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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band.

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lich aber verbreitet sich über alle einschlägige Punkte eine unlängst dem Con-
greß unterbreitete Denkschrift des Specialcommissars der Revenüen.

Die auf rohe Baumwolle gelegte Steuer von 3 Cents per Pfund hat
in Europa bekanntlich vor der Kritik keine Gnade gefunden; in der Denk-
schrift wird sie indeß vertheidigt und die Erhebung als wenig schwierig und
kostspielig bezeichnet. Man besorgt nicht, daß sie eine Abnahme der Pro¬
duktion zur Folge haben werde, so lange sich der Preis auf etwa 25 Cents
das Pfund halte; sei die Zeit gekommen, wo man die Steuer wirklich als
eine die Producenten schwer beeinträchtigende Last empfinden werde, so würde
man sie wahrscheinlich ohne erheblichen Schaden für die Staatseinnahmen
entfernen können. Die Concurrenz der indischen Baumwolle sei erfahrungs¬
mäßig dem amerikanischen Producte nicht gefährlich.

Die Denkschrift geht weiter zu dem Detail der Frage einer Tarifreform
über, die schon in der letzten Congreßsitzung Gegenstand der Discussion war,
aber nur theilweise im Sinne des Schcitzsecretairs zum Austrag gebracht
wurde. Wir lassen zuerst die Zahlennachweise über den Geldwerth des Im¬
ports und der Zollbeträge in den letzten 8 Jahren folgen, die in der That
außerordentliche Schwankungen zeigen:
'

Dollar Dollar.
1869 Import 338.76S.130, Zolleinnahme 49,565.824
1860 " 362.163.941 " 53.187.512
1861 ., 350.775,835 " 39.580.186
1862 " 205.819,823 " 49.056.398
1863 " 252,187.587 " 69,059,642
1864 " 328,514,559 " 102.316.153
1865 " 234.434.167 " 84.928.260
1866 " 637,638.966 " 179,916.630.

Wenn man den Tarif einfach und ausschließlich vom fiskalischen Ge¬
sichtspunkte aus betrachtet, so lassen sich in der That keine Gründe zu Gun¬
sten einer durchgreifenden Aenderung anführen. Dagegen scheint eine solche
allerdings geboten, wenn man die Lage und die Existenzbedingungen der
verschiedenen industriellen Classen des Landes in Betracht zieht. Man wird
da bald erkennen, daß namentlich die kleineren Gewerbe durch die Concur¬
renz von Ländern, mit denen die vereinigten Staaten in Verkehrsbeziehungen
stehen, schwer bedroht sind. Auch die sehr complicirte Form des
jetzt bestehenden Tarifs ist ein allseitig empfundenes Uebel und eine Verein¬
fachung scheint schon um dieser Willen dringend geboten.

Eine eingehende Untersuchung der industriellen Lage des Landes hat
den Commissär zu folgenden Ergebnissen geführt. Große Thätigkeit herrschte
im verflossenen Jahre aus dem Gebiete der Industrie und der kaufmännischen


Grenzboten III. 1868. 8

lich aber verbreitet sich über alle einschlägige Punkte eine unlängst dem Con-
greß unterbreitete Denkschrift des Specialcommissars der Revenüen.

Die auf rohe Baumwolle gelegte Steuer von 3 Cents per Pfund hat
in Europa bekanntlich vor der Kritik keine Gnade gefunden; in der Denk-
schrift wird sie indeß vertheidigt und die Erhebung als wenig schwierig und
kostspielig bezeichnet. Man besorgt nicht, daß sie eine Abnahme der Pro¬
duktion zur Folge haben werde, so lange sich der Preis auf etwa 25 Cents
das Pfund halte; sei die Zeit gekommen, wo man die Steuer wirklich als
eine die Producenten schwer beeinträchtigende Last empfinden werde, so würde
man sie wahrscheinlich ohne erheblichen Schaden für die Staatseinnahmen
entfernen können. Die Concurrenz der indischen Baumwolle sei erfahrungs¬
mäßig dem amerikanischen Producte nicht gefährlich.

Die Denkschrift geht weiter zu dem Detail der Frage einer Tarifreform
über, die schon in der letzten Congreßsitzung Gegenstand der Discussion war,
aber nur theilweise im Sinne des Schcitzsecretairs zum Austrag gebracht
wurde. Wir lassen zuerst die Zahlennachweise über den Geldwerth des Im¬
ports und der Zollbeträge in den letzten 8 Jahren folgen, die in der That
außerordentliche Schwankungen zeigen:
'

Dollar Dollar.
1869 Import 338.76S.130, Zolleinnahme 49,565.824
1860 „ 362.163.941 „ 53.187.512
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1866 „ 637,638.966 „ 179,916.630.

