Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

eine Zeitschrift, in welcher das officielle Protokoll über die Ausgrabungen
eines jeden Tages von Zeit zu Zeit veröffentlicht, dann eine zusammenhän¬
gende Beschreibung der gefundenen bedeutenderen Objecte oft mit Abbildung
und eingehender Erläuterung gegeben und endlich die wichtigeren im Aus¬
lande erscheinenden Schriften über pompejanische Alterthümer fleißig besprochen
werden. Wenn wir in dieser letzten Rubrik bisher nur deutschen Werken
begegnen, so kann uns dies ein erfreuliches Zeichen sein sowohl von dem
Eifer, mit welchem die Archäologie in unserem Vaterlande betrieben wird,
als auch von der Bedeutung, welche die Italiener diesen Bemühungen zu¬
gestehen. Außer in dem bezeichneten Blatte finden sich übrigens auch in den
Schriften des preußischen archäologischen Instituts zu Rom häufig Original¬
berichte über Novitäten von besonderem Werth.

Die Ausgrabungen schreiten stetig vorwärts und sie können ergiebig ge¬
nannt werden, obschon nur Privathäuser an das Licht gefördert sind. Es
scheint, daß man die Hoffnung, noch neue Tempel und andere öffentliche
Gebäude zu finden, ganz aufgeben muß. Denn dem Wesen einer antiken
Stadt gemäß waren diese um den ältesten burgartigen Theil und um den
ihm nahen Markt gruppirt. Beide sind in Pompeji längst ausgegraben und
von dem südwestlichen Stadtviertel, in welchem sie liegen, dringt man jetzt
immer weiter nach Osten und Norden vor, rechts von der großen Straße,
welche vom Stabianer - Thore auslaufend die Stadt von Osten nach Westen
durchschneidet. Um in geordneterer und planmäßigerer Weise vorzugehen,
als es früher geschah, hat man sich entschlossen, stets erst einen von vier
Straßen umgebenen Häusercompler, oder wie man im Alterthume bezeichnend
sagte, eine "Insel", völlig^aufzudecken, bevor man zu einer anderen über¬
geht. Demzufolge mußten zunächst diejenigen Inseln, deren Ausgrabung in
den vergangenen Jahrzehnten mehrfach begonnen, aber nie beendet war, in
Angriff genommen werden. Eine solche Insel ist oft von bedeutendem Um¬
fange. Umschreitet man zum Beispiel eine von den dreien seit neuester Zeit
ganz offen gelegten, so findet man in ihr 11 zum Theil geräumige Häuser,
27 VerkausMden, 2 Bäckereien, 1 Färberei, 2 andere Werkstätten. 1 öffent¬
liche Latrine und außerdem noch 4 Separateingänge zu Treppen, welche in
obere Stockwerke geführt haben. Wie es sich noch heute in Italien findet,
so scheinen schon im Alterthum die einzelnen Stockwerke eines Hauses oft
verschiedene Besitzer gehabt und nicht mit einander communicirt zu haben.
Die Straßen, welche dieses nach links von der Stabianerstraße gelegene Viereck
umschließen, weichen von der gewöhnlichen Weise insofern sehr ab, als sie
nur zum geringen Theile geradlinig laufen und nicht rechtwinklig zusammen¬
stoßen. Dies hat natürlich in der Anlage der Häuser und ihrer inneren
Räume manche Unregelmäßigkeiten veranlaßt, doch sieht man überall die Be-


eine Zeitschrift, in welcher das officielle Protokoll über die Ausgrabungen
eines jeden Tages von Zeit zu Zeit veröffentlicht, dann eine zusammenhän¬
gende Beschreibung der gefundenen bedeutenderen Objecte oft mit Abbildung
und eingehender Erläuterung gegeben und endlich die wichtigeren im Aus¬
lande erscheinenden Schriften über pompejanische Alterthümer fleißig besprochen
werden. Wenn wir in dieser letzten Rubrik bisher nur deutschen Werken
begegnen, so kann uns dies ein erfreuliches Zeichen sein sowohl von dem
Eifer, mit welchem die Archäologie in unserem Vaterlande betrieben wird,
als auch von der Bedeutung, welche die Italiener diesen Bemühungen zu¬
gestehen. Außer in dem bezeichneten Blatte finden sich übrigens auch in den
Schriften des preußischen archäologischen Instituts zu Rom häufig Original¬
berichte über Novitäten von besonderem Werth.

