den Weltfrieden wiederkehrenden Gefühls der Sicherheit und des Zuströmens
von Capitalien nach Rom. sondern auch in Folge des von August ausgehen¬
den Strebens, die Stadt nun mit dem Glanz und der Pracht auszustatten,
die der Hauptstadt einer Weltmonarchie ziemte, Rom aus einer Backstein- in
eine Marmorstadt zu verwandeln. Erfolgte diese Verschönerung zunächst auch
durch öffentliche Anlagen und Denkmäler, so kann doch kein Zweifel sein, daß
der so entschieden ausgesprochene Wunsch und Wille des Monarchen für die
Großen, die Kapitalisten, die Unternehmer von Privatbauten überhaupt ma߬
gebend war. Man darf sich nur erinnern, wie August der Starke Dresden
aus einer hölzernen Stadt in eine steinerne verwandelte, indem er 1708 vor¬
schrieb, nur steinerne Häuser zu bauen, er und seine Günstlinge mit dem
Beispiel der Prachtbauten vorangingen. Lady Montague nennt 1716 Dresden
bereits die zierlichste (nsatöst) Stadt von Deutschland und sagt, daß die meisten
Häuser neu gebaut waren. Friedrich der Große ließ in Berlin nach dem
siebenjährigen Kriege in der Leipziger und Königsstraße und unter den Linden
die ein- bis zweistöckigen Häuser abbrechen und auf seine Kosten höher und
schöner wieder aufbauen. Was der Wille dieser Monarchen in kleinen Resi¬
denzen mit relativ geringen Mitteln im Kleinen vermochte, das wird um so
eher der Wunsch und Wille Augusts sowie sein und seiner Freunde Bei¬
spiel in Rom im Großen bewirkt haben. Die Gedichte des Horatius sind
voll von den Eindrücken, die der nun in den weitesten Kreisen sich verbrei¬
tende Bauluxus auf die Freunde der früheren Einfachheit machte. Diese
Pracht hat dann aber in der Kaiserzeit noch sehr zugenommen und bis
Hadrian wohl bereits ihre größte Höhe erreicht. Vermuthlich wurden die
Anlagen noch ausgedehnter als zuvor, obwohl schon Sallust von Palästen
spricht, die nach Art ganzer Städte gebaut waren. Sodann wurden eine
Menge neuer Erfindungen gemacht und angewandt, wozu wahrscheinlich auch
die Construction der beweglichen Felderdecken gehörte, die auseinandergescho¬
ben werden konnten, um Geschenke auf die Gäste herabfallen zu lassen. Na¬
mentlich aber nahm die Verschwendung in bunten und kostbaren Steinarten
zu, die schon von Domitian in seinen Prachtbauten auf dem Palatin aufs
äußerste getrieben wurde. Wir haben die Beschreibung dieser Säle von
Statius, und die von Napoleon III. dort veranstalteten Ausgrabungen, die
zur Entdeckung des domitianischen Palasts geführt haben, zeigen, daß Statius
nicht zu viel gesagt hat: namentlich haben die Ruinen eine ganze Musterkarte
bunter Marmorarten geliefert.

Die Ausstattung der Wohnungen war im Alterthum — und ist zum
Theil noch im Süden'— von der gegenwärtig in Nord- und Mitteleuropa
gewöhnlichen wesentlich verschieden. Sie war nicht auf behaglichen Aufent¬
halt, nicht auf Comfort berechnet (den der Süden ebensowenig kennt als


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_117005/220>, abgerufen am 17.06.2024.