Wenn man den Tarif einfach und ausschließlich vom fiskalischen Ge¬
sichtspunkte aus betrachtet, so lassen sich in der That keine Gründe zu Gun¬
sten einer durchgreifenden Aenderung anführen. Dagegen scheint eine solche
allerdings geboten, wenn man die Lage und die Existenzbedingungen der
verschiedenen industriellen Classen des Landes in Betracht zieht. Man wird
da bald erkennen, daß namentlich die kleineren Gewerbe durch die Concur¬
renz von Ländern, mit denen die vereinigten Staaten in Verkehrsbeziehungen
stehen, schwer bedroht sind. Auch die sehr complicirte Form des
jetzt bestehenden Tarifs ist ein allseitig empfundenes Uebel und eine Verein¬
fachung scheint schon um dieser Willen dringend geboten.

Eine eingehende Untersuchung der industriellen Lage des Landes hat
den Commissär zu folgenden Ergebnissen geführt. Große Thätigkeit herrschte
im verflossenen Jahre aus dem Gebiete der Industrie und der kaufmännischen


Grenzboten III. 1868. 8
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[0069] lich aber verbreitet sich über alle einschlägige Punkte eine unlängst dem Con- greß unterbreitete Denkschrift des Specialcommissars der Revenüen. Die auf rohe Baumwolle gelegte Steuer von 3 Cents per Pfund hat in Europa bekanntlich vor der Kritik keine Gnade gefunden; in der Denk- schrift wird sie indeß vertheidigt und die Erhebung als wenig schwierig und kostspielig bezeichnet. Man besorgt nicht, daß sie eine Abnahme der Pro¬ duktion zur Folge haben werde, so lange sich der Preis auf etwa 25 Cents das Pfund halte; sei die Zeit gekommen, wo man die Steuer wirklich als eine die Producenten schwer beeinträchtigende Last empfinden werde, so würde man sie wahrscheinlich ohne erheblichen Schaden für die Staatseinnahmen entfernen können. Die Concurrenz der indischen Baumwolle sei erfahrungs¬ mäßig dem amerikanischen Producte nicht gefährlich. Die Denkschrift geht weiter zu dem Detail der Frage einer Tarifreform über, die schon in der letzten Congreßsitzung Gegenstand der Discussion war, aber nur theilweise im Sinne des Schcitzsecretairs zum Austrag gebracht wurde. Wir lassen zuerst die Zahlennachweise über den Geldwerth des Im¬ ports und der Zollbeträge in den letzten 8 Jahren folgen, die in der That außerordentliche Schwankungen zeigen: ' Dollar Dollar. 1869 Import 338.76S.130, Zolleinnahme 49,565.824 1860 „ 362.163.941 „ 53.187.512 1861 ., 350.775,835 „ 39.580.186 1862 „ 205.819,823 „ 49.056.398 1863 „ 252,187.587 „ 69,059,642 1864 „ 328,514,559 „ 102.316.153 1865 „ 234.434.167 „ 84.928.260 1866 „ 637,638.966 „ 179,916.630. Wenn man den Tarif einfach und ausschließlich vom fiskalischen Ge¬ sichtspunkte aus betrachtet, so lassen sich in der That keine Gründe zu Gun¬ sten einer durchgreifenden Aenderung anführen. Dagegen scheint eine solche allerdings geboten, wenn man die Lage und die Existenzbedingungen der verschiedenen industriellen Classen des Landes in Betracht zieht. Man wird da bald erkennen, daß namentlich die kleineren Gewerbe durch die Concur¬ renz von Ländern, mit denen die vereinigten Staaten in Verkehrsbeziehungen stehen, schwer bedroht sind. Auch die sehr complicirte Form des jetzt bestehenden Tarifs ist ein allseitig empfundenes Uebel und eine Verein¬ fachung scheint schon um dieser Willen dringend geboten. Eine eingehende Untersuchung der industriellen Lage des Landes hat den Commissär zu folgenden Ergebnissen geführt. Große Thätigkeit herrschte im verflossenen Jahre aus dem Gebiete der Industrie und der kaufmännischen Grenzboten III. 1868. 8

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_286711/69>, abgerufen am 17.06.2024.