Die Ausgrabungen schreiten stetig vorwärts und sie können ergiebig ge¬
nannt werden, obschon nur Privathäuser an das Licht gefördert sind. Es
scheint, daß man die Hoffnung, noch neue Tempel und andere öffentliche
Gebäude zu finden, ganz aufgeben muß. Denn dem Wesen einer antiken
Stadt gemäß waren diese um den ältesten burgartigen Theil und um den
ihm nahen Markt gruppirt. Beide sind in Pompeji längst ausgegraben und
von dem südwestlichen Stadtviertel, in welchem sie liegen, dringt man jetzt
immer weiter nach Osten und Norden vor, rechts von der großen Straße,
welche vom Stabianer - Thore auslaufend die Stadt von Osten nach Westen
durchschneidet. Um in geordneterer und planmäßigerer Weise vorzugehen,
als es früher geschah, hat man sich entschlossen, stets erst einen von vier
Straßen umgebenen Häusercompler, oder wie man im Alterthume bezeichnend
sagte, eine „Insel", völlig^aufzudecken, bevor man zu einer anderen über¬
geht. Demzufolge mußten zunächst diejenigen Inseln, deren Ausgrabung in
den vergangenen Jahrzehnten mehrfach begonnen, aber nie beendet war, in
Angriff genommen werden. Eine solche Insel ist oft von bedeutendem Um¬
fange. Umschreitet man zum Beispiel eine von den dreien seit neuester Zeit
ganz offen gelegten, so findet man in ihr 11 zum Theil geräumige Häuser,
27 VerkausMden, 2 Bäckereien, 1 Färberei, 2 andere Werkstätten. 1 öffent¬
liche Latrine und außerdem noch 4 Separateingänge zu Treppen, welche in
obere Stockwerke geführt haben. Wie es sich noch heute in Italien findet,
so scheinen schon im Alterthum die einzelnen Stockwerke eines Hauses oft
verschiedene Besitzer gehabt und nicht mit einander communicirt zu haben.
Die Straßen, welche dieses nach links von der Stabianerstraße gelegene Viereck
umschließen, weichen von der gewöhnlichen Weise insofern sehr ab, als sie
nur zum geringen Theile geradlinig laufen und nicht rechtwinklig zusammen¬
stoßen. Dies hat natürlich in der Anlage der Häuser und ihrer inneren
Räume manche Unregelmäßigkeiten veranlaßt, doch sieht man überall die Be-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0170" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/121925"/>
          <p xml:id="ID_440" prev="#ID_439"> eine Zeitschrift, in welcher das officielle Protokoll über die Ausgrabungen<lb/>
eines jeden Tages von Zeit zu Zeit veröffentlicht, dann eine zusammenhän¬<lb/>
gende Beschreibung der gefundenen bedeutenderen Objecte oft mit Abbildung<lb/>
und eingehender Erläuterung gegeben und endlich die wichtigeren im Aus¬<lb/>
lande erscheinenden Schriften über pompejanische Alterthümer fleißig besprochen<lb/>
werden. Wenn wir in dieser letzten Rubrik bisher nur deutschen Werken<lb/>
begegnen, so kann uns dies ein erfreuliches Zeichen sein sowohl von dem<lb/>
Eifer, mit welchem die Archäologie in unserem Vaterlande betrieben wird,<lb/>
als auch von der Bedeutung, welche die Italiener diesen Bemühungen zu¬<lb/>
gestehen. Außer in dem bezeichneten Blatte finden sich übrigens auch in den<lb/>
Schriften des preußischen archäologischen Instituts zu Rom häufig Original¬<lb/>
berichte über Novitäten von besonderem Werth.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_441" next="#ID_442"> Die Ausgrabungen schreiten stetig vorwärts und sie können ergiebig ge¬<lb/>
nannt werden, obschon nur Privathäuser an das Licht gefördert sind. Es<lb/>
scheint, daß man die Hoffnung, noch neue Tempel und andere öffentliche<lb/>
Gebäude zu finden, ganz aufgeben muß. Denn dem Wesen einer antiken<lb/>
Stadt gemäß waren diese um den ältesten burgartigen Theil und um den<lb/>
ihm nahen Markt gruppirt. Beide sind in Pompeji längst ausgegraben und<lb/>
von dem südwestlichen Stadtviertel, in welchem sie liegen, dringt man jetzt<lb/>
immer weiter nach Osten und Norden vor, rechts von der großen Straße,<lb/>
welche vom Stabianer - Thore auslaufend die Stadt von Osten nach Westen<lb/>
durchschneidet. Um in geordneterer und planmäßigerer Weise vorzugehen,<lb/>
als es früher geschah, hat man sich entschlossen, stets erst einen von vier<lb/>
Straßen umgebenen Häusercompler, oder wie man im Alterthume bezeichnend<lb/>
sagte, eine &#x201E;Insel", völlig^aufzudecken, bevor man zu einer anderen über¬<lb/>
geht. Demzufolge mußten zunächst diejenigen Inseln, deren Ausgrabung in<lb/>
den vergangenen Jahrzehnten mehrfach begonnen, aber nie beendet war, in<lb/>
Angriff genommen werden. Eine solche Insel ist oft von bedeutendem Um¬<lb/>
fange. Umschreitet man zum Beispiel eine von den dreien seit neuester Zeit<lb/>
ganz offen gelegten, so findet man in ihr 11 zum Theil geräumige Häuser,<lb/>
27 VerkausMden, 2 Bäckereien, 1 Färberei, 2 andere Werkstätten. 1 öffent¬<lb/>
liche Latrine und außerdem noch 4 Separateingänge zu Treppen, welche in<lb/>
obere Stockwerke geführt haben. Wie es sich noch heute in Italien findet,<lb/>
so scheinen schon im Alterthum die einzelnen Stockwerke eines Hauses oft<lb/>
verschiedene Besitzer gehabt und nicht mit einander communicirt zu haben.<lb/>
Die Straßen, welche dieses nach links von der Stabianerstraße gelegene Viereck<lb/>
umschließen, weichen von der gewöhnlichen Weise insofern sehr ab, als sie<lb/>
nur zum geringen Theile geradlinig laufen und nicht rechtwinklig zusammen¬<lb/>
stoßen. Dies hat natürlich in der Anlage der Häuser und ihrer inneren<lb/>
Räume manche Unregelmäßigkeiten veranlaßt, doch sieht man überall die Be-</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0170] eine Zeitschrift, in welcher das officielle Protokoll über die Ausgrabungen eines jeden Tages von Zeit zu Zeit veröffentlicht, dann eine zusammenhän¬ gende Beschreibung der gefundenen bedeutenderen Objecte oft mit Abbildung und eingehender Erläuterung gegeben und endlich die wichtigeren im Aus¬ lande erscheinenden Schriften über pompejanische Alterthümer fleißig besprochen werden. Wenn wir in dieser letzten Rubrik bisher nur deutschen Werken begegnen, so kann uns dies ein erfreuliches Zeichen sein sowohl von dem Eifer, mit welchem die Archäologie in unserem Vaterlande betrieben wird, als auch von der Bedeutung, welche die Italiener diesen Bemühungen zu¬ gestehen. Außer in dem bezeichneten Blatte finden sich übrigens auch in den Schriften des preußischen archäologischen Instituts zu Rom häufig Original¬ berichte über Novitäten von besonderem Werth. Die Ausgrabungen schreiten stetig vorwärts und sie können ergiebig ge¬ nannt werden, obschon nur Privathäuser an das Licht gefördert sind. Es scheint, daß man die Hoffnung, noch neue Tempel und andere öffentliche Gebäude zu finden, ganz aufgeben muß. Denn dem Wesen einer antiken Stadt gemäß waren diese um den ältesten burgartigen Theil und um den ihm nahen Markt gruppirt. Beide sind in Pompeji längst ausgegraben und von dem südwestlichen Stadtviertel, in welchem sie liegen, dringt man jetzt immer weiter nach Osten und Norden vor, rechts von der großen Straße, welche vom Stabianer - Thore auslaufend die Stadt von Osten nach Westen durchschneidet. Um in geordneterer und planmäßigerer Weise vorzugehen, als es früher geschah, hat man sich entschlossen, stets erst einen von vier Straßen umgebenen Häusercompler, oder wie man im Alterthume bezeichnend sagte, eine „Insel", völlig^aufzudecken, bevor man zu einer anderen über¬ geht. Demzufolge mußten zunächst diejenigen Inseln, deren Ausgrabung in den vergangenen Jahrzehnten mehrfach begonnen, aber nie beendet war, in Angriff genommen werden. Eine solche Insel ist oft von bedeutendem Um¬ fange. Umschreitet man zum Beispiel eine von den dreien seit neuester Zeit ganz offen gelegten, so findet man in ihr 11 zum Theil geräumige Häuser, 27 VerkausMden, 2 Bäckereien, 1 Färberei, 2 andere Werkstätten. 1 öffent¬ liche Latrine und außerdem noch 4 Separateingänge zu Treppen, welche in obere Stockwerke geführt haben. Wie es sich noch heute in Italien findet, so scheinen schon im Alterthum die einzelnen Stockwerke eines Hauses oft verschiedene Besitzer gehabt und nicht mit einander communicirt zu haben. Die Straßen, welche dieses nach links von der Stabianerstraße gelegene Viereck umschließen, weichen von der gewöhnlichen Weise insofern sehr ab, als sie nur zum geringen Theile geradlinig laufen und nicht rechtwinklig zusammen¬ stoßen. Dies hat natürlich in der Anlage der Häuser und ihrer inneren Räume manche Unregelmäßigkeiten veranlaßt, doch sieht man überall die Be-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121754/170
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121754/170>, abgerufen am 12.05.2024.